Warschau | Polen erwartet von der EU eine „sehr entschlossene“, aber elastische Antwort auf die Coronakrise. Das Engerschnallen des Gürtels während der Krisen von 2007 bis 2013 habe sich „nicht bewährt“, sagte Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Dienstagsausgabe). Die EU müsse für „Investitionen in Infrastruktur, Innovation und in die Menschen“ sorgen, damit Europa in der neuen Lage im globalen Wettbewerb nicht von Anfang an hinterherhinke.

Der polnische Ministerpräsident lobte die „vernünftige“ Wirtschaftspolitik der Länder Ostmitteleuropas in den vergangenen Jahren. So könnten sie jetzt „mehr Kraft und Frische in die Gemeinschaft einbringen“ als andere. Er hoffe, dass die Ideen von einem „Europa der zwei Geschwindigkeiten“ jetzt endgültig ausgedient hätten.

„Wir sollten uns gerade jetzt vor einer Spaltung hüten“, sagte Morawiecki. Man brauche jetzt schnell „einen neuen europäischen Marshall-Plan“. Dann könne man „die Katastrophe der Pandemie zu einem Erfolg umschmieden und die EU stärken“.

Das Vertrauen zwischen Amerika und der EU sei „in letzter Zeit gestört“. Er warnte jedoch davor, jetzt schnell nach Schuldigen zu suchen, „vor allem nur auf einer Seite“, so der polnische Ministerpräsident weiter. Eine gute, vernünftige Zusammenarbeit der Vereinigten Staaten und Europas sei „Bedingung für eine gerechte Weltordnung“.

Zu dem heftigen Streit in Polen um die Präsidentenwahlen, die wahrscheinlich Ende Juni stattfinden werden, sagte Morawiecki, es würden zweifellos „gleiche, allgemeine und geheime Wahlen“ sein. Kritik an der Justizreform in Polen wies er zurück: „Die Organisation der Gerichte gehört zu den souveränen Entscheidungen der EU-Mitgliedsstaaten.“ Zur Politik der nationalkonservativen Partei PiS sagte der polnische Regierungschef, ihr Ziel sei „eine kluge Modernisierung des Landes, die nicht die Tradition über Bord wirft“. Seine Partei habe „eine der umfassendsten Familienförderungen in Europa“ eingeführt.

Autor: dts