Berlin | Eltern und Lehrer haben harte Kritik an den Ergebnissen des Schulgipfels im Kanzleramt geübt und davor gewarnt, dass im Fall von erneuten Schulschließungen der Fernunterricht nicht besser sein werde als vor den Sommerferien. „Das war ein Schulgipfel der Ankündigungen“, sagte die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Marlis Tepe, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Mittwochsausgaben). Die Geduld der Lehrkräfte, Schüler sowie deren Eltern werde mit vagen Verabredungen auf die Probe gestellt.

„Wir brauchen mehr Tempo und einen klaren Zeitplan für die Umsetzung der Maßnahmen“, sagte unterdessen der Vorsitzende des Bundeselternrats, Stephan Wassmuth, dem RND. „Aus Sicht der Eltern ist der Gipfel im Kanzleramt eine Enttäuschung: Das Treffen, dass mit viel Brimborium angekündigt wurde, hat kaum etwas Neues gebracht.“ Es werde dauern, bis es Verwaltungsvereinbarungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen gebe, bis Glasfasernetze, Endgeräte für Lehrkräfte sowie Schüler vor Ort ankommen und eingesetzt werden können, so die GEW-Chefin. „Da ist zu befürchten, dass die Infektionszahlen schneller steigen und es zu Teilschließungen der Schulen kommen wird, ohne dass es besseren Fernunterricht als vor den Sommerferien geben kann.“

Positiv wertete sie, dass es eine Flatrate für die Schüler geben soll und der Bund Systemadministratoren ausbilden und mitfinanzieren wolle. Ob die bereitgestellten 500 Millionen Euro für diese ausreichen, sei allerdings höchst unsicher. Elternvertreter Wassmuth fügte hinzu, dass er es gut finde, dass die Kanzlerin mit dem Gipfel zeige, dass ihr das Thema wichtig sei.

Das reiche aber noch nicht. Es fehle „das Aufbruchssignal, dass Bund, Länder und Schulträger künftig wirklich Hand in Hand zusammenarbeiten wollen“. Das Thema Digitalisierung in den Schulen habe die Politik laut Wassmuth über viele Jahre verschlafen.

„Jetzt zahlen unsere Kinder den Preis dafür – und es geht immer noch nicht schnell und durchdacht genug vorwärts. Auch beim Thema der Lüftungskonzepte – das im Herbst und Winter immer relevanter wird – lässt man die Schulen bislang allein.“

Bildungsallianz kritisiert die Ergebnisse des Schulgipfels

Die sogenannte Bildungsallianz des Mittelstandes hat die Ergebnisse des jüngsten Schulgipfels im Kanzleramt kritisiert. „Wenn das `Digitalisierung der Schulen mit Hochdruck` sein soll, können wir als Bildungsallianz des Mittelstandes nur sagen: Klassenziel nicht erreicht“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Mittelstandspräsident Mario Ohoven, des Bundesvorsitzenden des Deutschen Realschullehrerverbandes, Jürgen Böhm, sowie des Generalsekretärs der Bildungsallianz, Patrick Meinhardt, die am Dienstag veröffentlicht wurde.

„Das Mindeste, was wir erwartet hatten, waren eine Vereinfachung des Antragsverfahrens für die Schulen und eine realistische, machbare Regelung der Folgekosten, um dem Bürokratiemonster Digitalpakt die Zähne zu ziehen und ein digitales Fitnessprogramm für die Schulen zu starten.“

Neben den Ergebnissen des Gipfels wurden außerdem die Verteilung der Digitalpakt-Mittel auf einen Zeitraum von fünf Jahren kritisiert. Für den „digitalen Aufbruch“ hätte es nur „eine einzige mutige Entscheidung“ gebraucht: „Alle Mittel des Digitalpaktes statt auf fünf Jahren verteilt sofort zur Verfügung zu stellen“, so die Bildungsallianz. „Wieder einmal hat sich gezeigt, was herauskommt, wenn man einen Schulgipfel ohne Schulen und Kommunen veranstaltet.“

Autor: dts