Köln | Der stadtnahe Versorger Rheinenergie AG hat am heutigen Montag auf seiner Bilanz-Pressekonferenz die aktuellen Zahlen für das Geschäftsjahr 2017 vorgestellt. Rechnet man eine zehn Millionen Euro umfassende Gewinnrückstellung heraus, bleibt das Ergebnis nahezu auf Vorjahresniveau.

Auf seiner heutigen Vorstellung der Jahresbilanz ging es aber nicht nur um die reinen Geschäftszahlen. Auch die Herausforderungen durch den Klimawandel (Dekarbonisierung) sowie die durch den Strukturwandel in der Energiewirtschaft (Dezentralisierung und Digitalisierung) waren und sind in dem Unternehmen ein wichtiges Thema. Dr. Dieter Steinkamp, Vorsitzender des Vorstandes der Rheinenergie AG, sieht sein Unternehmen hier gut aufgestellt. Doch dies kein Grund, sich auf den Lorbeeren auszuruhen. „Der Umbau unseres Unternehmens ist bereits in vollem Gange“, so sein Eröffnungsstatement.

Die Kennzahlen selbst deuten auf ein gutes Geschäftsjahr hin. Vor allem die Rheinische Netzgesellschaft GmbH (RNG) hat im vergangenen Geschäftsjahr deutlich mehr abgesetzt als ein Jahr zuvor. Und so erhöhte sich der konsolidierte Umsatz der Stadtwerke-Beteiligungsgesellschaft um rund 300 Millionen auf 3,971 Milliarden Euro. Der Umsatz der Rheinenergie AG selbst blieb mit 2,438 Milliarden Euro nahezu konstant (Vorjahr: 2,457 Milliarden Euro).

Beim EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) gab es einen deutlichen Rückgang von 263 auf 226 Millionen, beim EBIT (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) einen von 187 auf 177 Millionen Euro. Der Abstand blieb auch beim Ergebnis vor und nach Ertragssteuern (156 bzw. 145 Millionen nach 164 bzw. 155 Millionen Euro im Jahr 2016 nahezu gleich. Nur auf dem Papier scheint die Investitionstätigkeit mit ausgewiesenen 91 Millionen Euro deutlich gesunken zu sein. Doch bei dieser Kennzahl fielen im Vorjahr mit 135 Millionen Euro vor allem zusätzliche Investionen in Finanzanlagen an, operativ blieb das Investitionsniveau auf Höhe des Vorjahres, führte Rheinenergie-Finanzvorstand Dieter Hassel aus.

Versorger auf dem Weg zum Allround-Energiedienstleister

Im Zuge der eingeleiteten „Energiewende“ hat auch die Rheinenergie AG reagiert. Denn die reinen Absatzmengen von Strom, Gas und Wärme stagnieren. Während der Stromabsatz der Rheinenergie an Direktkunden von 12,3 auf 12,7 Terrawattstunden anstieg, ging er beim Gasabsatz von 9,1 auf 8,2 TWh deutlich zurück. Auch bei Fernwärme, Dampf- und Contracting-Lösungen gab es kaum wesentliche Änderungen.

Ganz anders sieht das im Gesamtkonzern aus. Dank der erfolgreichen Vermarktung der Rheinischen Netzgesellschaft erhöhten sich hier die Absatzmengen deutlich. Beim Strom ergab das einen Anstieg von 25 auf 33,3 Milliarden Kilowattstunden, beim Gas einen von 53,9 auf rund 60 Milliarden KWh. Vor allem die RNG wird zunehmend als „kompetenter Partner“ für Unternehmen außerhalb des Kerngebiets betrachtet, berichtete Vorstandschef Steinkamp.

Weg von der Kohle – Investment in mehr Effizienz

Der Weg weg von der Kohle hin zu alternativen Energiequellen ist in vollem Gange. Allerdings müsse es jeweils von Mal zu Mal abgewogen werden, welche Einzelmaßnahmen anzuwenden sind. Moderne GuD-Kraftwerke wie der vor wenigen Jahren fertiggestellte Block Niehl III haben dank ihrer Effizienz sicher die besten Aussichten, noch sehr lange am Netz zu sein, zumal dieses Kraftwerk inzwischen seinen Betrieb bereits auf H-Gas (Erdgas) umgestellt hat. In anderen Bereichen werden Anlagen noch mit dem aus den Niederlanden stammenden L-Gas betrieben.

Dass dies der beste Weg sei, zeige eine Studie aus dem vergangenen Jahr, in der GuD-Kraftwerke mit hoher Effizienz gerade für Ballungsräume eine hohe Wirksamkeit aufweisen, auch hinsichtlich der Klimaschutzziele. „Dekarbonisierung bedeutet also nicht nur Kohleausstieg“, so Steinkamp weiter. Allerdings investiert die Rheinenergie auch weiterhin in alternative Energiequellen, wie jüngst in die Übernahme von drei Windparks der Prokon AG (2 in Schleswig-Holstein, ein weiterer in Rheinland-Pfalz). Von Offshore-Windparks aber lässt die Rheinenergie weiter die Finger, wie Steinkamp bestätigte.

Dabei setzt die Rheinenergie AG auch am Standort Köln auf dezentrale, aber effiziente Anlagen. So soll bereits Ende 2019 ein 30 MW starkes Blockheizkraftwerk (BHKW) das alte Heizkraftwerk Merheim ersetzen. Das Projekt mit dem Titel „Fernwärmeinsel Merheim“ konnte erst Ende vergangenen Jahres angegangen werden, da die Rheinenergie erst zu diesem Zeitpunkt den Zuschlag erhielt.

Netze von überragender Bedeutung

Einen besonderen Fokus legt der Rheinenergie-Vorstand auf die Versorgungsqualität und die liegt maßgeblich an der Infrastruktur. In Sachen Ausfalldauer liegt das stadtnahe Unternehmen in seinem Versorgungsgebiet sogar besser als im bundesweiten Durchschnitt. Statt bundesweit zwölf bis 16 Minuten Ausfalldauer pro Kunde und Jahr, sind es in Köln lediglich zehn bis zwölf. Um diese Qualität zu sichern, muss die Infrastruktur erneuert werden, schließlich stammen viele Leitungen noch aus der Nachkriegszeit.

740 der insgesamt rund 16.500 Netzkilometer sollen in den kommenden Jahren erneuert werden. Mehr als 90 Prozent der Leitungen liegen inzwischen unter der Erde. Neben der Sicherung der Infrastruktur müssen die Netze zudem „intellent“ gemacht werden. Digitale Optimierung nennt das Rheinenergie-Netzvorstand Dr. Andreas Cerbe. „Dezentrale Einspeisungen, unterschiedliche Richtungen der Lastflüsse, Speicher- und Elektromobilitätsanforderungen sind die Stichworte dazu.“

Optimierte Leitungen haben noch einen anderen Vorteil. Wenn irgendwann in ferner Zukunft der Anteil fossiler Energieträger an der bereitgestellten Energiemenge absinkt, sind die Leitungen – insbesondere für Fernwärme und Gas – immer noch nutzbar. „Die vorhandenen Wärme-Infrastrukturen lassen sich Zug um Zug bei entsprechender Verfügbarkeit auch auf biogene oder synthetische Brennstoffe umstellen“, so Vorstandschef Steinkamp.

Digitalisierung soll schlanker und innovativer machen

Um auch in Zukunft konkurrenzfähig zu bleiben, müssen jedoch zwei Dinge miteinander beachtet werden. Auf der einen Seite führt die Digitalisierung zu einer Automatisierung bestimmter Arbeitsprozesse. Dies drückt sich aus in einem Programm zur Effizienzsteigerung, das bis 2025 weitere 465 Arbeitsplätze einsparen soll. Einen Einstellungsstopp wird es aber nicht geben, betonte Personalvorstand und Arbeitsdirektor Norbert Graefrath.

Auch gegenüber den Kunden bieten sich hier Möglichkeiten. So hat die Rheinergie erst vor wenigen Monaten mit der ebenfalls stadtnahen Wohnungsgesellschaft GAG Immobilien AG das Joint-Venture Cowelio ins Leben gerufen. Gemeinsam wolle man wohnungs- und energiewirtschaftliche Kompetenzen bündeln und für Dritte anbieten. Referenzprojekte in Köln gibt es genug, von der Stegerwald-Siedlung mit ihren 16 Wohnblöcken über weitere Wohnbauprojekte in Köln-Mülheim (Cologneo, Linkens-Areal) bis zum Deutzer Hafen.

Im Verbund mit anderen städtischen Tochtergesellschaften lassen sich zudem weitere Synergiepotenziale heben, so die Überzeugung der Verantwortlichen. Hinzu kommen neue Geschäftsfelder und Geschäftsmodelle wie die Entwicklung neuer Visualisierungen (3D-Leitungsnetze), neue Plattformen für Privat- und Gewerbekunden (z.B. ChargeCloud) oder die Marktentwicklung von Innovationen wie einer dualen Dachpfanne, ein Joint-Venture mit der Firma paXos. Dank eines doppelten integrierten Leitungsnetzes kann diese Dachpfanne sowohl Strom (Photovoltaik) wie auch Wärme (Solarthermie) produzieren. „Wir haben uns die Patentrechte daran gesichert und pilotieren einen neuen Test-Einsatz“, warb Rheinerngie-Vertriebsvorstand Achim Südmeier.

Aussichten für 2018

Zwar ist der Energieversorger dank kalter Temperaturen und des dadurch bedingten hohen Heizbedarfs planmäßig in das neue Geschäftsjahr gestartet. Doch schon im zweiten Quartal gingen die Temperaturen deutlich nach und mit ihnen der Energiebedarf nach unten. Er wiederholte seine Forderungen nach einer Novelle des KWK-Gesetzes. Dies sei vor allem vor dem Hintergrund notwendig, dass die „Energiewende“ nach einer INSM-Studie bis 2025 direkte Kosten in Höhe von 425 Milliarden Euro nach sich ziehen. Schon jetzt lägen die Kosten bei rund 200 Milliarden Euro (inkl. Netzausbau), ein Wert von 2.560 Euro brutto pro Stromkunde.

„Energie ist das Grundnahrungsmittel einer Hochtechnologie-Gesellschaft und muss sicher und bezahlbar bleiben. Ansonsten steht die Energiewende als sinnvolles Generationenziel, aber auch unsere Leistungsfähigkeit als Wirtschafts- und Industrienation auf dem Spiel“, so Steinkamp abschließend.

Autor: rk
Foto: Der Rheinenergie-Vorstand zeigte sich heute zufrieden mit den Geschäftszahlen. v.l.n.r.: Achim Südmeier, Norbert Greafrath, Dr. Andreas Cerbe, Dieter Hassel und Dr. Dieter Steinkamp.