Tokio | aktualisiert | Die EU und Japan haben am Dienstag ein Freihandelsabkommen auf den Weg gebracht.

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und EU-Ratspräsident Donald Tusk unterzeichneten das Abkommen gemeinsam mit dem japanischen Premierminister Shinzo Abe am Abend (Ortszeit) in Tokio. Mit der Vereinbarung sollen ab 2019 rund 99 Prozent der Zölle mit Japan wegfallen.

Die Zustimmung des Europaparlaments für das bisher größte bilaterale Handelsabkommen der EU steht noch aus. Die EU-Kommission erwartet von dem Abkommen einen Anstieg der Exporte um bis zu 24 Prozent, im Bereich der verarbeiteten Lebensmittel sogar von bis zu 180 Prozent. Japan erkennt dabei auch 200 der über 1.000 regionalen Produktbezeichnungen an, sodass beispielsweise Parmesan weiterhin nur in Italien hergestellt werden darf.

Kommunen sollen nicht zur Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen gezwungen werden können. Ein „Strategisches Partnerschaftsabkommen“ soll das Freihandelsabkommen ergänzen, benötigt jedoch noch die Zustimmung nationaler Parlamente. Japan war 2017 mit einem Handelsvolumen von 129 Milliarden Euro trotz hoher Handelshürden der sechstgrößte Handelspartner der EU.

Wirtschaftsverbände begrüßen EU-Freihandelsabkommen mit Japan

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) haben sich erfreut über die Unterzeichnung des EU-Japan-Freihandelsabkommens in Tokio geäußert. „Zwei führende Volkswirtschaften haben sich damit auf den Wegfall fast aller Zölle und regulatorischer Schranken geeinigt. Damit schließt die EU den umfassendsten Freihandelsvertrag ihrer Geschichte ab“, sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang am Dienstag.

„Das ist ein hoffnungsvolles Signal in einer für den Welthandel sehr schwierigen Zeit.“ Auch BGA-Präsident Holger Bingmann hat das Abkommen als positives Zeichen gewertet. „In Zeiten, in denen Präsident Trump die EU zum Feind erklärt, freuen wir uns, dass man dies in der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt anders sieht. Die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens mit Japan ist ein wichtiges Signal gegen Protektionismus und Abschottung“, so Bingmann. Kritikern des Abkommens müsse man mit sachlichen Argumenten ihre Ängste nehmen. So sei beispielsweise das Selbstbestimmungsrecht der Kommunen, um das sich einige sorgen, geschützt.

„Generell werden die Unternehmen und Bevölkerung beider Länder von dem Abkommen profitieren“, sagte der BGA-Präsident. Mit der Vereinbarung sollen ab 2019 rund 99 Prozent der Zölle der EU mit Japan wegfallen. Die Zustimmung des Europaparlaments für das bisher größte bilaterale Handelsabkommen der EU steht noch aus.

Verbraucherschützer kritisierten, dass das Abkommen den Druck auf die Kommunen erhöhe, beispielsweise ihre Wasserversorgung zu privatisieren.

Giegold vermisst Sozialstandards in EU-Japan-Freihandelsabkommen

Der EU-Parlamentarier Sven Giegold (Grüne) hat sich enttäuscht über das Freihandelsabkommen der EU mit Japan geäußert. „Es hätte mich mehr überzeugt, wenn man nach all den Protesten und dem Druck durch diese Proteste bei TTIP auch im Inhalt etwas dazugelernt hätte und nicht nur in der Vertragsgestaltung“, sagte Giegold am Dienstag im Deutschlandfunk. Zwar habe die EU-Kommission den Teil aus dem Abkommen genommen, der nationale Zustimmungsrechte benötigt hätte.

Die Brüsseler Behörde habe jedoch ihre Chance nicht genutzt, „mit Japan, aber auch mit Kanada und mit Ländern, mit denen wir in guter Kooperation stehen, tatsächlich starke, gemeinsame und einklagbare soziale und ökologische Standards zu verhandeln“, so der EU-Parlamentarier. Das Abkommen möge positive Arbeitsmarkteffekte haben, gleichzeitig bedeute es aber „verschärften Wettbewerb, und beim Wettbewerb gibt es immer Gewinner und Verlierer“, sagte Giegold. Auch die Klimakrise werde durch das Abkommen verschärft.

„Es wird zwar auf das Pariser Klimaschutzabkommen verwiesen in dem Japan-Vertrag, aber die Emissionen werden ja steigen durch mehr Welthandel.“ Giegold geht davon aus, dass die Grünen im EU-Parlament dem Abkommen nicht zustimmen werden. „Aber natürlich prüfen wir jetzt im Rahmen unserer parlamentarischen Arbeit.“

Autor: dts