Köln | Die Anbieter von Dienstleistungen mit Virtual Reality (VR), Mixed Reality (MR) und Augmented Reality (AR) blicken optimistisch in die Zukunft. Trotz derzeit noch vergleichsweise geringer Umsätze sieht die Zukunft für diese junge Branche positiv aus.

Erstmals hat sich eine Hochschule in NRW wissenschaftlich der Branche auseinandergesetzt. In ihrer Untersuchung haben sich Forscher des Kölner Schmalenbach Instituts für Wirtschaftswissenschaften (Prorf. Dr. Christian Zabel) und der Technischen Hochschule Köln (Prof. Dr. Gernot Heisenberg) im Auftrag von Mediennetzwerk.NRW daran gesetzt, die Bedingungen, Strukturen und Akteure nach wissenschaftlichen Kriterien zu analysieren.

In einer ihrer Branchenanalyse ermittelten die Studienautoren 101 Firmen und Organisationen in NRW, die sich mit den Themenfeldern VR, MR und AR beschäftigen. Die meisten haben ihren Sitz in Köln und in Düsseldorf. Weitere wichtige Zentren sind Aachen und Bonn. Ein Großteil der Unternehmen ist mittelständisch – ein Drittel der Befragten hat weniger als zehn Beschäftigte, ein weiteres Viertel, zehn bis 50 Beschäftigte. „In den letzten drei Jahren hat das Gründungsgeschehen deutlich zugenommen. Ein gutes Viertel der befragten Unternehmen ist in dieser Zeit entstanden. Weitere Gründungswellen gab es Mitte der 1990er und 2000er Jahre. Nur wenige Firmen sind älter als 25 Jahre“, erläutert Heisenberg.

Grenzen zwischen den Formen verschwimmen

Von den untersuchten Unternehmen arbeiten mehr als neun von zehn (knapp 91 Prozent) mit Virtual Reality. Darunter verstehen die Studienautoren alle Medien, die den Nutzer komplett von der realen Umwelt trennen und ihm die Illusion vermitteln, Teil einer virtuellen Welt zu sein, etwa mittels einer VR-Brille. 71 Prozent der Unternehmen beschäftigen sich mit Augmented Reality, also Anwendungen, die die reale Welt um virtuelle Aspekte erweitern. Bekannt wurde diese Technik etwa durch das beliebte Smartphone-Spiel Pokémon Go. 50 Prozent der Befragten sind im Bereich Mixed Reality tätig, also mit Mischformen zwischen Virtual und Augmented Reality.

Zugleich verschwimmen die Grenzen zwischen den drei Formen: 40 Prozent gaben an, auf allen drei Feldern aktiv zu sein; nur 30 Prozent der befragten Firmen waren in nur einer der drei Kategorien tätig. Das Produktportfolio umfasst bei jeweils etwas mehr als der Hälfte der Befragten Information/Entertainment, Design/Simulation, Experience/Produktpräsentation und Training. Mit großem Abstand folgen Fertigung/Wartung/Service oder Unterstützungssysteme. Bei den konkreten Formaten liegen 360°-Videos und Produktpräsentation mit knapp 50 Prozent vorne, gefolgt von Prototypen (43 Prozent), interaktiven Videos sowie Serious Games mit 30 Prozent.

Umsätze ausbaufähig, positive Zukunftserwartungen

„Dass es sich um eine junge Branche handelt, sehen wir auch bei den Umsätzen. 60 Prozent der Befragten erwirtschaften Jahresumsätze von unter 100.000 Euro. Zugleich gibt es eine kleine Zahl an bereits gut etablierten Unternehmen, die lange am Markt sind. Die Firmen, die mehr als eine Million Euro pro Jahr umsetzen, wurden zwischen 1989 und 2002 gegründet und beschäftigen mehr als zehn Mitarbeiter“, weiß Heisenberg.
Dementsprechend verhalten fällt auch die Zufriedenheit der befragten Unternehmen mit ihrer aktuellen Geschäftsentwicklung aus. So sind 49 Prozent zufrieden mit den derzeitigen VR-/MR-/AR-Aktivitäten, 22 Prozent sind unzufrieden. „Dieser Wert ist für ein in der Öffentlichkeit als hoch attraktiv wahrgenommenes Thema erstaunlich niedrig. Die Übersetzung von allgemeinem Interesse in konkrete Projekte scheint derzeit noch nicht zufriedenstellend zu gelingen“, ergänzt Zabel.
Allerdings erwarten die Befragten zugleich, dass sich ihre Geschäftsaussichten deutlich verbessern werden. Für die nächsten 18 Monate rechnen drei Viertel der Unternehmen mit einer zufriedenstellenden Geschäftsentwicklung. Neutral äußert sich ein Viertel. Kein Unternehmen kalkuliert damit, in eineinhalb Jahren unzufrieden mit dem Umsatz zu sein.

Handlungsempfehlungen für die VR-, MR- und AR-Branche

„Gerade weil wir es mit einer kleinen Branche zu tun haben, wäre eine bessere Vernetzung der Unternehmen untereinander, mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie mit den Kunden entscheidend“, so Zabel weiter. Da VR, AR und MR ausgesprochen erklärungsbedürftige Technologien sind, könnten etwa Experimentier- und Demonstrationsräume oder niedrigschwellige Informationsveranstaltungen und -programme eingerichtet werden. Netzwerke aus Hochschulen und Unternehmen sollten anwendungsorientierte Projekte und Forschungsvorhaben vorantreiben.
„Die Studie zeigt, dass es in Nordrhein-Westfalen eine vielfältige Unternehmenslandschaft im Bereich von VR, AR und MR mit großem Potential gibt. Die Studie zeigt auch, dass noch mehr getan werden muss, um die wirtschaftliche Entwicklung und Stabilisierung der Branche in NRW nachhaltig zu befördern. Gerne leisten wir als Mediennetzwerk.NRW unseren Beitrag dazu und komplementieren mit unseren Aktivitäten die existierenden Fördermaßnahmen am Standort“, betonte Sandra Winterberg, Geschäftsführerin des Mediennetzwerk.NRW.

Die Datenerhebung für die Studie umfasst die Ergebnisse von 43 teilnehmenden Unternehmen und Organisationen. Die wurden mittels einer standardisierten Online-Befragung zu Aktivitäten, Branchenfokus, Unternehmensdaten, Strategien, Perspektiven und Bedürfnisse ermittelt. Ergänzend dazu führten die Autoren mit 13 ausgewählten Expertinnen und Experten leitfadengestützte Interviews, um Primärmaterial zu Strategien und Anforderungen sowie derzeitiger und künftiger VR-, MR- und AR-Querschnittsthemen zu gewinnen.

Autor: bfl