Köln | Der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB hat sich mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zum so genannten „Sozialen Arbeitsmarkt“ beschäftigt. Zwar begrüßen die Arbeitnehmervertreter das Vorhaben. Der Entwurf selbst müsse aber noch präzisiert werden.

Rund 150.000 Langzeitarbeitslose sollen mit dem Vorhaben der Großen Koalition ab Anfang kommenden Jahres wieder eine Perspektive für die Reintegration in den ersten Arbeitsmarkt erhalten. „Sozialer Arbeitsmarkt“ lautet der Name für das ehrgeizige Programm, mit dem die Bundesregierung das Problem der so genannten „verfestigten Langzeitarbeitslosigkeit“ angehen will. Die Gewerkschaften begrüßen das Vorhaben, so auch in Köln.

„Der Ansatz ist vollkommen richtig: Es ist besser, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Trotz guter Arbeitsmarktlage finden langzeitarbeitslose Menschen kaum einen Job. Kritiker des Vorhabens, beispielsweise aus den Reihen des Bundesvereinigung der Deutschen Arbeit-geberverbände (BDA), scheinen zu ignorieren, dass ein großer Teil der Langzeitarbeitslosen faktisch vom Arbeitsmarkt abgekoppelt und damit ohne jegliche berufliche Perspektive ist. Nur durch eine öffentlich geförderte Beschäftigung erhalten diese Menschen eine Chance zur sozialen Teilhabe über Erwerbsarbeit. Die Grundsicherung durch Hartz IV leistet das nicht und der Arbeitsmarkt ist in diesem Bereich offensichtlich nicht aufnahmebereit“, fasst Jörg Mährle, Geschäftsführer der DGB-Region Köln-Bonn die Position der Gewerkschaft zusammen.

Viele Langzeitarbeitslose sind eigentlich gut ausgebildet

Auch Köln kennt den Sockel an arbeitsfähigen Personen, die offenbar aus dem Erwerbsleben ausgekoppelt sind. Derzeit zählt die Agentur für Arbeit in der Region Köln/Bonn rund 45.600 Erwerbsfähige als Langzeitarbeitslose. Sie erhalten nach mindestens zwölf Monaten ohne reguläre Beschäftigung den Mindestsatz zur Grundsicherung, besser bekannt als Hartz-IV. Etwas mehr als ein Viertel von ihnen ist schon mindestens vier Jahre in der Grundsicherung, in Zahlen rund 13.400 in der Region. Hier fehlen allerdings jene, die zwischenzeitlich eine Schulungsmaßnahme besucht haben oder länger erkrankt waren.

Ein weiterer Umstand spricht gegen den immer wieder verkündeten Grundsatz, dass Bildung Arbeitslosigkeit verhindern kann. Rund 30 Prozent der Langzeitarbeitslosen haben eine abgeschlossene Berufsausbildung, fünf Prozent sogar einen Hochschulabschluss. Genutzt hat es diesen Personen dennoch nichts, sie verharren weiter in der Grundsicherung.

Diese Fehlentwicklung mutet insofern absurd an, als dass der Bedarf an Arbeitskräften in vielen Bereich durchaus gegeben ist. Vor allem im Bereich der Sozialen Arbeit, zum Beispiel in der Wohnumfeldverbesserung, der Pflege des öffentlichen Raums oder bei der sozialen Infrastruktur gebe es erheblichen Bedarf. Wenn Erwerblose Löhne statt staatlicher Leistungen erhalten, profitieren alle davon, so der Grundtenor der Gewerkschaften.

Tarifliche Lohnerhöhung als Anreiz für Soziale Arbeit

Allerdings brauche es auch einen funktionierenden Anreiz und genau hier setzt die Kritik der Gewerkschaften an. Nur eine tarifliche Erhöhung bietet einen ausreichenden Abstand zwischen den Hartz-IV-Empfängern und den Erwerbstätigen. Lohnzuschüsse für die Arbeitgeber müssen sich an der gezahlten Bruttolohnsumme orientieren. Insbesondere dürfe es keine Sonderregelungen im Arbeits- und Sozialrecht geben. Die Tätigkeiten dürfen reguläre Beschäftigung nicht verdrängen und es müssen Maßnahmen getroffen werden, die einen Mitnahmeeffekt ausschließen.

Wenn beispielsweise große Online-Händler im Oktober den Sozialen Arbeitsmarkt entdecken, das Weihnachtsgeschäft mit geförderten Arbeitskräften abdecken und im Januar wieder alle geförderten Beschäftigten entlassen, sei das nicht im Sinne der Erfinder. Hier müsse der Gesetzgeber konsequent sein, forderte die Gewerkschaft abschließend.

Autor: rk