Berlin | Die Bundesregierung sieht keinen Bedarf mehr, Regelungen für den digitalen Nachlass zu schaffen. Das geht aus ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion hervor, über die das „Handelsblatt“ berichtet. Darin wird auf das jüngste Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs verwiesen, nach dem Erben Zugriff auf das Facebook-Konto ihrer verstorbenen Angehörigen erhalten müssen, und festgestellt: „Die Bundesregierung sieht insoweit keinen Handlungsbedarf im Erbrecht.“

Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD noch angekündigt, die Vererbbarkeit des digitalen Eigentums (zum Beispiel Nutzer-Accounts, Datenbestände) rechtssicher gesetzlich regeln zu wollen. Nun heißt es, die Rechtsbeziehungen zwischen privaten Anbietern und ihren Kunden auch in Bezug auf die Rechtsnachfolge beruhten auf privatrechtlichen Verträgen, für die grundsätzlich die Vertragsfreiheit gelte. Ob bestimmte Regelungen – etwa die Löschung von Daten im Todesfall oder ein Verfall von Online-Musiksammlungen – wirksam vereinbart werden könnten, sei „eine Frage des Einzelfalls“, den „im Streitfall die unabhängigen Gerichte“ zu entscheiden hätten.

Das Bürgerliche Gesetzbuch gebe den Rahmen vor. Die Regierung stehe aber in Kontakt mit den Anbietern digitaler Dienstleistungen und werde die weitere Entwicklung auf diesem Gebiet „aufmerksam“ beobachten. „Es ist sehr enttäuschend, dass die Bundesregierung den besonderen Regelungsbedarf beim digitalen Nachlass nicht sieht“, sagte Roman Müller-Böhm (FDP), Obmann im Rechtsausschuss des Bundestags, dem „Handelsblatt“.

So müsse zum Beispiel die Trennung von technischem Endgerät und den darauf befindlichen Daten und Nutzer-Accounts rechtlich neu geregelt werden. Der Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht, Anton Steiner, kritisierte die Haltung der Bundesregierung ebenfalls. Es bestehe ein „unglaublicher Machtunterschied“ zwischen den Account-Betreibern und den Erben.

„Darum muss es klare und knappe Regelungen für den digitalen Nachlass geben“, sagte Steiner dem „Handelsblatt“. Zudem müsse der Erbe auch Instrumente bekommen, um seine Auskunfts- und Zugriffsrechte bei den Betreibern durchzusetzen – etwa mittels einer Ombudsstelle. „Und nicht zuletzt bedarf es einer bundesbehördlichen Aufsichtsstelle“, sagte Steiner. Verstoße ein Betreiber gegen die Regelungen, dann müssten Sanktionen folgen, sprich: Bußgelder.

Autor: dts