Köln | Clamotta betreibt seit 11 Jahren in Köln die Impro-Schule. Jetzt residiert man am Ubierring in der Kölner Südstadt. Die Absolventen der Schule nehmen die Erfahrungen aus der Impro-Schule mit in ihren Alltag und wachsen daran, beschreibt Eva Thiel die Auswirkungen der Kurse auf die Teilnehmer. Daniel Deininger sprach mit Eva Thiel.

Frau Thiel, seit wann gibt es die Impro-Schule und wie kam es dazu?

Eva Thiel: Die Impro-Schule gibt es seit 11 Jahren, weil wir Clamotta auch zu dritt gegründet haben.  Wir wollten einfach nur eines machen: Impro. Impro auf allen Ebenen. Das heißt, wir spielten sehr viel, was wir auch heute noch tun und wir unterrichteten, das heißt wir gaben unser Wissen und unsere Erfahrung weiter.  Das taten und tun wir, weil wir von dem, was wir tun einfach begeistert sind.

Damals begann alles mit einem Dienstagskurs, den es auch heute noch gibt. Dabei kommen bis zu 14 Personen zusammen, egal wer, um Impro-Theater zu machen, als eine Art „aktive Entspannung“.  Man kann sich auch passiv entspannen, etwa mit einem Gläschen Wein vor dem Fernseher, aber diese Leute wollen eben zwei Stunden etwas erleben.  Das Spannende daran: Wenn die Leute es dort richtig gut finden  – wenn es sie packt, dann passiert etwas mit ihnen:  sie werden offener, sie gehen auf. Deshalb spreche von unseren Impro-Schülern auch gern von Hefekuchen (schmunzelt).  Das erleben wir bei jedem Kurs. Das Interessante daran ist, dass dies an unseren Impro-Regeln liegt, die wir haben. Denn um auf die Bühne zu kommen und auf Menschen zu spielen, die man nicht kennt und nicht weiß, was für eine Geschichte man gleich spielt und diese Geschichte auch erst in der Interaktion mit dem Publikum entsteht, dazu bedarf es einiger Regeln.

Damit das auch alles klappt und zu einer schönen Geschichte wird. Und wenn man ein paar dieser Regeln nimmt und sie auf das alltägliche Leben überträgt, funktionieren da die Geschichten plötzlich auch besser. Und das macht unsere Impro-Schüler zu Hefekuchen. Die nehmen das automatisch, das was sie bei uns erleben – voller Spaß –  mit in ihr alltägliches Leben und wachsen dadurch. Und plötzlich werden die Geschichten um sie herum schöner. Das ist der Nebeneffekt von Impro-Theater. Inzwischen haben wir fünf solcher Kurse.

An wen speziell richtet sich das Programm der Impro-Schule?

Auf unserer Website steht, die Kurse richten sich an alle von 18 bis 58. Wir haben aber einen Teilnehmer, der schon weit über 70 ist. Die meisten Menschen in unseren Kursen sind zwischen 30 und 50 Jahre alt.

Wie hat man sich den Ablauf eines solchen Kurses vorzustellen?

Wir haben feste Gruppen an festen Tagen mit jeweils festen Trainern. An drei Terminen im Jahr öffnen wir diese Gruppen.  Dann kommen neue Teilnehmer in die bestehenden Gruppen hinein, die schnell darin integriert werden. Das befruchtet sich gegenseitig recht gut und schnell. Denn die Neuen lernen schnell von den Alten in der Gruppe und diese freuen sich wiederum über neue Inspirationen, die die Neuen in die Gruppe hineintragen. In diesem Sinne sind es fortlaufende Kurse. Wir haben zusätzlich dazu noch einen so genannten Intensivkurs am Samstagvormittag.
Dahin kommen dann die, die noch mehr, mehr, mehr wollen.

Sie zertifizieren auch. Was ist das ZAI (Zertifikat für Angewandte Improvisation)?

Dass die Gruppen funktionieren, wie sie funktionieren, dazu bedarf es ein eines gewissen Know-how. Die Aufgabe des Trainers ist ganz klar, einen guten Impro-Abend zu ermöglichen. Dazu braucht es auch einen gewissen Aufbau und auch ein Wissen über angewandte Improvisation. Was bewirkt welche Regel? Es ist zwar immer lustig, aber die Trainer haben jeden Abend eine andere Regel im Fokus. Das muss der Trainer wissen. Andererseits hat Impro-Theater ganz viel mit Vertrauen zu tun. Und umso besser ein  Trainer eine Gruppe zusammenschweißt desto wohler fühlen sich alle und umso mehr werden sie zum „Hefekuchen“ und gehen auf. Und umso länger wollen sie natürlich auch in einer Gruppe bei uns bleiben. Also ist die Aufgabe eines guten Trainers nicht nur, ein gutes Impro-Training zu machen, sondern auch die Gruppen zusammenzuhalten. Und die nötigen Skills dafür erhält man bei uns beim ZAI erwerben. Das gilt nicht nur für unsere Impro-Trainer sondern das kann auch jeder Trainer und Coach nutzen.

Wie lange dauert es, bis man dieses Zertifikat erwirbt?

Mindestens neun Monate. So lange dauert es, bis ein Kind auf die Welt kommt und so lange dauert es, bis man das ZAI hat. Im Oktober startet ein neuer Kurs.

Ihre Schule bietet auch Kurse für Personalentwicklung und Team-Bildung an. Wie funktioniert das?

Hier geht es vor allem um die Persönlichkeitsentwicklung für Führungskräfte und für Menschen, die in ihrem Beruf viel in Kommunikation mit anderen Menschen stehen. Sei es, dass sie andere Mitarbeiter motivieren sollen, sei es, dass sie viel in Kundenkontakt stehen. Auch für Situationen unter Kollegen, in denen man sich durchsetzen möchte. Die Menschen, mit denen ich arbeite, sind alle sehr gut im Kopf und wollen Karriere machen. Aber ab einer gewissen Stelle auf der Karriereleiter merkt man dann doch: Inhalt allein trägt nicht. Dort setzen wir an, da können wir helfen.  Oft ist es so, dass der Inhalt im Kopf stattfindet und die Leute reden, aber gleichzeitig sagt ihr Körper etwas ganz anderes. Und diese Leute wundern sich dann oft, dass sie nicht das vermitteln können, was sie eigentlich möchten. Oder sie wundern sich darüber, dass ihnen die Mitarbeiter nicht folgen können oder Kunden komisch reagieren.

Was wir machen ist, Kopf und Bauch zusammenzubringen. Der Schlüssel dazu ist die Körpersprache.  Es geht dabei hauptsächlich um die Vermittlung einer inneren Haltung, einer inneren Einstellung. Die wird bei den Teilnehmern überprüft und danach werden sie schön aus ihrer Komfort-Zone geholt.  Und das gänzlich ohne Flip-Chart oder Powerpoint-Präsentation, sondern die Menschen sind vielmehr im Geschehen und stellen dabei fest: Ja, das funktioniert wirklich. Oder: Wenn ich das auf eine bestimmte Art vortrage, ist das zwar für mich zunächst ein bisschen umständlicher, aber ich bekomme im Anschluss das Feedback, dass es total gut wirkt und verstanden wird. Das ist das Schöne am diesem Training: man bekommt während man spricht mit, ob etwas funktioniert  und auch wie etwas funktioniert.

Finden diese Kurse in separaten Gruppen statt?

Das ist ganz unterschiedlich. Manchmal werde ich von den Unternehmen für spezielle Teams und Aufgaben gebucht, manchmal schreiben Unternehmen die Seminare bei sich in der Firma aus. Doch auch über unserer ImproSchule bieten wir entsprechende Seminare an, die jeder jederzeit buchen kann – wenn auch er wachsen möchte.

Frau Thiel, vielen Dank für das Gespräch.

Autor: Daniel Deininger