Berlin | NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat sich in der Debatte über die westliche Politik gegenüber China für eine „globalere“ NATO ausgesprochen. Dazu gehöre eine politische Zusammenarbeit des atlantischen Bündnisses mit Partnern wie Australien, Neuseeland, Südkorea und Japan, sagte Stoltenberg dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Montagausgaben). Die globale Machtbalance verschiebe sich.

„Wir müssen sicherstellen, dass wir unseren technologischen Vorsprung beibehalten“, so Stoltenberg. „Das heißt nicht, dass nun die Schiffe der NATO Kurs nehmen sollen aufs Südchinesische Meer.“ Bei der Haltung der NATO gegenüber China müsse man unterscheiden zwischen militärischer Präsenz und politischen Initiativen.

„Der Atlantik bleibt für uns zentral, wir sind ein regionales Bündnis.“ Mit Blick auf den Ende der Woche anstehenden Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs sprach sich Stoltenberg für gemeinsame Verteidigungsanstrengungen aus. Dies könne neue militärische Fähigkeiten schaffen und die Lastenteilung innerhalb der Allianz verbessern: „Das ist gut für Europa, gut für die NATO und gut für die Wirtschaft.“

Zur möglichen Beteiligung chinesischer Konzerne am Aufbau künftiger Kommunikationsnetze in der EU sagte Stoltenberg: Es müssten klar definierte Voraussetzungen erfüllt sein, bevor Infrastrukturentscheidungen von so großer Tragweite fallen. „Deswegen haben wir in der NATO unsere Richtlinien für Resilienz neu angepasst.“ Es gehe darum, Risiken, die sich durch Investitionen von Drittstaaten in wichtige Infrastrukturprojekte ergeben, genau abzuwägen.

„In diesen Bereichen sollten wir unsere Kooperation mit der EU intensivieren“, sagte Stoltenberg. „Das gilt auch für Infrastrukturentscheidungen in den Bereichen Verkehr, Energieversorgung und Gesundheitswesen.“ Die NATO-Staaten hätten schon bei der Gründung der Allianz eine Zusammenarbeit auch mit Blick auf die Widerstandskraft ihrer Zivilgesellschaften vereinbart: „Die NATO ist nicht nur eine Militärallianz, sie ist vor allem ein politisches Bündnis.“ Als eine der wichtigsten Aufgaben des Bündnisses in den kommenden Jahren bezeichnete Stoltenberg ein Gegensteuern gegen die weltweit drohenden neuen Rüstungswettläufe. Nötig sei eine neue Art von Rüstungskontrolle. „Wir können nicht mehr wie früher nur die Sprengköpfe zählen.“

Es gehe um neue Technologien, neue Arten ihrer Verknüpfung, am Ende um Algorithmen, nicht zuletzt auch um künstliche Intelligenz. Aus seiner Sicht sei „völlig klar“, dass unbedingt auch China in diesen Prozess einbezogen werden muss. „Das Land ist ja dabei, zum Beispiel auf dem Gebiet von künstlicher Intelligenz technologisch in Führung zu gehen.“

Autor: dts