Köln | 1994 wurde in Köln die ecosign/ Akademie für Gestaltung gegründet. Derzeit studieren rund 230 junge Menschen an der Akademie. Für das nächste Wintersemester können sich Interessierte noch bis zum 23. September 2012 bewerben. In einem Interview mit report-k.de erklärte Direktorin Karin-Simone Fuhs die besondere Ausrichtung ihrer Akademie und warum sie damit Pionierarbeit in Deutschland leistet.

Report-k.de: Was zeichnet die ecosign im Gegensatz zu anderen deutschen Design-Einrichtungen aus?
Karin-Simone Fuhs, Gründerin und Direktorin der ecosign: Das ist ganz klar das Thema der Nachhaltigkeit. Wir fassen die Nachhaltigkeit ganzheitlich auf. Das bedeutet, wir lehren und leben „nachhaltig“. Nachhaltigkeit ist zum einen Schwerpunkt unseres Curriculums, also des Lehrplans. Die Studierenden lernen mehr, als Dinge schön zu gestalten. Wir bilden Gestalterpersönlichkeiten aus – damit meine ich Designerinnen und Designer mit breitem Fachwissen, kreativem Potential und einem Gespür für soziale, ökologische und ökonomische Probleme und deren Lösung. Zum anderen ist unser Akademiegebäude im Design Quartier Ehrenfeld nach nachhaltigen und ökologischen Kriterien eingerichtet. Zum Beispiel haben wir ausschließlich ökologische Wandfarben verwendet und unseren Strom beziehen wir über einen nachhaltigen Anbieter, nämlich Naturstrom.

Um eine individuelle Betreuung sichern zu können, nehmen wir jedes Semester nur eine überschaubare Anzahl neuer Studierender auf. Damit sind unsere Kurse klein und die Dozenten können direkt auf die Studierenden und ihre Belange eingehen. Die Wege zwischen Studierenden, Dozenten und Akademieleitung sind kurz, die Hierarchien sehr flach. Wenn ich da an die Anonymität und Bürokratie an den staatlichen Universitäten denke sowie an die überfüllen Hörsäle, ist es schon ein großer Luxus, den die ecosign bietet.Meines Wissens nach gibt es in Deutschland keine einzige Bildungseinrichtung, die das Thema Nachhaltigkeit so verinnerlicht wie die ecosign. Damit leisten wir nach wie vor Pionierarbeit im deutschen Bildungswesen. Für das Lehrkonzept bin ich übrigens mit dem Utopia-Award 2011 in der Kategorie Vorbilder ausgezeichnet worden. Mich hat es sehr gefreut, stellvertretend für die Akademie so geehrt zu werden.

Was versteht die ecosign unter nachhaltigem Design?
Nachhaltigkeit besteht aus den drei Säulen Ökologie, Ökonomie und Soziales. Im Design sind die drei Säulen vereint unter dem Dach der Ästhetik. Nachhaltiges Design bedeutet demnach, ökologische, ökonomische und soziale Ziele durch bewusste Gestaltung in Einklang zu bringen. Soziale Ungerechtigkeiten und ökologische Probleme sind die Herausforderungen unserer Zeit. Ganz aktuell denke ich da an den Bürgerkrieg in Syrien oder die Unruhen in Ägypten und die verheerenden Waldbrände, die gerade in Spanien und Portugal toben. Der nachhaltige Designer ist als Vermittler komplexer Zusammenhänge gefordert. Welche Materialien ein Produktdesigner verwendet, welche Botschaften ein Kommunikationsdesigner in die Welt trägt, um nur zwei Beispiele zu nennen – all dies hat komplexe Auswirkungen auf die Welt, in der wir leben, und das Konsumverhalten jedes Einzelnen hat ganz konkrete Konsequenzen für das ökologische und soziale Miteinander.

Können Sie einige Produkt-Beispiele nennen, die etwa von Studenten in den vergangenen Semestern entworfen wurden? Wurden davon einige bereits für den öffentlichen Markt produziert?
Im letzten Jahr haben wir ein studentisches Projekt mit den Abfallwirtschaftsbetrieben der Stadt Köln durchgeführt. Aufgabe war, Maßnahmen zu entwickeln, um Müll im öffentlichen Raum zu vermeiden.
Dabei ist der Pfandring entstanden – eine Arbeit des Studenten Paul Ketz. Mit seinem Zusatz für öffentliche Mülleimer können Pfandflaschen von Bedürftigen einfacher als bisher gesammelt und an einer Annahmestelle abgegeben werden. Der Stadtrat von Ingolstadt denkt aktuell ganz konkret darüber nach, den Pfandring an öffentlichen Mülleimern zu testen. Weitere Kommunen werden voraussichtlich in Zukunft folgen. Herr Ketz ist dafür mit Akademie-Award „Froschkönig“ ausgezeichnet worden. Den Froschkönig vergeben wir einmal im Semester für eine besonders innovative Arbeit. Die Studierenden sind natürlich besonders stolz, die Auszeichnung zu erhalten.

Ein anderes Beispiel: Die Absolventin Anna Kraft hat noch während des Studiums die Schuhgarderobe tulips gestaltet. Bei der Produktion gibt es keinen Verschnitt, zu dem ist das Material unlegierter Stahl, so dass die Werkstücke recycelt werden können. Außerdem ist die Garderobe ästhetisch äußerst ansprechend. Verkauft wird das Designstück im Internet bei Freundliche Übernahmen und Design 3000.

Wie viele Studenten gibt es an der ecosign? Wie viele werden pro Semester aufgenommen?
Im vergangenen Semester waren knapp 230 Studierende eingeschrieben. Für das Sommersemester nehmen wir generell 20 Bewerberinnen und Bewerber auf und für das Wintersemester 40. Wie Sie sehen, ist die Studierendenzahl im Vergleich zu den anderen Einrichtungen eher gering und das wird an der ecosign auch so bleiben. Ich vertrete die Meinung, dass wir nur in kleinen Gruppen gut lernen können. Denn nur dann ist gewährleistet, dass die  Dozierenden – und davon haben wir knapp 50 – individuell auf jeden einzelnen Studierenden eingehen können. Der Umgang zwischen Studierenden, Mitarbeitern, Dozierenden und Akademieleitung ist beinahe familiär. Und ich bemühe mich, jeden einzelnen Studierenden mit Vor- und Nachnamen zu kennen.

Wie ist das Studium an der ecosign aufgebaut?
Wir bieten für nachhaltiges Design ein interdisziplinäres Vollzeitstudium an. Die Regelstudienzeit beträgt vier Jahre – ein Vorbereitungssemester und sechs Fachsemester sowie ein Prüfungssemester. Im Verlauf des Studiums müssen die Studierenden drei Mappenprüfungen ablegen und zwei größere wissenschaftliche Arbeiten verfassen. Das praktische Handwerkszeug vermitteln Kurse wie Zeichnen, Fotografie, Computerkurse, Buchbinden, Modellbau und praktische Seminare und Projekte – letztere oft in Kooperation mit realen Auftraggebern wie Unternehmen und Instituten. Den theoretischen Hintergrund bilden Fächer wie Philosophie, Psychologie, Designtheorie, Kunstgeschichte, Designmanagement, Marketing, Ökonomie & Ökologie, BWL, Urheberrecht, Business English, Berufsplanung, Design & Ökologie u.a. In zahlreichen Workshops, Ringvorlesungen und Fachexkursionen werden spezielle Themen und Arbeitsweisen vertieft. Unsere Dozierenden verstehen sich als Moderatoren. Frontalunterricht ist an der ecosign so gut wie gar nicht zu finden. Ganz im Gegenteil – die Studierenden werden dazu motiviert, in Dialog zu treten und sich gegenseitig zu unterstützen.

Was kostet das Studium an der ecosign?
Die Studiengebühren betragen pro Semester 2340 Euro. Wir bieten auch eine Ratenzahlung an von monatlich 390 Euro. Hinzu kommt eine einmalige Aufnahmegebühr von 100 Euro. Weitere Kosten, wie zum Beispiel Prüfungsgebühren, haben wir nicht. Auch der Bewerbertag – unsere Aufnahmeprüfung – ist kostenlos und unverbindlich.

Wie können sich angehende Studenten bewerben?
Am besten papierlos – und zwar mit einem persönlichen Lebenslauf über das Online-Formular auf unserer Homepage. Im Laufe der Jahre ist unsere Zielgruppe – viele Abiturienten und Schulabgänger mit Fachhochschulreife, aber auch andere junge Leute, die schon Berufserfahrung gesammelt haben – immer internetaffiner geworden und darauf haben wir reagiert. Die Bewerbungen an uns laufen fast ausschließlich über das Internet. Das ist auch nachhaltig, weil weniger Papier verwendet wird und kein C02 beim Brieftransport in die Atmosphäre geblasen wird.

Was passiert am Bewerbertag?
Der Bewerbertag ist unser Eignungstest. Wir prüfen die Bewerberinnen und Bewerber auf Herz und Nieren: Sprach- und Schriftkompetenz sowie Kreativität und soziale Kompetenzen. Die Prüfungen dauern einen ganzen Tag. Wir halten die Bewerber auch nicht wochenlang mit dem Ergebnis hin – noch am selben Abend bekommen sie Bescheid, ob wir sie annehmen oder nicht. In der Regel lehnen wir knapp 40 bis 50 Prozent ab. Einige davon können sich in einer zweiten Chance erneut beweisen. Die Kriterien dazu legen wir individuell mit dem entsprechenden Bewerber fest.

Autor: cs | Foto: ecosign
Foto: Dipl. Des. (FH) Karin-Simone Fuhs gründete 1994 in Köln die ecosign / Akademie für Gestaltung. Die 44-jährige leitet die private Bildungseinrichtung als Direktorin