Köln | Annette Imhoff leitet mit ihrem Mann das Schokoladenmuseum. Im Interview spricht sie über die Folgen für das gerade neu gestaltete Haus und über das Leben mit der Familie zu Hause.

Wie erleben Sie gerade Ihre Stadt?

Annette Imhoff: Das Leben ist im Moment sehr reduziert und konzentriert sich um den Heimathafen herum. Es sind deutlich weniger Menschen unterwegs und die Straßen sind extrem leer. Zu Menschen außerhalb der Familie hat man aktuell eigentlich nur noch per Telefon Kontakt.

Welche Folgen hat die Corona-Krise für das Schokoladenmuseum?

Imhoff: Wir hatten über Karneval geschlossen und haben die Zeit genutzt, um größere Umbauten im Museum vorzunehmen und so dieses neu zu gestalten. Eigentlich war jetzt gerade die Wiederöffnung geplant. Alles ist fertig und wunderschön geworden. Zeigen können wir es wegen der behördlichen Anordnungen für Museen derzeit aber leider niemanden. Der Großteil der Mitarbeiter ist derzeit in Kurzarbeit, nur wenige sind für Restarbeiten noch vor Ort. Aktuell haben wir keine Einnahmen mehr. Wir haben nie Zuschüsse bekommen und hatten das auch nie nötig. Jetzt sind wir auf uns alleine gestellt und müssen sehen, wann es wieder weitergeht. Es stellt sich auch die Frage, wie sich das Freizeitverhalten der Menschen ändern wird und wie viel die Menschen künftig reisen. Etwa 45 Prozent unserer Besucher kommt aus dem Ausland und weitere 30 Prozent kommen aus einem Umfeld von mehr als 100 Kilometern zu uns. Nur 25 Prozent stammen aus der näheren Umgebung. Man weiß nicht, wann die ersten Grenzen wieder aufgehen werden und wann auch die ersten Schulklassen aus NRW wieder ins Haus kommen.

Gibt es ein virtuelles Angebot des Schokoladenmuseums?

Imhoff: Nein, bislang gibt es das nicht. Es finden sich viele Informationen auf unserer Homepage, ansonsten wollen wir, dass die Menschen das Museum vor Ort erleben können.

Wie nutzen Sie jetzt die Zeit?

Imhoff: Natürlich denken wir immer darüber nach, wie man bestehende Angebote verbessern oder neue Angebote schaffen kann. Das fällt aber in einer Situation, in der keiner sagen kann, wann und wie es weitergeht sehr schwer und kostet sehr viel Kraft.

Wie sieht Ihr Alltag derzeit aus?

Imhoff: Mein Mann und ich sind regelmäßig vor Ort und schauen nach dem Rechten. Natürlich versuchen auch wir, den direkten Kontakt zu anderen Menschen im Museum zu vermeiden und halten Abstand. Unsere Mitarbeiter kommen deshalb auch einzeln auf verschiedene Tage verteilt. Ansonsten ist es extrem ruhig geworden, weil sehr viele Aufgaben jetzt entfallen. So haben wir unsere Nachhaltigkeitstagung Ende Mai abgesagt, weil hier sehr viele internationale Gäste gekommen wären. Die Vorbereitungen dazu waren immer sehr aufwendig, das entfällt jetzt. Es fällt schwer, die von außen verordnete Ruhe anzunehmen. Man fühlt sich wie in einen unfreiwilligen Winterschlaf versetzt. Aber es gibt aktuell keine Alternative dazu. Aber ich bin mir sicher, wenn es absehbar ist, dass es wieder losgeht, wird alles sehr schnell wieder anlaufen.

Was macht Ihnen Hoffnung und was Sorge?

Imhoff: Ich bewundere, wie wandlungsfähig die Menschen in der Krise sind und dass sie sich an die aktuellen Auflagen halten. Man hält Abstand und ist trotzdem sehr freundlich zu anderen Menschen. Die Belastung durch die aktuelle Situation ist trotzdem sehr groß und von vielen Unsicherheiten geprägt. Ich bewundere auch die Menschen, die gerade an der vordersten Front arbeiten, wie die Ärzte und das Pflegepersonal. Es ist nicht einfach, mit den Schicksalen in den Krankenhäusern umzugehen, die das Virus mit sich bringt. Und ich bin mir bewusst, dass für viele Menschen wie Freiberufler, Künstler oder Gastronomen die Krise akut die Existenz bedroht. Viele wissen nicht, wie sie die Situation überstehen sollen.

Wie wird sich unsere Gesellschaft verändern?

Imhoff: Ich frage mich, wie sich die Begegnung von Menschen nach der Krise verändern wird. Wird man Nähe wieder zulassen, sich umarmen und küssen, oder wird man auch weiter Abstand halten. Toll finde ich die Hilfsbereitschaft der Menschen untereinander, es wäre schön, wenn es das auch nach der Krise noch geben könnte. Überdenken wird man sicher die Globalisierung und hier auch die globalen Lieferketten.

Wie gehen Sie mit der Krise im Alltag um?

Imhoff: Es ist wichtig, den Alltag mit seinen Strukturen jetzt zu Hause aufrechtzuerhalten. Dazu gehören Arbeiten und Freizeit, der Sport und auch, dass dreimal am Tag das Essen für die Familie auf den Tisch kommt. Normalerweise sind bei uns in der Familie alle an verschiedenen Orten unterwegs. Jetzt sind wir alle an einem Ort und man merkt trotzdem deutlich, dass es kein Urlaub ist. Insgesamt sind wir aber privilegiert – wir haben zu Hause viel Platz und verstehen uns gut.

Welchen Tipp haben Sie für unsere Leser für die Zwangspause zu Hause?

Imhoff: Man kann die Zeit nutzen, um Dinge zu machen, für die sonst keine Zeit da ist. Ich frische aktuell mit einer Sprach-App meine Französisch-Kenntnisse auf, höre Podcasts und lese sehr viel. Dazu mache ich regelmäßig Sport und am Wochenende haben wir erstmals Nudeln selbst gemacht und waren erstaunt, wie toll die schmecken.

Autor: Von Stephan Eppinger