Köln | Eine Forschergruppe des in Köln ansässigen Max-Planck-Instituts für die Biologie des Alterns hat eine bahnbrechende Entdeckung gemacht. Sie identifizierten eine neue Aminosäure, die für die Proteinmodifikation eine wichtige Rolle spielt.

Wie das Institut am gestrigen Donnerstag meldete, wirkt die neue Aminosäure namens Serin wie eine Art Alarmleuchte, die in Proteinen den Ort markiert, an dem die Hilfe benötigt wird. Mehr als ein halbes Jahrhundert glaubten Wissenchaftler, dass der Prozess der ADP-Ribosylierung immer nach dem gleichen Muster abläuft. ADPr ist eine spezielle Proteinmodifikation, die in jeder Körperzelle auftritt und für nahezu alle biologischen Prozesse essentiell ist.

Glutamat, Aspartat, Arginin und Lysin, so hießen die Aminosäuren, die in der Vergangenheit für den Prozess der ADP-Ribosylierung identifiziert waren. Nun tritt eine fünfte Aminosäure hinzu. Allerdings stellte sich die funktionale Charakterisierung dieser Modifikationsstellen als extrem langsam heraus. „Wir kennen dafür nun den Grund. Die meisten Modifikationsstellen wurden falsch identifiziert“ sagt Orsolya Leidecker, eine Wissenschaftlerin der Arbeitsgruppe Ivan Matić vom Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns. Mit Hilfe einer neuartigen Methode, konnten die Forscher aus Köln nun die Aminosäure Serin als Hauptangriffspunkt der Modifizierung definieren. Serin war aufgrund seiner chemischen Struktur als Angriffspunkt nie in Frage gekommen. Umso erstaunlicher ist die Entdeckung.

Altes Paradigma wird ausgeräumt

Mit ihrer Entdeckung räumen die Kölner Wissenschaftler mit einem alten Paradigma auf. „Es ist ein wenig vergleichbar mit der Entdeckung der DNA. Jahrzehntelang wusste man, dass die genetische Information irgendwo gespeichert sein muss, aber man musste nicht wie und wo. Ähnlich langsam hat sich das Feld der ADP Ribosylierung entwickelt, da man nicht genau sagen konnte, an welche Aminosäure die ADP Ribosylierung tatsächlich angefügt wird. Jetzt endlich wissen wir exakt, wo diese Information sitzt“, erklärt Forschungsgruppenleiter Dr. Ivan Matić.

Zusätzlich haben die Forscher der Matić-Gruppe zusammen mit ihren Kollaborateuren in Oxford eine einfache Methode entwickelt zur Validierung von Serin-ADP-ribosylierten Stellen in Zellen. „Jeder Forscher in einem Labor kann das Experiment durchführen und untersuchen, ob die Modifikation seines Proteins auf Serin erfolgt“, sagt Leidecker, die einen Großteil zu der Arbeit beigetragen hat. Auch das Kölner Exzellenzcluster CECAD war an der Forschungsarbeit beteiligt

Tatsächlich ist die Identifikation der korrekten Position von ADPr meistens nur der Anfang. Die Wissenschaftler können anschließend den Einfluss von ADPr auf Proteine untersuchen, ihre Funktionsweise verstehen und Strategien entwickeln, um diese Modifikation als Ziel für die Medikamentenentwicklung zu nutzen. Prozesse anzugreifen, die von ADPr reguliert werden, ist bereits eine viel versprechende Taktik bei der Behandlung von Krebs und akuten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, so der mögliche, praktische Nutzen für Patientinnen und Patienten. Beide Erkrankungsarten sind die häufigsten Todesursachen, nicht nur in Deutschland.

Die Originalpublikation lautet: Luca Palazzo, Orsolya Leidecker, Evgeniia Prokhorova, Helen Dauben, Ivan Matić, Ivan Ahel: Serine is the major residue for ADP-ribosylation upon DNA damage, eLife 2018;7:e34334.

Autor: bfl
Foto: v.r.n.l.: Orsolya Leidecker und Ivan Matić haben Bahnbrechendes entdeckt.  Bild: MPIBA