Kölner Unternehmen Ruma entwickelt weltweit erste Medizin-App mit Blockchain-Technologie

Köln | Schwierige Zeiten wie die Corona-Krise mit ihrem Shutdown bringen ganz neue Herausforderung mit sich. Das gilt zum Beispiel für die Arztbesuche vor Ort – die während einer Pandemie bei den Patienten Bedenken wegen des Infektionsrisikos hervorrufen. Davon sind auch die 79.700 Patienten in Deutschland betroffen, die als Suchtkranke im Rahmen ihrer Substitutionstherapie ein Ersatzmittel wie Methadon erhalten.

In diesem Prozess sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen vorgeschrieben, bei denen überprüft wird, ob diese wirklich das Ersatzmittel einnehmen. Nachgewiesen wird das mit einer Urinprobe. Schon in regulären Zeiten muss hier viel Aufwand betrieben werden, um mögliche Manipulationsversuche abzuwehren. Dazu kommt oft auch das Problem beim Urinieren mit Sichtkontrolle. In Corona-Zeiten gestaltet sich ein Besuch der Patienten vor Ort noch deutlich schwieriger. Oft ist es unmöglich, diesen überhaupt noch anzubieten.

Eine Lösung hat das Kölner Unternehmen Ruma bereits vor 16 Jahren mit Pillen entwickelt, die über einen Markerstoff verfügen. Jeder hat eine einzigartige pharmakologische Zusammensetzung und wird beim Verpacken entsprechend codiert. Er befindet sich in einem geschlossenen Zyklus, das heißt, der Arzt scannt den Code ein, wenn er den Marker bekommt und wiederholt den Vorgang, wenn er die Pille dem Patienten aushändigt. Bevor dieser eine Urinprobe abgibt, nimmt er den Marker ein, sodass die Probe, mit diesem versehen einzigartig wird. Nachweisbar ist der Marker frühestens ab 40 Minuten nach der Einnahme, nach 24 Stunden gibt es von diesem keine Rückstände mehr im Körper. Wird die Probe dem Labor übergeben, kann man dort vor Ort überprüfen, ob der Urin wirklich vom Patienten stammt. Die entsprechenden Daten zum Marker werden vom Arzt dem Labor übermittelt.

Inzwischen hat Ruma eine spezielle Medizin-App entwickelt, die die manipulationssichere Abgabe der Urinprobe auch von zu Hause sicherstellt. Wirklich sicher ist diese Prozesskette (von der Produktion bis zum Laborwert) durch die hinterlegte Blockchain. Dazu scannen die Patienten die mit Sicherheitsmerkmalen ausgestattete Verpackung des Markers, filmen mit dem Smartphone die Einnahme der Kapsel, übermitteln das Video zur Prüfung an die betreuende Arztpraxis und versenden die nach einer Wartezeit von 40 Minuten selbst entnommene Urinprobe ans Labor.

So bindet das System Patienten aktiv in den Therapieprozess ein, in einer Sprechstunde, die keinen Termin mehr braucht. Damit entfällt die Abhängigkeit von Praxisöffnungszeiten. „Die so entstandenen Freiräume begünstigen die Wiedereingliederung in Erwerbstätigkeit und in das soziale Leben. Den Praxen selbst wird über die App viel Zeit und Aufwand erspart“, sagt Dr. Manfred Nowak, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in Landau. Die App selbst ist zweigeteilt in eine Praxis- und eine Patienten-App. Sie kann einfach aus dem Internet heruntergeladen werden, funktioniert aber erst nach persönlicher Anmeldung.

„Das besondere an der App ist, dass diese als erste Medizin-App weltweit mit der Blockchain-Technologie ausgestattet ist, was einen geschützten und fälschungssicheren Datentransfer garantiert. Das ist Datenschutz auf höchstem Niveau. Die Blockchain- Technologie ist die größte Erfindung nach der des Internets“, sagt Geschäftsführerin Monika Wetzke. Der Hintergrund und das Vorbild der Blockchain-Technologie ist das mittelalterliche Kerbholz. Damals wurde ein Holz mit Kerben versehen und dann längs gespalten. So hatte jeder der Geschäftspartner ein Unikat, das später durch das Zusammenfügen der Hälften überprüft werden konnte.

„Die Anwendung unserer Technologie beschränkt sich nicht nur auf den Bereich der Suchtkranken, der hunderttausende Patienten umfasst. Sollte es in einem Land jetzt bei der Corona-Pandemie zu einer Impfpflicht kommen, bei der der Impfstoff als Pille vorliegt, könnte unser Marker zum Einsatz kommen, wenn man überprüfen will, ob der Impfstoff vom Patienten auch wirklich genommen ist. Ein anderes Einsatzgebiet wäre zum Beispiel auch im Leistungssport denkbar“, sagt Wetzke, die national und international bereits mehr als 600 Kunden betreut.

Während Rumas Urin-Marker-System schon Eingang in Gesetzgebung, Verwaltungsvorschriften und die Empfehlungen nationaler und internationaler Organisationen gefunden hat, befindet sich die dazugehörige zertifizierte neue Medizin-App gerade in der finalen Testphase. Getestet wird sowohl in Finnland als auch in Deutschland. „Wir rechnen damit, dass diese in drei bis vier Monaten hierzulande an den Start gehen kann“, sagt Wetzke, die die neue digitale Technologie genauso wie das konkurrenzlose Markerverfahren zum Patent angemeldet hat.

Autor: Von Stephan Eppinger