Typisch deutsch im Spitzensport

Köln | Als typisch deutsch gilt die schnelle Beschwerde oder der stete Drang nach Pünktlichkeit. Typisch deutsch ist aber auch die Vielfalt, wie sie sich im Spitzensport zeigt. Nicht nur die Sportarten unterscheiden sich, auch die Sportler bringen ihre unterschiedlichen Familiengeschichten mit. Gemeinsam ist allen der Traum, Teil des „Team Germany“ bei den Olympischen Spielen zu sein, die in diesem Jahr in Tokio stattfinden.

Fotograf Micha Neugebauer und Autor Wolf Schmidt haben 30 Spitzensportler aus 29 Sportarten vom Boxen und Ringen über Fußball und Handball bis zum Wellenreiten und Klettern besucht. Aus ihrer Arbeit ist eine spannende Ausstellung entstanden, die noch bis zum 5. September im Deutschen Sport- und Olympiamuseum im Kölner Rheinauhafen zu sehen ist.

„Der Spitzensport ist darin die ideale Form für die deutsche Gesellschaft. Im Sport verstehen sich die Menschen alle gut und es ist nicht wichtig, wo jemand herkommt oder wie er aussieht. Unser Ziel war ursprünglich, das Projekt zu den Olympischen Spielen 2020 abzuschließen. Dann wurden die Spiele verschoben und jetzt können wir die Ausstellung zeigen. Dazu gehört auch ein Buch und ein Film. Die Sportler haben wir ganz subjektiv ausgewählt, sie sind aber trotzdem ein Spiegel der Gesellschaft, denn sie zeigen wie vielfältig diese ist.“

Fotograf Micha Neugebauer war zwei Jahre für das Projekt unterwegs. „Ich bin ein sportbegeisterter Mensch, den alle Sportarten faszinieren. Besonders spannend waren für mich die jungen olympischen Sportarten wie Wellenreiten, Streetskaten oder Klettern. Wir sind durch ganz Deutschland gereist von Kiel bis München und Chemnitz. Das westlichste Ziel war unser Nachbarland Luxemburg. Es gibt immer ein Porträt und eine Inszenierung, die den Sportler in seiner persönlichen Trainingsumgebung zeigt.“

Der Direktor des Museums ist von der Schau begeistert: „Wir kommen den Spitzensportlern, die wir sonst nur aus dem Fernsehen kennen, in den Aufnahmen sehr nahe. Wir schauen ihnen ins Gesicht und auch ein Stück weit hinter die Fassade des Sportlerlebens. Wir sehen, was die Sportler unterscheidet und was sie alle miteinander verbindet – der sportliche Traum und ihre Idee vom Sport“, sagt Dr. Andreas Höfer.

Alexandra Ndolo vom TSV Bayer 04 Leverkusen ist Deutschlands beste Degenfechterin. Bei den Europameisterschaften 2017 und 2019 holte die Tochter einer polnischen Mutter und eines kenianischen Vaters Silber und Bronze. „Das Konzept der Ausstellung ist großartig und zeigt die Vielfalt des deutschen Spitzensports als Spiegel der Gesellschaft. Ich bin stolz Teil dieser Ausstellung zu sein.“ Zum Fechten kam die 30-Jährige über den modernen Fünfkampf. „Das ist eine sehr dynamische Sportart, bei der man ständig mitdenken muss, um sich immer wieder der Taktik des Gegners anpassen zu können“, sagt die Fechterin, die aktuell auf Platz 24 der Weltrangliste steht.
Hannah Meul aus Frechen gehört zu den besten Kletterinnen des Landes und war 2018 bereits bei den Olympischen Jugendspielen in Buenos Aires dabei. Sie ist Deutsche Meisterin im Bouldern. „Diese Ausstellung hat eine starke Botschaft und es ist schön gerade hier in der Heimat Teil davon zu sein.“ Zum Klettern kam die 20-Jährige über den Kindergeburtstag ihrer älteren Schwester, als diese den Sport für sich entdeckte. Mit sieben Jahren war Meul dann bereits in einer Kinderklettergruppe aktiv. „Mir gefällt, dass zwar jeder für sich kämpft, weil er gewinnen will. Trotzdem löst man Probleme gemeinsam und hält zusammen.“ Beim Wettkampf wird in der Halle am künstlichen Fels geklettert, privat ist Meul aber gerne auch in der Natur unterwegs.

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Deutsches Sport- und Olympiamuseum, Rheinauhafen, Im Zollhafen 1, aktuell hat das Museum nur samstags und sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Ab den Sommerferien ist das Haus aber auch wieder unter der Woche geöffnet. Eintritt: acht (ermäßigt fünf) Euro.

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www.sportmuseum.de

Autor: Von Stephan Eppinger
Foto: BU: Hannah Meul (l) und Alexandra Ndolo mit dem Fotografen Micha Neugebauer in der Ausstellung. Foto: Eppinger