Köln | Die Häfen und Güterverkehr Köln AG ist ein kommunales Unternehmen in Köln. Jetzt will, vorbehaltlich kommunaler Zustimmung, südafrikanischer Aktionäre und europäischer Aufsichtsbehörden, die HGK die Binnenschifffahrts-Aktivitäten der Imperial Logistics International B.V. & Co. KG (ILI) übernehmen. Es steht ein Kaufpreis/Enterprise Value von 225 Millionen Euro im Raum. Dies stößt in Köln nicht nur auf Zustimmung.

Die Kölner Hafengesellschaft HGK nimmt sich viel vor. Sie will die europäischen Binnenschifffahrtsaktivitäten der Shipping Group der in Südafrika börsennotierten Muttergesellschaft Imperial Logistics Limited (IPL) übernehmen. Dazu gehöre nicht das ILI-Binnenschifffahrtsgeschäft in Südamerika, so die HGK. Und die hat es eilig: Der Verkauf soll zum 30. Juni 2020 abgeschlossen werden. Davor müssen noch die IPL-Gesellschafter in Südafrika zustimmen und die EU-Kommission muss den Kauf kartellrechtlich genehmigen. Der Rat der Stadt Köln, der Kreistag des Rhein-Erft-Kreises und die Bezirksregierung Köln müssen ebenfalls noch ein positives Votum abgeben.

Die HGK erklärt ihr Investment

Die HGK sieht in dem Investment eine „optimale Ergänzung ihres operativen Beteiligungsportfolios für Logistik und Güterverkehrsleistungen“. Man baue so den Bereich Binnenschifffahrt aus und setze auf Chemie- und Gasschifffahrt, die die HGK als Wachstumssegmente definiert. Zudem schreibt die HGK, dass sie mit dem Erwerb „signifikant“ ihre Präsenz in den Seehäfen der „ZARA-Range“ (Zeebrugge, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam) erhöhe.

Setzt die HGK auf den Wachstumsmarkt „LNG“?

Interessant ist, dass die HGK die Gasschifffahrt als Wachstumsmarkt sieht und die „ZARA-Range“ hervorhebt. Nachrichten und Meldungen rund um „LNG“ melden einen Anstieg beim Umschlag mit verflüssigtem Erdgas in den Seehäfen der „ZARA-Range“. Was ist „LNG“? Es ist das Endprodukt Liquified Natural Gas. In den USA wird das Gas unter anderem durch Fracking gewonnen. Die Zahl der „LNG“-Tanker aus den USA, die Europa ansteuern steigt. In Rotterdam machten 2018 vier „LNG“-Supertanker aus den USA fest und bereits im ersten Halbjahr 2019 waren es doppelt so viele. In Zeebrugge legte der Umschlag von verflüssigtem Erdgas („LNG“) im ersten Quartal 2020 stark zu. Der dortige „LNG“-Terminalbetreiber „Fluxys“ meldete alleine in den ersten drei Monaten 72 Verladevorgänge. Dabei kommt hier das Erdgas mit großen eisbrechenden Tankern aus dem russischen Jamal, wo der Gaskonzern „Novatek“ die größte „LNG“-Anlage Russlands baute, und wird meist auf konventionelle Schiffe umgeladen.

Ist das Thema „LNG“ für die HGK relevant?

Am 23. Mai 2019 meldete das Magazin „binnenschifffahrt-online.de“, dass Köln im Hafen Niehl die erste europäische Festbunkerstation durch die Firma PitPoint.LNG für verflüssigtes Erdgas, also „LNG“ erhalte. Damit sollen in Zukunft Binnenschiffe sauberer als mit Diesel angetrieben werden. Es handelt sich also um eine „LNG“-Tankstelle für Binnenschiffe im vom Tochterunternehmen Rheincargo der HGK betriebenen Hafen Niehl und zeigt, dass „LNG“ zumindest an dieser Stelle ein Thema für die HGK ist.

Gerade das Thema „LNG“ sollte der Rat der Stadt Köln, bevor er dem Deal zustimmt, genau unter die Lupe nehmen und hinterfragen. Waren es doch gerade die Bundes-Grünen, die besonders scharfe Kritik an den Plänen, um ein „LNG“-Terminal in deutschen Seehäfen, die Bundeswirtschaftsminister Altmeier 2019 anstieß, übten.

HGK sieht Investition passend zu einem kommunalen Unternehmen

Die HGK teilte mit, dass diese Investition gut zu den strategischen Vorgaben passe, die die Gesellschafter vorgaben. Gesellschafter sind die Stadtwerke Köln, die Stadt Köln und der Rhein-Erft-Kreis. Uwe Wedig, Vorstandsvorsitzender der HGK, wird in einer Mitteilung des Unternehmens schriftlich zitiert: „Wir bekommen mit der Shipping Group ein hervorragend geführtes und wirtschaftlich erfolgreiches Unternehmen in unser Portfolio und sind überzeugt, dass der Erwerb durch die HGK für die Kunden, die Mitarbeiter und nicht zuletzt die Gesellschafter Vorteile
mit sich bringt. Der Markt kennt uns als verlässlichen Partner in der Güterlogistik, diese Expertise wollen wir weiter ausbauen.“

Kritik aus der Kölner Politik und dem Kreistag Rhein-Erft

Der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Kölner Rat, Ralph Sterck, gab zum Vorhaben der HGK ein schriftliches Statement ab: „Es kann ordnungspolitische nicht Aufgabe einer Tochter des Kölner Stadtwerkekonzerns sein, größter Binnenschiffer auf dem Rhein zu sein. Das geht über die Darseinsvorsorge, auf die sich die wirtschaftlichen Aktivitäten der Stadt beschränken sollten, weit hinaus. Doch schlimmer noch. Der Vertragsabschluss kommt absolut zur Unzeit. Keiner weiß, wie es nach der Corona-Krise bei der Stadt und im Stadtwerkekonzern im Haushalt aussieht. Werden die hier nun gebunden Gelder anderswo gebraucht? Deshalb ist der Kauf finanzpolitisch riskant. Und auch kaufmännisch wird ein hohes Risiko eingegangen, denn nach der Corona-Krise könnten die gekauften Unternehmen wesentlich weniger wert sein. Daher wird die FDP-Fraktion die entsprechende Verwaltungsvorlage im Rat und den beteiligten Ausschüssen ablehnen.“

Auch die Linke im Kölner Rat und im Rhein-Erft-Kreis äußerten sich zum Vorhaben der HGK.

Jörg Detjen, Fraktionsvorsitzender der Linken im Kölner Rat: „Köln braucht jetzt in der Pandemie ein gemeinsames Investitionsprogramm von Stadt und Stadtwerken, um neue und wichtige Wertschöpfungsketten zu erhalten und zu schaffen. Dazu brauchen wir alle Ressourcen und viele finanzielle Mittel. Jetzt einen dreistelligen Millionen-Betrag in eine Binnenschifffahrtsgesellschaft zu investieren, ist fahrlässig und stärkt nicht die Sicherung von öffentlichen Gütern, sondern ist reines Profitstreben. Kommunale Unternehmen agieren für die Menschen in der Region und sind keine Globalplayer. Die Stadtwerke haben genügend Aufgaben, die vor der Haustür liegen, zum Beispiel den Klimaschutz. Hier muss viel Geld in die Hand genommen werden. Ich wundere mich, dass CDU und Grüne ihrer eigenen Oberbürgermeisterin und ihrer Kämmerin in den Rücken fallen.“

Der Vorsitzende der Kreistagsfraktion Rhein-Erft der Linken, Hans Decruppe, erklärt schriftlich: „Der Kauf der Binnenschifffahrtsgesellschaft durch die HGK steht nicht im Einklang mit der Kommunalverfassung NRW. Das Geschäft hat mit kommunaler Daseinsvorsorge nichts zu tun und ist daher durch § 107 Gemeindeordnung NRW nicht gedeckt. Die Kreistagsfraktion Rhein-Erft wird alle aufsichtsrechtlichen und gerichtlichen Mittel nutzen, um den Kauf für rechtsungültig zu erklären.“

Autor: Von Redaktion