Brüssel/London | Die Europäische Union und Großbritannien haben sich kurz vor dem Ende der Brexit-Übergangsphase doch noch auf ein Handelsabkommen geeinigt. Das bestätigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Donnerstagnachmittag in Brüssel. Die Standards der Europäischen Union würden von Großbritannien „weiterhin respektiert“ und man habe „wirksame Werkzeuge“, um zu reagieren, wenn der Wettbewerb beeinträchtigt werde, so von der Leyen.

Es sei zudem für die nächsten Jahre sichergestellt, dass europäische Fischer weiter in britischen Gewässern fischen dürfen. „The deal is done“, bestätigte auch Großbritanniens Premier Boris Johnson. Die Rechte für EU-Fischer in britischen Gewässern waren bis zuletzt strittig, laut Angaben aus Brüssel wurde bis zuletzt über konkrete Fangmengen für einzelne Fischsorten gestritten.

Nach der grundsätzlichen Einigung müssen die EU-Mitgliedsstaaten sowie das britische Parlament noch zustimmen. Der Deal würde dann mit Wirkung zum 1. Januar vorläufig genehmigt, die Zustimmung des EU-Parlaments soll im neuen Jahr erfolgen. Eigentlich ist das Vereinigte Königreich schon am 31. Januar aus der EU ausgetreten, bis 31. Dezember läuft aber die Übergangsphase, in der die Briten noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion bleiben.

Bundesregierung will am Montag über Brexit-Deal beraten

Die Bundesregierung will das zwischen der EU-Kommission und Großbritannien ausgehandelte Abkommen „intensiv prüfen“. Die Mitglieder des Bundeskabinetts sollen sich am Montag um 9:30 Uhr im Rahmen einer Telefonschalte über die deutsche Position verständigen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstagnachmittag. „Danach wird der Rat das Abkommen und seine vorläufige Anwendung beschließen“, so Merkel.

Man fange dabei aber „nicht bei Null an“, weil die Kommission die Mitgliedstaaten über den gesamten Verhandlungsprozess hinweg eng eingebunden habe. „Wir werden daher rasch beurteilen können, ob Deutschland das heutige Verhandlungsergebnis unterstützen kann“, so Merkel. Sie sei „sehr zuversichtlich, dass wir hier ein gutes Resultat vorliegen haben“, sagte die Kanzlerin.

Abschließend in Kraft treten könne das Abkommen aber erst, wenn auch das Europäische Parlament zugestimmt habe. „Ich freue mich, dass sich die Verhandlungsführer der Europäischen Union und Großbritanniens auf ein Abkommen geeinigt haben und damit die zukünftigen Beziehungen zwischen Europäischer Union und Großbritannien klar geregelt sind“, sagte Merkel. Dies sei von historischer Bedeutung.

Theurer hält EU-Rückkehr Großbritanniens für möglich

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sieht den sich abzeichnenden Brexit-Handelspakt als Basis für eine mögliche Rückkehr Großbritanniens in die EU. Bei allen Herausforderungen sei eine Brexit-Einigung auch ein „Hoffnungsfunke“, sagte Theurer dem „Handelsblatt“. Der harte Brexit als „Worst-case-Szenario“ könne damit verhindert und die Türen für eine Rückkehr Großbritanniens in die EU offengehalten werden. Die Botschaft der EU müsse lauten: „Comeback Britain.“

Theurer hofft auf ein Umdenken der Brexit-Befürworter im Vereinigten Königreich. „Wenn die britischen Konservativen dauerhafte Grenzschließungen und Lkw-Schlangen am Euro-Tunnel zukünftig verhindern wollen, sollten sie ihren historischen Fehler schnellstens korrigieren“, sagte der FDP-Politiker.

Autor: dts