Berlin | Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fordert eine klare Linie von der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten ein, bei welcher Entwicklung des Infektionsgeschehens der Präsenzunterricht in den Schulen eingeschränkt wird. „Die GEW appelliert dringend an Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder, eine klare Ansage zu machen, wann Schulen in den Wechselunterricht gehen“, sagte GEW-Chefin Marlis Tepe dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Mittwochausgaben). „Wer die Schulen so lange wie möglich offenhalten will, braucht ein Konzept, wie er dies sicherstellen will – und zwar bevor er von der Realität überholt wird“, fügte die Lehrergewerkschafterin hinzu.

Bisher habe die Politik nicht so gut vorgearbeitet, dass vom Präsenzunterricht reibungslos in das digitale Lernen umgeschaltet werden könne. Leidtragende seien ohnehin benachteiligte Kinder und Jugendliche, die noch weiter abgehängt würden. „Leitlinie aller Entscheidungen muss sein, das Recht auf Bildung und den Gesundheits- und Infektionsschutz für Lehrkräfte, Schüler sowie deren Eltern miteinander zu vereinbaren“, sagte sie.

„Richtschnur für die Maßnahmen in der Schule sollen die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts sein“, forderte Tepe. Dafür schlage die GEW ein Fünf-Punkte-Programm vor: „Ab der 5. Klasse muss das gesellschaftliche Abstandsgebot von 1,5 Metern gelten“, schlug Tepe als erstes vor. „Dafür müssten Klassen geteilt und zusätzliche Räume beispielsweise in Jugendherbergen gemietet werden.“

Zweitens gelte: „Um die Schulräume regelmäßig zu lüften, gilt das Lüftungskonzept des Umweltbundesamtes. Können die Vorgaben nicht umgesetzt werden, müssen sofort entsprechende Filteranlagen eingebaut werden.“ Drittens forderte Tepe die beschleunigte Anschaffung digitaler Endgeräte für Lehrkräfte und Schüler.

Flächendeckend müssten eine datenschutzkonforme digitale Infrastruktur geschaffen und IT-Systemadministratoren eingestellt werden. „Zudem müssen die Länder Sofortmaßnahmen zur digitalen Fortbildung der Lehrkräfte anbieten.“ Viertens müssten für die Arbeitsplätze an Schule Gefährdungsanalysen erstellt werden, verlangte Tepe. Fünftens solle die Kultusministerkonferenz im Sinne der Transparenz möglichst schnell ihre Ankündigung verwirklichen, wöchentlich Statistiken über die Zahl der infizierten sowie der in Quarantäne geschickten Lehrer und Schüler zu veröffentlichen.

Nur wenige Schüler haben Chance auf Leih-Laptop

Der Mangel an Endgeräten für Schüler zu Hause ist weiter eines der größten Probleme beim Fernunterricht in der Coronakrise. Das sagen 59 Prozent der Schulträger, schreibt das „Handelsblatt“ unter Berufung auf eine Umfrage im Auftrag eines IT-Ausstatters. Dafür waren bundesweit 100 Schulträger befragt worden.

Erst rund die Hälfte haben bisher das zusätzliche Förderprogramm des Bundes für Laptops für Schüler genutzt, für das der Bund im Juni 500 Millionen Euro bereit gestellt hatte. Bis heute könnten daher gerade einmal 14 Prozent der Schüler von ihrer Schule ein Endgerät erhalten, sollte der Unterricht wieder nach Hause verlegt werden, so die Erhebung. Noch größer ist offenbar das Problem der mangelhaften Qualifikation der Lehrkräfte: 63 Prozent der Schulträger geben an, dass diesen das Know-how für die Anwendung von Software für digitales Lernen und Videokonferenzen fehlt.

Autor: dts