Köln | Nur einen Tag nach der scharfen Diskussion im Kölner Rat zwischen dem Fraktionschef der Linken Jörg Detjen und Oberbürgermeisterin Henriette Reker, der dieser vorwarf in der Stadtwerke-Affäre zu mauern und diese konterte, dass sie Gespräche persönlich und vertraulich behandle [report-K berichtete], kritisierte Verdi Reker und titelte zum Aufsichtsrat des Stadtwerkekonzerns: „OB Reker verlässt den Weg der vertrauensvollen Zusammenarbeit“. Reker reagiert mit Unverständnis auf die Anschuldigungen durch Verdi und die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat. Festzustellen ist allerdings, dass es Reker anscheinend nicht gelingt die Situation zu befrieden und zu moderieren.

Rechtsgutachten versus Einschätzung durch die Staatsanwaltschaft

Verdi zeigt sich irritiert über öffentlich vorgetragene Vorwürfe der Kölner Oberbürgermeisterin im Vorfeld der kommenden Sitzung des Aufsichtsrats der Stadtwerke Köln GmbH (SWK) gegen die Arbeitnehmervertreter im SWK-Aufsichtsrat, dass diese im Kontext der Beratungen um die Bestellung von Martin Börschel als hauptamtlichen Geschäftsführer der SWK an der Vorbereitung einer Straftat beteiligt gewesen. Dem widerspricht Reker und lässt über ihren städtischen Pressesprecher Vogel schriftlich mitteilen: „Mit Unverständnis nehme ich die Äußerungen der Herren Kolle und Kraus zur Kenntnis. Sie geben weder den Sachverhalt noch die Inhalte des Rechtsgutachtens zutreffend wieder, das ich zur Vorbereitung der durch meinen Widerspruch gegen die Beschlussfassung auf den 30.04.2018 vertagten Sondersitzung in Auftrag gegeben habe. Das Gutachten nimmt Stellung zu der geplanten Neustrukturierung der Geschäftsführung in Verbindung mit der gleichzeitigen Besetzung eines hauptamtlichen Vorsitzenden der Geschäftsführung der SWK und nimmt eine strafrechtliche Risikobewertung vor. Es kommt unter anderem zu dem Ergebnis, dass durch die Intransparenz des Verfahrens, die kurzfristige Information der Aufsichtsratsmitglieder durch eine Tischvorlage und den zeitlichen Gleichlauf der Einrichtung der Stelle eines hauptamtlichen Geschäftsführers und der Besetzung dieser mit dem langjährigen Vorsitzenden des Aufsichtsrates und Mitglied des ständigen Ausschusses bei einem zustimmenden Beschluss des Aufsichtsrates am 17.4. 2018 ein hohes strafrechtliches Risiko bestanden hätte.“

Daniel Kolle, Bezirksgeschäftsführer des Verdi Bezirk Köln-Bonn-Leverkusen sagt zu den öffentliche Vorwürfen von Reker: „Es ist bezeichnend, dass Frau Reker diese Vorwürfe in dem Moment erhebt, in dem ihre erträumte Wahl als Aufsichtsratsvorsitzende vertagt werden musste und letztlich endgültig geplatzt scheint. Mir stellt sich die Frage, auf welcher Grundlage die Oberbürgermeisterin derart schwerwiegende Vorwürfe erhebt. Die Staatsanwaltschaft hat bereits die Aufnahme Aufnahme von Ermittlungen abgelehnt und ein Ermittlungsverfahren gar nicht erst eingeleitet. Wie die Oberbürgermeisterin bei dieser Tatsachenlage dazu kommt, zu behaupten, die Schaffung der Stelle eines hauptamtlichen Geschäftsführers würde unabhängig davon, mit wem diese Stelle besetzt wird, sicher einen Straftatbestand erfüllen, ist unbegreiflich. Ein kurzfristig von der Oberbürgermeisterin im April 2018 eingeholtes Rechtsgutachten stützt diese Aussage nicht. Das Gutachten hat lediglich eine strafrechtliche Risikobewertung vorgenommen. Die Behauptungen von Frau Reker sind irritierend, haltlos und alles andere als konstruktiv. Sie verleumden zu Unrecht die betroffenen Arbeitnehmervertreter und zerstören Vertrauen.“

Das sagen die Arbeitnehmervertreter

Harald Kraus, stellvertretender Vorsitzender des SWK-Aufsichtsrats und Betriebsratsvorsitzender der Kölner Verkehrs-Betrieben wird deutlich: „Ich kann mir nicht vorstellen, auf einer solchen Ebene mit der Oberbürgermeisterin im Aufsichtsrats vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Frau Reker wird uns dort am Montag Rede und Antwort stehen müssen. Das kann so nicht stehen bleiben. Die Oberbürgermeisterin tritt ja nach eigenen Angaben für Transparenz und lückenlose Aufklärung ein. Dann muss sie dem Aufsichtsrat das von ihr in Auftrag gegebene und immer wieder zitierte Gutachten auch zur Verfügung stellen. Nur so können ihre Vorwürfe dort erörtert werden, wo sie hingehören, nämlich in den Aufsichtsrat. Aus dem Zusammenhang gerissene Fragmente zu zitieren und eine Einsicht nur unter Aufsicht zu gestatten, sind einer dienlichen Sachaufklärung nicht förderlich.“

Verdi Geschäftsführer Kolle: „Die Rolle und Position unserer Arbeitnehmervertreter im SWK-Aufsichtsrat war und ist klar. Wir lassen uns und die Interessen der Beschäftigten nicht zum Spielball politischer Auseinandersetzungen machen. Wenn Frau Reker dies nicht akzeptieren will, stattdessen Druck aufbaut und die Arbeitnehmerbank diffamiert, disqualifiziert sie das für ein Aufsichtsratsmandat. Sie sollte von diesem Posten zurücktreten.“

Kann die Oberbürgermeisterin die Situation noch befrieden?

Der städtische Pressesprecher Vogel schreibt dazu: „Die Oberbürgermeisterin hatte in der Aufsichtsratssitzung am 30.04.2018 ausdrücklich die jederzeitige Einsichtnahme der Aufsichtsratsmitglieder in das Gutachten angeboten. Gern wiederholt sie dieses Angebot und erläutert die durch das Gutachten festgestellte Rechtslage erneut am Montag in der Aufsichtsratssitzung.“ CDU, Grüne und FDP hatten mit einem Ratsbeschluss im Mai empfohlen Oberbürgermeisterin Henriette Reker zur Vorsitzenden des Aufsichtsrates des Stadtwerkekonzerns anstelle des SPD-Mannes Martin Börschel zu machen, der von diesem Amt zurückgetreten war. Diese neue öffentliche Auseinandersetzung zeigt aber vor allem, dass es Reker aktuell nicht gelingt die Konflikte im Aufsichtsrat der Kölner Stadtwerke zu moderieren und zu befrieden, da nach wie vor unklar ist, wie tief die Oberbürgermeisterin an dem Verfahren vor dem 17. April beteiligt war und vor allem was sie von der Causa Börschel wußte. Im „Kölner Stadtanzeiger“ wird aktuell die Reker-Vertraute Anne Lüttkes als mögliche neue Aufsichtsratsvorsitzende gehandelt. Lüttkes hatte Reker bei ihrem Oberbürgermeisterwahlkampf massiv unterstützt.

Autor: Andi Goral
Foto: Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker