Bonn | Die Telekom sucht Auszubildende für den Kundenservice. Bis vor etwa einem Jahr sei es sehr schwierig gewesen, Menschen zu finden, die sich dafür begeistern können, Beschwerden und Hilfeersuchen entgegenzunehmen und zu bearbeiten, sagte Gero Niemeyer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutsche Telekom Kundenservice GmbH im dapd-Gespräch. Selbst die Arbeitsämter hätten tendenziell lieber zu anderen Berufen geraten.

Bei der Stellenausschreibung für eine Sekretärin hätten sich auf eine Stelle 20 Bewerber gemeldet, im Kundencenter sei es fast umgekehrt gewesen. Aber das Image bessert sich. „Wir sind stetig besser unterwegs“, sagte Niemeyer. „Wir haben gerade eine Radiokampagne für Einstellungen in allen 33 Standorten bundesweit gestartet.“ Die Telekom habe Vertrauen in die gesunde wirtschaftliche Situation des Sektors. „Weitere Konsolidierungen sind nicht geplant“, sagte er mit Blick auf die vollzogene Zusammenlegung verschiedener Standorte. „In sieben Orten haben wir sogar neu gebaut.“

Seit kurzem ist die Arbeit in Service-Centern – das Wort Call-Center vermeiden die Telekom-Chefs, da die Mitarbeiter weit mehr tun als einfach „telefonieren“ – ein Ausbildungsberuf: „Kaufmann/-frau für Dialogmarketing“. Voraussetzungen sind ein Hauptschulabschluss und Lust auf Kontakte mit anderen Menschen. „Aktuell sind bei uns 1.400 junge Menschen in der Ausbildung“, sagt Niemeyer. Nach der Ausbildung verdient ein Beschäftigter durchschnittlich 25.000 Euro pro Jahr, „deutlich über dem Markt“.

Für die Telekom ist eine Einstellungsoffensive noch keine Routine. Nach der Privatisierung habe sie zwar immer auch eingestellt, aber die Priorität habe doch bei der Verschlankung des Konzerns gelegen, räumt er ein. Ähnlich wie die Deutsche Bahn „hatten wir verlernt einzustellen“. Nun sei der Kundenservice die „Speerspitze“ beim Einstellen und dem Rest des Konzerns um zwei, drei Jahre voraus. Das liegt aber auch daran, dass der Kundenservice eine „Talentschmiede“, wie er es nennt, für andere Posten im Konzern mit Karriereaussichten ist.

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Hintergrund – Arbeiten im Kundencenter:

An einem Ende der Leitung sitzt immer ein Profi – Arbeiten im Service-Zentrum der Telekom – 13.000 Mitarbeiter in 33 Standorten

„Guten Tag, mein Name ist …“ Gegenseitige Vorstellung, der Anrufer nennt seine Kundennummer, gegebenenfalls das Geburtsdatum: Ein Kundenkontakt von einer Million pro Woche beginnt im Service-Zentrum der Telekom. Der Kunde ist gerade umgezogen und will nun, dass endlich sein Festnetzanschluss funktioniert. Hier in diesem Brühler Großraumbüro mit maximal 66 Mitarbeitern in vier Teams geht es bei jedem Anruf um einen Umzug.

Auf dem Bildschirm des Mitarbeiters erscheinen zahlreiche Kundendaten: neben dem Geburtsdatum auch die Postadresse, sämtliche Telefonnummern und eine Anzeige zur Bonität des Kunden. Der gerade umgezogene Anrufer hat seine Rechnungen immer pünktlich beglichen. Aber sein Anschluss funktioniert noch nicht, und aus den digitalen Akten auf dem Monitor des Sachbearbeiters geht nicht eindeutig hervor, warum das so ist. Während des Gesprächs kann der „Kaufmann für Dialogmarketing“ – so heißt der Ausbildungsberuf für die Mitarbeiter in den Call-Centern – die Frage trotz eines Anrufs bei Telekom-Kollegen vor Ort nicht klären. Daher muss er den Kunden vertrösten. Den Rückruf aufs Handy verspricht er aber noch für denselben Tag.

Wenn man so viel helfen kann

„Es ist ja auch befriedigend, wenn man so viel helfen kann“, sagt Gero Niemeyer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutsche Telekom Kundenservice GmbH. Er ist der oberste Chef von 13.000 fest angestellten Mitarbeitern in 33 über die ganze Republik verteilten Kundencentern und bis zu 5.000 Kollegen aus Subunternehmen.

Schwierigkeiten beim Kundenkontakt gebe es selten. „An einem Ende der Leitung sitzt immer ein Profi“, sagt er. Die Dialogmarketingleute sind geschult, wie sie ein Gespräch führen sollen, und Niemeyers Ausbilder haben ihnen klar gemacht, dass erstens die Zufriedenheit der Kunden und zweitens die Problemlösung die obersten Ziele des Gesprächs sein müssen.

Zurzeit ist die Zahl der zusätzlichen Mitarbeiter besonders hoch. Das hat seine Ursache in der Urlaubssaison, die leider mit der Hochsaison für Gewitter zusammenfällt. „Früher suchte sich der Blitz Wasseradern, heute schlägt er in Telekommunikationsleitungen und Schaltschränke ein“, sagt dazu Sven-Eric Stein, der Leiter des Workforcemanagements der Telekom, dessen Mitarbeiter in der Zentrale in Bonn vor einer großen Monitorwand dafür sorgen, dass die Besetzung der 33 Standorte dem Anrufaufkommen möglichst entspricht.

Der geschilderte Anruf-Ablauf ist allerdings nicht ganz das, was Niemeyer sich als Ideal vorstellt. Es sollten nämlich so wenig Kontakte wie möglich nötig sein, um ein Kundenproblem zu lösen. Am besten, es klappt gleich beim ersten Mal. Die Quote der Mehrfachkontakte liegt bei zehn bis 15 Prozent, „was nicht von vornherein schlecht sein muss“. Gerade bei Umzügen ist es eher die Regel. Dazu sollten die Kontakte so protokolliert werden, dass nachfolgende Bearbeiter nahtlos anknüpfen können. Im fraglichen Gespräch blieb aber unklar, ob der Anschluss des Kunden bereits nutzbar ist oder nicht. Er konnte jedenfalls nicht via Festnetz telefonieren.

Das Gespräch endet in verbindlichem Ton

Dennoch endet das Gespräch in verbindlichem Ton. Der Kunde ist zufrieden, dass die Telekom sich kümmert und ihn sogar dieselbe Person zurückruft, mit der er gesprochen hat. Das ist eher selten. „Wir können nicht sicherstellen, dass derselbe Mitarbeiter immer für ein und denselben Kunden zuständig ist“, bedauert Niemeyer, „wenn wir auf der anderen Seite an sieben Tagen der Woche 24 Stunden lang erreichbar sein wollen.“ Die Telekom versuche aber, hier besser zu werden, verspricht er.

Ganz schwierige Probleme landen in Kompetenz-Centern, wo sich 150 Mitarbeiter in Teams um sie kümmern. Regt der Kunde sich so auf, dass keine vernünftige Gesprächsführung mehr möglich ist, so wird er im Idealfall verbindlich an einen Kollegen verwiesen, bei dem die Chemie vielleicht besser stimmt. Der Chef der Kompetenz-Center, Ralf Hossbach, hat besonders erfahrene Mitarbeiter, die den Adrenalinspiegel beim Kunden wieder senken können. Dennoch räumt er ein: „Man macht diesen Beruf nicht ein Leben lang.“ Aber er ist eine gute Ausgangsposition – Niemeyer nennt es „Talentschmiede“ – für Karrieren. Wer als Kaufmann oder -frau im Dialogmarketing angefangen hat, kennt sich mit vielen Prozessen des Konzerns sowie ihren Herausforderungen aus.

Autor: Thomas Rietig, dapd