Budapest | Die rechtsnationale Partei Fidesz hat die Parlamentswahlen in Ungarn klar gewonnen. Die Partei von Ministerpräsident Viktor Orban lag nach Auszählung von 80 Prozent der Stimmen bei rund 49 Prozent. Die Ergebnisse der zuletzt geschlossenen Wahllokale können das Ergebnis noch signifikant verändern, die absolute Mehrheit im Parlament ist aber sicher.

Bei der Wahl vor vier Jahren war Fidesz auf 44,9 Prozent gekommen, 2010 auf 52,7 Prozent. Seitdem ist Orban erneut Regierungschef, was er von 1998 bis 2002 schon einmal war. Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 70 Prozent und damit rund acht Prozent höher als 2014. Am Sonntagabend blieben viele Wahllokale länger offen, weil sich noch lange Schlangen gebildet hatten.

Die zweitstärkste Kraft, Jobbik, kommt auf etwa 20 Prozent. Jobbik gilt als noch weiter rechts gerichtet als Orbans Fidesz. Die Sozialistische Partei wird mit vermutlich etwa zwölf Prozent drittstärkste Kraft.

Asselborn verlangt nach Orbán-Sieg energisches Handeln der EU

Nach dem deutlichen Wahlsieg von Viktor Orbáns Fidesz-Partei in Ungarn hat Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn die übrigen EU-Staaten zu einem energischen Handeln aufgefordert. „Vor allem nach dieser Wahl in Ungarn ist es an Deutschland und Frankreich, sowie allen Mitgliedstaaten, die nicht auf Gleichgültigkeit setzen, sich schnell und unmissverständlich auf der Basis des europäischen Vertragswerks einzubringen, um diesen Wertetumor zu neutralisieren“, sagte Asselborn der „Welt“ (Online-Ausgabe). Europa sei nicht zusammengerückt und aufgebaut worden, „um nationalen Ideologen in den Regierungen freie Fahrt zu gewähren, es wurde gegründet, damit der Ruin der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sich nicht wiederholt“, erklärte Asselborn weiter.

Diese werde nur durch „unsere Werteunion“ dauerhaft garantiert. „Orbán und Co. sind keine Referenzen für die EU unserer Kinder“, sagte Luxemburgs Chefdiplomat. Er äußerte seine Sorge, dass nach Ungarn und Polen weitere Staaten in Mittel- und Osteuropa, oder gar ein großes EU-Gründungsland, künftig „Gefallen an der Wertezersetzung und Angstmacherei finden“.

Laut Asselborn steht die Europäische Union vor einer Grundsatzentscheidung: „Entweder man überlässt die EU der Orbán-Logik und sieht in ihr prioritär eine Gefahr von Masseneinwanderung und Zersetzung der „christlichen“ Werte, vor denen es sich zu schützen gilt, oder man stoppt diesen unsäglichen Kurs der Angstmacherei und steht für eine EU der Menschenwerte, des Gemeinschaftlichen und des Friedens.“ Nach Ansicht von Luxemburgs Chefdiplomat bestehen die wahren Probleme Ungarns nicht „in der Immigration von ein paar hundert Flüchtlingen, sondern in der Emigration von immer mehr jungen Ungarn in die EU“.

Merkel gratuliert Orban

Nach der Wahl in Ungarn hat Bundeskanzlerin Angela Merkel den alten und neuen Ministerpräsidenten Viktor Orban beglückwünscht. „Zu Ihrem Erfolg bei den ungarischen Parlamentswahlen gratuliere ich Ihnen herzlich“, schrieb Merkel am Montag. Ungarn und Deutschland seien durch eine „langjährige und fruchtbare gemeinsame Geschichte und Partnerschaft eng verbunden“.

Ungarn könne sich „weiterhin auf Deutschland als zuverlässigen Partner verlassen, um die europäische und die bilaterale Agenda voranzubringen“. Orban wünsche sie „eine glückliche Hand für die vor Ihnen liegenden Aufgaben sowie viel Kraft und Erfolg“.

Lambsdorff wirft Union fehlende kritische Distanz zu Orbán vor

Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Alexander Graf Lambsdorff, hat der Union zu wenig kritische Distanz zu Viktor Orbán vorgeworfen. In den letzten Jahren habe es in Ungarn eine Art Gleichschaltung der Presse gegeben und es seien nur Pro-Orbán-Nachrichten verbreitet worden, sagte Lambsdorff am Montag dem Sender Phoenix. „Gleichzeitig hat Orbán dafür gesorgt, dass er innerhalb der EVP, der europäischen christdemokratischen Parteienfamilie in Brüssel, bleibt, sodass die Kritik von dort nicht nur nicht kommt, sondern man ihn sogar unterstützt.“

CDU und CSU unterstützten eine „wirklich autoritäre Medienpolitik“, eine Politik, die auch die Unabhängigkeit der Justiz in den letzten Jahren gefährdet habe und eine Politik, die immer wieder mit antisemitischen Stereotypen spiele. „Also eine sehr, sehr unerfreuliche Mischung, die Orbán aber als kluger Taktiker sehr gut absichert, indem er sich in Brüssel der Rückendeckung durch die Konservativen versichert.“ Im Hinblick auf die gestrige Parlamentswahl in Ungarn bezeichnete Lambsdorff die Unionsparteien als scheinheilig.

Ein demokratisches Ergebnis könne nur dann demokratisch sein, wenn es zuvor einen pluralistischen Meinungsstreit gegeben habe. „Wenn aber der demokratische Wettstreit, der Pluralismus, ausgeschaltet wird, so wie wir das in Ungarn haben, dann ist es eben scheinheilig von CDU und CSU so zu tun, als ob es sich um eine normale demokratische Wahl handeln würde. Das war hier nicht der Fall.“

Autor: dts | Foto: Northfoto / Shutterstock.com
Foto: Viktor Orbán | Foto: Northfoto / Shutterstock.com