Köln | Der Möbelgigant Ikea schließt seine Filialen und VW stellt die Produktion wegen des Coronavirus ein. Das RWI warnt derweil vor einer „Vollbremsung der Wirtschaft“ und die ZEW-Konjunkturerwartungen brechen massiv ein.

Ikea schließt wegen Corona-Krise bundesweit alle Märkte

Um die Sicherheit von Kunden und Mitarbeiter zu schützen und die weitere Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, schließt Ikea alle 53 Einrichtungshäuser in Deutschland. Das teilte das Unternehmen am Dienstagvormittag mit. „Jeden Tag besuchen viele Tausend Menschen unsere Einrichtungshäuser. In dieser herausfordernden Situation wollen wir unserer Verantwortung als großer Einzelhändler gerecht werden“, sagte der Geschäftsführer von Ikea Deutschland, Dennis Balslev. Deshalb habe man entschieden, alle Einrichtungshäuser für Kunden vorübergehend zu schließen. Gegenwärtig arbeite man an Konzepten, wie die Kunden unter den veränderten Rahmenbedingungen weiter bestmöglich bedient werden könnten, teilte das Unternehmen weiter mit.

So bleibe beispielsweise der Online-Shop geöffnet.

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Volkswagen stellt Produktion wegen Coronavirus ein

Volkswagen will die Produktion in seinen Werken wegen der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus offenbar vorübergehend einstellen. Das berichten am Dienstagmorgen mehrere Medien übereinstimmend unter Berufung auf einen Brief des Betriebsrats an die Mitarbeiter. An dem Großteil der Standorte soll demnach die letzte Schicht am Freitag laufen.

Zuvor hatte der Konzern neue Zahlen für das Geschäftsjahr 2019 vorgestellt. Dabei stellte das Unternehmen die Prognose für das laufende Jahr infrage. „Aktuell beeinflusst die Ausbreitung des Coronavirus die Weltwirtschaft. Es ist ungewiss, mit welcher Schwere und Dauer dies auch den Volkswagen-Konzern treffen wird“, ließ sich Finanzvorstand Frank Witter zitieren. Eine verlässliche Prognose sei derzeit „nahezu unmöglich“.

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RWI warnt vor Vollbremsung der Wirtschaft

Der Präsident des Essener Forschungsinstitutes RWI, Christoph Schmidt, hat die Bundesregierung vor einer „Vollbremsung“ der Volkswirtschaft gewarnt. „Eine anhaltende Vollbremsung der Volkswirtschaft könnte zu desaströsen Ergebnissen führen, da sie die Versorgung der Bevölkerung in Frage stellen und die Basis für das künftige Funktionieren der Volkswirtschaft gefährden würde“, schreibt Schmidt in einem Papier, über das die „Rheinische Post“ berichtet. „Ein behutsames Einbremsen des öffentlichen Lebens ist zur Eindämmung der Zahl an Neuinfizierten zielführend.“

Dieser Strategie seien jedoch Grenzen gesetzt, so der RWI-Präsident. Außerdem helfe es nicht, wenn das Virus in Deutschland zwar „ausgehungert“, aber später über andere Länder wieder ins Land getragen werde. „Das Problem ist hochkomplex, da sich das Virus bei Fortsetzung einer strikten Verzögerungsstrategie verändern und sogar noch deutlich gefährlicher werden könnte. Es dürfte daher besser sein, in langsamem Tempo eine `Durchseuchung` der Bevölkerung zuzulassen“, schreibt Schmidt. In dem Papier „Corona-Management im Gesundheitssystem“, welches er mit dem RWI-Gesundheitsexperten Boris Augurzky verfasst hat, schlägt Schmidt sieben Maßnahmen vor. Beispielsweise solle die Produktion kritischer Materialien und Geräte als Angelegenheit nationaler Sicherheit definiert werden.

Das Vergaberecht müsse außer Kraft gesetzt werden. Die Krankenhaus-Bürokratie müsse vollständig ausgesetzt werden. „Die Einhaltung arbeitszeitrechtlicher Vorgaben darf die Versorgung nicht verhindern.“

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ZEW-Konjunkturerwartungen brechen massiv ein

Die mittelfristigen Konjunkturerwartungen von Finanzanalysten und institutionellen Investoren sind im März massiv eingebrochen: Der entsprechende Index sank von 8,7 Zählern im Februar auf nun -49,5 Punkte. Dies sei der stärkste Rückgang seit Beginn der Umfrage im Dezember 1991, teilte das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag in Mannheim mit. Die Einschätzung der konjunkturellen Lage für Deutschland verschlechterte sich ebenfalls gegenüber dem Vormonat erheblich.

In der aktuellen Umfrage liegt der Lageindikator bei -43,1 Punkten und damit 27,4 Punkte unterhalb des Wertes vom Februar. Die Erwartungen der Finanzmarktexperten an die Konjunkturentwicklung in der Eurozone sanken mit einem Rückgang um 59,9 Punkte ebenso dramatisch wie diejenigen für Deutschland. Der Erwartungsindikator für das Eurogebiet liegt damit bei einem Wert von -49,5 Punkten.

Der Indikator für die aktuelle Konjunkturlage im Eurogebiet sank ebenfalls stark. Er liegt aktuell bei -48,5 Punkten. Dies entspricht einem Rückgang um 38,2 Punkte gegenüber Februar.

„Der extrem starke Einbruch der ZEW-Konjunkturerwartungen war zu erwarten. Für die Konjunktur stehen die Signale auf Rot“, sagte ZEW-Präsident Achim Wambach. Die Finanzmarktexperten gingen aktuell von einem Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts im ersten Quartal aus und hielten auch für das zweite Quartal einen Rückgang für sehr wahrscheinlich.

Für das Gesamtjahr 2020 erwarte die Mehrheit der Experten derzeit einen auf die Coronavirus-Pandemie zurückzuführenden Wachstumsrückgang des realen BIP von etwa einem Prozentpunkt, so Wambach weiter.

Autor: dts