Der IT-Branchenverband Bitkom hat die Pläne der Großen Koalition, den Umgang mit gefälschten Nachrichten im Internet gesetzlich neu zu regeln, scharf zurückgewiesen. „Auch mit Blick auf den anstehenden Bundestagswahlkampf verstehen wir die Sorge der Politik, dass falsche Meldungen die öffentliche Meinungsbildung beeinflussen. Es darf aber nicht Aufgabe der Plattformbetreiber werden, über richtig oder falsch, wahr oder unwahr zu entscheiden“, sagte der Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder dem „Handelsblatt“.

Auf Ablehnung stößt vor allem die SPD-Idee, marktbeherrschende Plattformen gesetzlich zu verpflichten, auf deutschem Boden eine an 365 Tagen im Jahr 24 Stunden erreichbare Rechtsschutzstelle einzurichten. „Mit der jetzt geforderten Rechtsschutzstelle würde ein Zensurmonster geschaffen“, warnte Rohleder. Dies wäre aus seiner Sicht „auch bei bestem Bemühen zum Scheitern verurteilt“.

Selbst Gerichte scheiterten regelmäßig an der Aufgabe, zuverlässig und nachvollziehbar über den Wahrheitsgehalt von Aussagen zu entscheiden, gab Rohleder zu bedenken. „Wie soll dies einer von Unternehmen betriebenen Rechtsschutzstelle gelingen, die weder über die forensischen Mittel der Sicherheitsbehörden noch über die notwendigen Auskunftsrechte und sonstigen Möglichkeiten von Behörden verfügt.“ Der Bitkom-Experte wies überdies darauf hin, dass Hassbotschaften wie Aufrufe zu Gewaltverbrechen oder persönliche Beleidigungen und Diffamierungen bereits heute verboten seien und dagegen auf Basis des geltenden Rechts auch vorgegangen werde.

Falschmeldungen könnten zudem bei einigen der großen Plattformen gemeldet werden und es solle künftig Kennzeichnungen geben, fügte er mit Blick auf die kürzlich angekündigten Maßnahmen von Facebook hinzu. Rohleder betonte jedoch: „Letztlich ist es aber jedem Nutzer selbst überlassen, Meldungen auf Basis der verfügbaren Informationen hinsichtlich ihres Wahrheitsgehalts einzuschätzen und zu bewerten.“ Hier sieht der Bitkom-Geschäftsführer auch die Politik am Zug, dafür zu sorgen, dass die Fähigkeit zur kritischen Auseinandersetzung mit Quellen besser vermittelt werde.

„Dazu werden die Plattform-Betreiber ihren Beitrag leisten, aber gefragt sind hier vor allem die Schulen, Volkshochschulen oder Institutionen wie die Bundeszentrale für politische Bildung. Nur so bringen wir diese Kompetenzen in die Fläche.“

Autor: dts