Köln | Mit 130 Grad und 10 Bar Druck schießt das heiße Wasser durch die Fernwärmeleitung an der Mülheimer Freiheit, wenn im Herbst alles fertig ist. Es kommt aus dem Kraftwerk Niehl III, unterquert den Rhein und bindet das rechtsrheinische Köln an. Die erste Leitung führt in das Rheingymnasium und soll dort ab der Heizperiode in diesem Jahr für eine wohlig warme Lernatmosphäre sorgen. Bei der für die Schule zuständigen Gebäudewirtschaft der Stadt Köln findet Astrid Schüßler diese Lösung gut, denn sie verringert die Kosten für Wartung und Instandhaltung.

An der Mülheimer Freiheit wird viel gebaggert und die Bagger fressen sich weiter in Richtung Düsseldorfer Straße. Insgesamt neun Kilometer Fernwärmeleitung wird die Rheinenergie im rechtsrheinischen Köln bis 2019 verbuddeln, davon rund 4,5 Kilometer im nördlichen Stadtteil. Die eine Leitung führt dann nördlich in die Düsseldorfer Straße und vom dortigen Abzweiger wird das Gebiet Keupstraße und Schanzenstraße bis zur Mündelstraße vernetzt. Dort wird das evangelische Altenheim mit Fernwärme versorgt werden.

Anbindung über Kohlenkeller

Das Rheingymnasium in der heutigen Düsseldorfer Straße in Köln-Mülheim blickt auf eine lange Historie zurück, die bis ins Jahr 1830 reicht. Im Krieg zerstört, wurde es in der Düsseldorfer Straße als viertem Standort des Rheingymnasiums aufgebaut und da man damals noch mit Kohlen heizte, hat das Haus einen Kohlenschacht und Kohlenkeller. Und hier schließt sich heute der Kreis. Denn die neue Fernwärmeleitung nutzt den alten Kohlenschacht um in Zukunft die Wärme ins Gebäude zu bringen. Nur das heute keiner mehr Klütten schleppen muss. Dort sind die an der Mülheimer Freiheit noch 30 cm dicken Rohre dann allerdings nur noch 10 cm im Durchmesser, aber Hitze und Druck bleiben erhalten. Jetzt muss aber niemand glauben, dass in Zukunft Spiegeleier auf den Heizkörpern des Rheingymnasiums gebraten werden können, ob der enormen Temperaturen. Im Keller sorgt ein Wärmetauscher für den Ausgleich an die vorhandene Wärmeinfrastruktur. Dies bedeutet, dass der eigene Heizkessel der Schule abgebaut, aber die Heizkörper weiter verwendet werden.

Fernwärme plus Kompaktanlage

Astrid Schüßler von der Gebäudewirtschaft freut sich besonders darauf, dass die Heizkessel wegkommen. Denn die bedeuten Wartungsaufwand und können im Winter auch einmal ausfallen und dann sitzen die kölschen Pänz im Kalten, die Eltern und die Öffentlichkeit sind empört. Kompaktanlagen bei Fernwärme sind dagegen wartungsfrei und dass ein Kraftwerk von der Größe Niehl III ausfällt, dürfte eher unwahrscheinlich sein. Alle Häuser, also die von Privatleuten ebenso, können an die neuen Fernwärmeleitungen angeschlossen werden. Hier will die Rheinenergie in den nächsten Monaten die Hausbesitzer aktiv anschreiben. Denn für Hausbesitzer ist die Fernwärme eine Alternative, wenn etwa ein neuer Heizkessel oder Therme installiert werden muss. In der Kölner Innenstadt etwa wird 70 Prozent des Wärmebedarfs schon über Fernwärme gedeckt.

Bei der Neuplanung müssen Hausbesitzer aktuell mit rund 5.000-7.000 Euro Anschlusskosten plus Kosten für die Kompaktanlage, also den Wärmetauscher rechnen. Den Anschluss baut die Rheinenergie, die Kompaktanlage und den Anschluss an die hauseigene Infrastruktur erledigt der ortsansässige Handwerksbetrieb. Billiger wird allerdings die Lieferung der Wärme nicht, als etwa Öl oder Gas. Aber man heizt damit – gerade vor der Diskussion von Feinstaubbelastungen in den Innenstädten – sauberer, so die Rheinenergie. Die Abgase die entstehen, werden in der Großanlage gefiltert und gereinigt und eben nicht mehr durch den eigenen Kamin gepustet. Auch der Kamin wird beim Anschluss an das Fernwärmenetz nicht mehr benötigt und kann anderweitig, etwa für die Digitalisierung im eigenen Haus genutzt werden.

Baumaßnahmen bis 2019

Die Baumaßnahmen in Mülheim werden für die insgesamt geplanten neun Kilometer Länge des neuen Fernwärmenetzes bis 2019 dauern. Ein Meter Fernwärmeleitung kostet übrigens 1.500 Euro. Bis 2019 wird der Bereich Schanzenstraße und Keupstraße angebunden. Dazu muss die Leitung auch den Clevischen Ring queren. Wie sei noch nicht ganz klar, sagt die Rheinenergie, ob oberirdisch oder durch eine Tunnellösung.

Autor: Andi Goral
Foto: Ein Arbeiter fertigt eine Schweißnaht an der Fernwärmeleitung in der Düsseldorfer Straße