Karlsruhe | Der Bundesgerichtshof (BGH) hat einem weiteren Anstieg der Netzentgelte bei Strom und Gas vorerst einen Riegel vorgeschoben. Die Karlsruher Richter bekräftigten die in früheren Urteilen ergangene Rechtsprechung, wonach der Bundesnetzagentur bei der Bestimmung des Zinssatzes, insbesondere bei der Wahl der dafür herangezogenen Methoden, in einzelnen Beziehungen ein Beurteilungsspielraum zustehe. Lieferanten von Gas und Elektrizität müssen an die Betreiber der von ihnen genutzten Netze ein Entgelt bezahlen.

Der Gesamtbetrag dieser Entgelte darf eine bestimmte Obergrenze nicht überschreiten. Diese Erlösobergrenze setzen die Bundesnetzagentur und die Landesregulierungsbehörden für jeden in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Netzbetreiber jeweils für einen bestimmten Zeitraum – die sogenannte Regulierungsperiode – im Voraus fest. Bei der Berechnung der Obergrenze ist unter anderem eine angemessene Verzinsung des vom Netzbetreiber eingesetzten Eigenkapitals zu gewährleisten.

Den maßgeblichen Zinssatz legt die Bundesnetzagentur für jede Regulierungsperiode gesondert fest. Der Bundesgerichtshof hat die Rechtsbeschwerde der Netzbetreiberin, die eine ihr noch günstigere Beurteilung anstrebte, zurückgewiesen. Auf die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur sei die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben und die Festlegung der Bundesnetzagentur bestätigt worden, so der BGH. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf, wonach die von der Bundesnetzagentur gewählte Methode bei Anlegung dieses Maßstabs im Ausgangspunkt sei rechtlich nicht zu beanstanden, hieß es zur Begründung.

Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts hatten sowohl die Bundesnetzagentur als auch die betroffene Netzbetreiberin Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof eingelegt. Das für die Beschwerden zuständige Oberlandesgericht Düsseldorf hatte den Beschluss der Bundesnetzagentur aufgehoben. Es hatte die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur im Ansatz zwar als rechtmäßig angesehen.

Als methodisch fehlerhaft hatte das Oberlandesgericht aber beanstandet, dass die Bundesnetzagentur einen für die Bestimmung des Zinssatzes maßgeblichen Faktor – die sogenannte Marktrisikoprämie – allein aus historischen Daten abgeleitet habe, ohne die Sondersituation des gegenwärtigen Marktumfelds zu berücksichtigen und eine um alternative Ansätze ergänzte Würdigung und Plausibilitätskontrolle durchzuführen. Abweichend vom Oberlandesgericht hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Bundesnetzagentur aus Rechtsgründen nicht verpflichtet gewesen sei, diese Methode im Hinblick auf historische Besonderheiten am Kapitalmarkt zu modifizieren oder den ermittelten Zinssatz einer ergänzenden Plausibilitätsprüfung zu unterziehen. Die Einschätzung des Oberlandesgerichts Düsseldorf, dass die für den in Rede stehenden Zeitraum maßgebliche Situation sich als historisch einmalig darstellt, halte zwar der rechtlichen Überprüfung für sich gesehen stand. Aus den vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen ergäben sich aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die von der Bundesnetzagentur gewählte Methode als solche nicht geeignet sei, diesen Besonderheiten angemessen Rechnung zu tragen, und deshalb eine zusätzliche Plausibilisierung geboten sei, so der Bundesgerichtshof.

Autor: dts