Nürnberg | aktualisiert | Die Zahl der Arbeitslosen geht weiter zurück. Die Bundesagentur für Arbeit teilte mit, es seien im April rund 2,384 Millionen Personen arbeitslos gewesen. Das waren 185.000 weniger als im April vor einem Jahr und 74.000 weniger als im März.

Die Arbeitslosenquote sank gegenüber im April dem Vormonat um 0,2 Prozentpunkte auf 5,3 Prozent. „Die Frühjahrsbelebung am Arbeitsmarkt setzt sich auch im April fort“, sagte BA-Chef Detlef Scheele in Nürnberg. Die Entwicklung sei allerdings etwas schwächer gewesen als in den „extrem guten“ Wintermonaten. Die Nachfrage nach neuen Mitarbeitern sei weiterhin hoch. Im April waren 784.000 Arbeitsstellen bei der BA gemeldet, 78.000 mehr als vor einem Jahr.

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Arbeitsmarkzahlen: Nicht ausruhen sondern Arbeitslosenversicherung zur Arbeitsversicherung umbauen Zu den Arbeitsmarktzahlen für den Monat April erklärt Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für Arbeitsmarktpolitik: Die positiven Arbeitsmarktzahlen gehen weniger auf das Konto dieser Bundesregierung als auf das der gesamtwirtschaftlichen Konjunktur. Statt sich auf den guten Zahlen auszuruhen, muss die Bundesregierung die Arbeitslosenversicherung so reformieren, dass sie auch Selbständige, Teilzeiterwerbstätige und andere Beschäftigte unterstützt und massiv in Beratung und Qualifizierung investieren, um die Beschäftigten für den Arbeitsmarkt der Zukunft zu wappnen. In wirtschaftlich guten Zeiten dürfen die notwendigen Zukunftsfragen nicht vergessen werden. Um die Arbeitslosenversicherung zukunftsfähig zu gestalten, sind grundlegende strukturelle Änderungen notwendig.

Die Arbeitslosenversicherung muss zu einer Arbeitsversicherung werden. Die allgemein guten Zahlen dürfen nicht vergessen lassen, dass Deutschland mit einem Anteil von fast einem Drittel Langzeitarbeitslosen an den Gesamtarbeitslosen international an der Spitze liegt. Sogar zwei Drittel der Arbeitslosen beziehen Arbeitslosengeld II und nur ein Drittel der Arbeitslosen bezieht Arbeitslosengeld I. Die Zugangsbedingungen zum Arbeitslosengeld I müssen deshalb dringend verbessert werden, damit nicht gleich am Beginn der Arbeitslosigkeit ein Bezug von Arbeitslosengeld II droht.  Das ist aber nur ein erster Schritt. Die heutige Konzipierung der Arbeitslosenversicherung entspricht immer weniger den Anforderungen des Arbeitsmarktes. Die zunehmende Anzahl von Selbständigen, Teilzeiterwerbstätigkeit, Kurzzeiterwerbstätigkeit und Erwerbsunterbrechungen zeigen: Arbeit und Erwerbsverläufe gestalten sich immer flexibler. Dieser Flexibilität muss auch eine zukunftsfeste Arbeitslosenversicherung entsprechen.

Hierfür wollen wir einen niederschwelligen Zugang für alle Beschäftigungsformen sowie die Beitrags- und Anwartschaftszeiten zugunsten der Versicherten verändern. Darüber hinaus wird die Weiterbildung angesichts von Digitalisierung, demographischen Wandels, Migration und ökologischen Herausforderungen immer wichtiger. Die Menschen müssen gewappnet sein und brauchen daher gezielt auf sie zugeschnittene Beratungsangebote sowie ein finanzielles Fundament für Phasen der Weiterbildung – und zwar nicht erst dann, wenn sie bereits arbeitslos geworden sind Gerade jetzt – in wirtschaftlich guten Zeiten – müssen Strukturen verändert und die Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung weiterentwickelt werden, damit Beschäftigung auch in Zukunft gesichert ist.

BA-Vorstand Holsboer sieht Vollbeschäftigung in Reichweite

Angesichts der weiter gesunkenen Arbeitslosigkeit sieht das Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit (BA), Valerie Holsboer, gute Chancen, dass Vollbeschäftigungsziel der Bundesregierung bis 2025 in Deutschland zu erreichen. Dem Nachrichtenmagazin Focus sagte Holsboer: „Die aktuell gute Konjunktur und starke Arbeitskräftenachfrage ermöglichen das Ziel der Vollbeschäftigung. In einigen Regionen haben wir das schon.“

Um das Ziel zu erreichen, werde man zweigleisig vorgehen, erklärte Holsboer. Zum einen solle „der Bestand an Arbeitslosen durch individuelle Vermittlung weiter reduziert“ werden. Zur Vorbeugung gegen Arbeitslosigkeit solle außerdem stärker in frühzeitige Berufsorientierung und Qualifizierung investiert werden.

Die bei der BA für Finanzen und Personal zuständige Holsboer lehnt ein solidarisches Grundeinkommen an Stelle von Hartz-IV-Leistungen ab. Sie halte davon gar nichts. „Die ganze Diskussion bringt uns nicht weiter. Uns geht es darum, Menschen in Arbeit zu vermitteln.“ Holsboer lehnt ebenso eine Reform von Hartz IV ab. Das System habe sich bewährt.

Allerdings fordert sie von der Bundesregierung Vereinfachungen bei der Gewährung der Leistungen. „Der Einzelfall-Gerechtigkeitstrieb macht die Arbeit immens komplex“, kritisiert sie. Manche Hartz-IV-Bescheide umfassten mehr als 80 Seiten. „Das ist absurd“, sagte Holsboer. „Pauschalen und einheitliche Anrechnungsvorschriften könnten die Grundsicherung stark entbürokratisieren und einen großen Teil der Milliardenlücke schließen.“ Holsboer kündigte gegenüber Focus an, den hohen Anteil von befristeten Beschäftigungsverhältnissen bei der BA stark zu reduzieren. „Wir hatten einen Befristungsanteil mit deutlich über zehn Prozent mit negativen Auswirkungen auf die Qualität.“ Die Anteil solle „auf etwa sieben Prozent, also circa 7.000 Verträge“ verringert werden. Bereits jetzt habe die BA die unbefristete Übernahme der Nachwuchskräfte veranlasst.

Autor: dts