Köln | Die Deutsche Krebshilfe hat knapp drei Millionen Euro an Fördergeldern an das „nationale Netzwerk Genomische Medizin Lungenkrebs“ vergeben. In dem Verbund haben sich insgesamt 15 universitäre Krebszentren zusammengeschlossen.

Wie die Kölner Universitätsklinik am heutigen Mittwoch bekannt gab, beträgt die genaue Fördersumme 2,94 Millionen Euro. Die Deutsche Krebshilfe unterstützt damit die universitären Krebszentren, darunter auch alle 13 bundesweiten onkologischen Spitzenzentren in ihrem Vorhaben alle Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem Lungenkrebs bei deren Zugang zu molekularer Diagnostik und innovativen Therapien. Das Verbundprojekt startete am 1. April dieses Jahres.

Das nNGM ist eine Weiterentwicklung des regionalen Netzwerkes NGM, das im Centrum für Integrierte Onkologie (CIO) an der Kölner Uniklinik angesiedelt ist und sich seit 2010 erfolgreich für die Implementierung personalisierter Therapien in der Routineversorgung von Patienten mit Lungenkrebs einsetzt. Ziel des bundesweiten Netzwerkes ist es, den schwer kranken Patienten Zugang zu modernster molekularer Diagnostik und neuesten Therapien zu ermöglichen – auch im Rahmen klinischer Studien.

Therapien werden immer maßgeschneiderter

Lungenkrebs gehört weltweit zu den häufigsten Krebserkrankungen und ist die häufigste Todesursache. Über viele Jahre hinweg wurden die Betroffenen mit Chemotherapien und Bestrahlungen behandelt, inzwischen gibt es dank neuer Erkenntnisse im Bereich der genomischen Forschung zunehmend individualisierte Therapien, die jedoch umfassende, molekulare Untersuchungen voraussetzen. Hierauf basierend können dann bei einem Teil der Patienten sogenannte Treibermutationen gezielt angegangen werden.

Aber auch für die Immuntherapie werden zunehmend prädiktive molekulare Marker charakterisiert, die einen gezielteren Einsatz dieser neuen Therapieform ermöglicht. Bei der häufigen Form des nicht-kleinzelligen Lungenkrebs (NSCLC) existieren mittlerweile für rund ein Viertel der Patienten in inoperablen Tumorstadien zielgerichtete Therapien – hochgerechnet für Deutschland entspricht dies mehr als 7000 Patienten, die von diesen Therapien profitieren könnten.

„Durch eine konsequente Diagnostik der molekularen Veränderungen und der Therapie mit den entsprechenden Inhibitoren können wir bei vielen Patienten im fortgeschrittenen Stadium ein um Jahre verlängertes Überleben erreichen. Wir müssen diese komplexen Innovationen deshalb schnell zu den Patienten bringen und dafür brauchen wir überall in Deutschland kompetente Brückenköpfe“, so nNGM-Sprecher Prof. Jürgen Wolf, Ärztlicher Leiter des CIO an der Uniklinik Köln, und zusammen mit Prof. Dr. Reinhard Büttner, Direktor der Pathologie an der Uniklinik Köln, Gründer und Sprecher von NGM. Beide bilden mit Prof. Dr. Christof von Kalle, Direktor des Nationalen Tumorcentrums und Leiter der Abteilung für Translationale Onkologie am DKFZ in Heidelberg, das Koordinationsteam des neuen Nationalen Netzwerkes Genomische Medizin.

Bessere Versorgung von Tumorpatienten auch außerhalb der großen Zentren

Bei den richtigen Patienten angewendet sind die neuen Therapien der Chemotherapie hinsichtlich Tumorkontrolle, Verträglichkeit, progressionsfreiem Überleben und Gesamtüberleben deutlich überlegen. Für Nicht-Lungenkrebsspezialisten sind Therapiemöglichkeiten beim Lungenkrebs aber unübersichtlich und ihre Zahl steigt stetig: Aktuell stehen – je nach genomischem Profil des Tumors – für einen Teil der Patienten bereits zugelassene Medikamente zur Verfügung, für einen weiteren Teil kommen Off-Label-Therapien zum Einsatz (also Medikamente, die zwar zugelassen sind, allerdings für andere Indikationen). Weitere Möglichkeiten sind personalisierte Therapien im Rahmen klinischer Studien. Und für Erkrankungen ohne Treibermutationen drängen die Immuncheckpoint-Inhibitoren in die klinische Anwendung. „Wir werden künftig auch immer häufiger prädiktive diagnostische Verfahren wie zum Beispiel Genmutationssignaturen anwenden, um bereits vor Verabreichung einschätzen zu können, bei wem die Substanzen besonders gut wirken“, so Büttner.

Die universitären Spitzenzentren sollen im Rahmen des Verbundprojekts regionale Netzwerke mit dem Ziel des Know-How-Transfers aufbauen und so die Kliniken und Praxen einbeziehen, in denen die Betroffenen behandelt werden. Die Verbundpartner führen hier – bundesweit harmonisiert – molekulare Multiplex-Diagnostik durch und beraten die Kooperationspartner bezüglich der therapeutischen Relevanz der Ergebnisse. Die Behandlung der Patienten soll dabei möglichst heimatnah, also bei den Kooperationspartnern, stattfinden. „Vorrangiges Ziel von nNGM ist die Verbesserung der Versorgung Betroffener mit innovativen, besser wirksamen und weniger toxischen Medikamenten und damit letztlich die Verlängerung der Überlebenszeiten von Patienten mit Lungenkrebs“, fasst Kalle zusammen.

Die knapp drei Millionen Euro sollen als Anschubfinanzierung für die molekulare Diagnostik, der Etablierung und Koordinierung regionaler Netzwerke, dem Datenmanagement sowie der Qualitätssicherung der NGS-basierten zugute kommen. Krankenkassen und der medizinische Dienst der Kassen sind im Beirat des Verbunds vertreten, um die Überführung der diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen in die Regelversorgung zu begleiten. Das Projekt nNGM soll außerdem Strukturen zur Implementierung und Weiterentwicklung personalisierter Krebstherapien in Deutschland beispielhaft etablieren, um diese später auf andere Krebserkrankungen übertragen zu können.

Autor: Bernd F. Löscher
Foto: Das Leitungsgremium des neuen Nationalen Netzwerkes Genomische Medizin: (v.l.) Sprecher Prof. Dr. Jürgen Wolf, Ärztlicher Leiter CIO/Uniklinik Köln, Prof. Dr. Christof von Kalle, Direktor Nationalen Tumorcentrums und Leiter Abteilung für Translationale Onkologie/DKFZ Heidelberg, und Prof. Dr. Reinhard Büttner, Direktor Pathologie/Uniklinik Köln