Köln | aktualisiert | Hinlänglich bekannt ist der Kerosinsee von Wesseling. Volumen: 1 Million Liter Flugbenzin, verursacht durch den Mineralölkonzern Shell. Die Bezirksregierung Köln hat heute zu einem Gespräch geladen, wie es mit der Sanierung weitergeht. Am Ende wurden zwei weitere Leckagen in der Shell-Raffinerie Godorf bekannt. Konkrete Termine für nächste Schritte nennen weder Bezirksregierung, noch das Unternehmen Shell, gegenüber der Öffentlichkeit.

Bezirksregierung zweifelt ob Shell mit dem nötigen Nachdruck saniert

Es ist der zweite Termin, den die Bezirksregierung seit Februar anberaumt hat. „Leider besteht der Eindruck, dass die Fa. Shell bislang nicht mit dem notwendigen Nachdruck an der Beseitigung der eingetretenen Schäden gearbeitet hat. Auch müssen wir feststellen, dass das Unternehmen die Behörden und die Öffentlichkeit nicht immer zeitnah über neue Erkenntnisse unterrichtet hat“, resümiert Dr. Joachim Schwab, Leiter der für den Bereich Umwelt zuständigen Abteilung der Bezirksregierung Köln, Schwerpunkte des Gespräches. Nicht neu ist die Feststellung der Bezirksregierung Köln, dass Shell immer noch nicht die Größe des Kerosinsees bestimmt und mitgeteilt hat.

Zwei weitere Schadensfälle – Shell meldet zu spät

Shell teilte schriftlich mit, dass der Bezirksregierung mitgeteilt worden sei, dass auch an zwei Leitungen im Werk Godorf Produkte ausgetreten seien. Die beiden Fälle ereigneten sich nach Aussage des Unternehmens am 02.10.2012 und 10.10. 2012 im Werk Nord der Shellraffinerie in Köln Godorf. Einmal sollen 500 Liter Heizöl, gemischt mit Wasser, ausgetreten und abgesaugt worden sein und im anderen Fall 900 kg eines Produktes mit dem Namen „Heartcut“, einem hoch aromatenhaltigen Kohlenwasserstoffgemisch. Letzteren Vorfall hat das Unternehmen der Bezirksregierung allerdings erst am 5.10.2012 mitgeteilt. Die Behörde schreibt dazu: „Die verspätete Unterrichtung der Bezirksregierung hat die Fa. Shell im heutigen Aufsichtsgespräch nicht erklären können.“ Dazu muss man wissen, dass die Shell-Raffinerie-Standorte in Köln der Störfallverordnung unterliegen und nach dieser „unverzüglich“ die aufsichtführende Behörde, in diesem Fall die Bezirksregierung Köln zu unterrichten hat.

Während Shell von 900 kg spricht soll ein Gutachter den die Bezirksregierung Köln eingesetzt hat eine Austrittsmenge von 3.300 kg des Stoffes „Heartcut“ errechnet haben. Zu der Schadenshäufung an Rohrleitungen der Firma Shell erklärte Abteilungsdirektor Dr. Joachim Schwab der Bezirksregierung: „Wir haben bereits im August mit einer Sonderprüfung aller Rohrleitungen der Nord – und der Südtrasse begonnen und werden diese wegen der nunmehr aufgetretenen weiteren Fälle ausdehnen. Wir haben die Firma Shell heute aufgefordert, uns unverzüglich die Prüfberichte für alle Rohrleitungen mit wassergefährdenden Stoffen vorzulegen. Wir werden ferner nach Auswertung der Prüfberichte ein Nachrüstkonzept fordern, soweit dies notwendig sein sollte. Nur so kann sichergestellt werden, dass von Undichtigkeiten an Leitungen keine weiteren Gefährdungen für die Umwelt ausgehen“.

Tatsächliche Größe von Kerosinsee weiter unklar

Die Bezirksregierung resümiert zum Kerosinsee: „Das Unternehmen und die Gutachter legten in dem Aufsichtsgespräch dar, dass das an der unterirdischen Rohrleitung zwischen dem Werk Süd und dem dazugehörigen Tankfeld 311 im Februar 2012 ausgetretene Kerosin bisher noch in einer Entfernung von 175 m (Luftlinie) von der Leckagestelle in bestehenden Grundwassermessstellen gefunden werden konnte. Entgegen den ursprünglichen Annahmen des Gutachters hat sich der Kerosinsee damit deutlicher in Richtung Westen entwickelt. Aber bis heute ist Shell nicht in der Lage, abschließend zu erklären, wie groß der Kerosinsee tatsächlich ist.“

Es gäbe 20 Grundwassermessstellen, so das Amt. An 12 Messstellen sei Kerosin gefunden worden. Sechs der Stellen lägen außerhalb des bisherigen Sanierungsbrunnen. Daher fordere die Bezirksregierung weitere Sanierungsbrunnen. Diese seien schnellstmöglich einzurichten. Einen klar formulierten Termin nennt die Bezirksregierung allerdings gegenüber der Öffentlichkeit nicht. Sechs weitere Grundwassermessstellen und drei weitere Sanierungsbrunnen, soll Shell jetzt auf Anordnung der Bezirksregierung einrichten. Dazu Dr. Schwab von der Behörde: „Seit Februar 2012 ist dies bereits die 6. Ordnungsverfügung, die die Bezirksregierung gegenüber dem verantwortlichen Unternehmen erlassen musste, um zu gewährleisten, dass die erforderlichen Maßnahmen zeitig durchgeführt werden. Sie waren jeweils die Grundlage für den ersten Sanierungsbrunnen, die Dokumentation aller betriebenen unter- und oberirdischen Leitungen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und eine Anpassung unterirdischer Rohrleitungen an den heutigen Stand der Technik. Gegen die Forderung einer 100%igen Wanddickenmessung der betriebenen unterirdischen Rohrleitungen hat Shell bereits Klage beim Verwaltungsgericht Köln erhoben – obwohl deutlich wird, dass sich das Ausmaß des Schadens für Erdreich und Wasser entgegen den ersten Gutachten immer weiter vergrößert.“

Gegenüber der Öffentlichkeit erklärten weder das Unternehmen, noch die Behörde in ihren schriftlichen Mitteilungen, wann konkret, wie nächste Schritte stattfinden und wie diese kontrolliert werden und das obwohl beide qua Störfallverordnung dazu verpflichtet sind.

19.10.2012, 17:57 Uhr > Shell: Bis Ende Januar 2013 sollen alle Sanierungsbrunnen laufen

Der Sprecher der Shell Rheinland Raffiniere von Hoensbroech erklärte heute gegenüber report-k.de, dass es einen Plan gebe, wie die weitere Sanierung des Kerosionsees vorangehen solle. Dieses Sanierungskonzept sei auch Thema des Gespräches mit der Bezirksregierung gewesen. Derzeit laufe ein Sanierungsbrunnen. Der zweite soll Ende des Jahres in Betrieb genommen werden, der dritte Mitte und der vierte Brunnen Ende Januar. Wie lange die Sanierung dauere hänge dann davon ab mit welcher Leistung die Brunnen fördern würden, aber auch von äußeren Bedingungen, wie etwa des Standes des Grundwassers oder Kälteperioden. Daher seien Angaben wann die Sanierung abgeschlossen sei, derzeit reine Spekulation, so der Sprecher. Für den zweiten und dritten Sanierungsbrunnen sei bereits der Platz festgelegt, für den vierten rechnet das Unternehmen mit der nächsten Woche, wenn die Ausdehnung des Kerosinsees in westlicher Richtung abgesteckt sei. Hoensbroech betonte im Telefonat mit report-k.de, dass Shell die Sanierung mit Ernsthaftigkeit und Sorgfalt vorantreibe.

Autor: Andi Goral
Foto: Diesen Plan veröffentlichte heute die Bezirksregierung Köln – sie zeigt die Stelle der Leckage und die bisher von Shell vorgenommenen Massnahmen