Düsseldorf/Berlin | Der Umgang mit deutschen Steuerhinterziehern in der Schweiz bringt Nordrhein-Westfalen und die Bundesregierung auf Konfrontationskurs. Die Landesregierung in Düsseldorf will nicht vom Kauf von Steuersünder-Daten lassen, das Bundesfinanzministerium wirft ihr vor, damit Absprachen zu brechen. Zudem gefährde Nordrhein-Westfalen das Steuerabkommen mit der Schweiz. Von dem hält die Landesregierung aber ohnehin nichts.

Medienberichten zufolge hat Nordrhein-Westfalen kürzlich erneut zwei CDs mit Daten von deutschen Steuerpflichtigen gekauft, die ihr Geld bei Schweizer Banken verstecken. Die Landesregierung will das weder bestätigen noch dementieren, gibt aber offen zu, schon solche Daten gekauft zu haben und dazu auch weiterhin bereit zu sein.

„Amnestie für Steuerbetrüger“

NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) betonte im Bayerischen Rundfunk, sein Land gehe bei den CD-Käufen „nicht auf eigene Faust“ vor. Vielmehr werde immer das Bundeszentralamt für Steuern eingeschaltet. Insgesamt habe das Land bisher einen einstelligen Millionenbetrag in Datenkäufe investiert, sagte er im ZDF-„Morgenmagazin“. Die Informationen hätten zu etwa 300 Millionen Euro an Steuereinnahmen für Bund und Länder geführt. Der Minister kritisierte im BR erneut das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz, das eigentlich Anfang 2013 in Kraft treten soll. Dieses lasse für die Zukunft „immer noch Tür und Tor offen“, unversteuerte Gelder in die Schweiz zu bringen.

Die Deutsche Steuergewerkschaft (DStG) unterstützt die Position des Sozialdemokraten. „Das ist eine offensichtliche Amnestie für Steuerbetrüger, die noch nicht mal durch die Hintertür kommt“, sagte der NRW-Vorsitzende der DStG, Manfred Lehmann der Nachrichtenagentur dapd. Er sprach von einem „Schlag ins Gesicht aller ehrlichen Steuerzahler“ und forderte neue Verhandlungen mit der Schweiz.

Der DStG-Bundesvorsitzende Thomas Eigenthaler riet Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), das Abkommen zu beerdigen. Der Vertrag sei politisch tot, sagte er den Dortmunder „Ruhr Nachrichten“. CD-Käufe findet Eigenthaler hingegen sinnvoll, denn diese brächten dem Staat Einnahmen.

Kampeter wirft NRW Bruch von Absprachen vor

Das Bundesfinanzministerium will mit den Käufen dennoch nichts zu tun haben. „Es ist doch eine Schnapsidee, zu erwarten, dass sich der Bund an Zahlungen, die er rechtlich für fragwürdig hält, auch noch beteiligt“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Steffen Kampeter (CDU), der „Financial Times Deutschland“. In früheren Jahren hatte sich der Bund mehrfach finanziell an CD-Käufen beteiligt.

Nordrhein-Westfalen handele im Alleingang, gefährde damit die Verhandlungen des Bundes mit der Schweiz und breche Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern, sagte Kampeter. „Wer auf Datendiebstahl setzt, handelt in einer politischen und rechtlichen Grauzone.“

SPD-Bundestagsfraktionsvize Joachim Poß reagierte empört. Dass der Bund keine CD-Käufe mehr mitfinanzieren wolle, sei „ein neuer Höhepunkt im Bestreben von Bundesfinanzminister Schäuble, sich einer wirksamen Bekämpfung grenzüberschreitender Steuerhinterziehung zu verweigern“, sagte er in Berlin.

Weiter angeheizt wird die Debatte von Hinweisen, dass Steuerhinterzieher nun versuchen, ihr Geld vor Inkrafttreten des Steuerabkommens in den Fernen Osten zu verschieben. Mit dem Ankauf von Daten der Großbank UBS sollen die Steuerfahnder in den Besitz von Unterlagen gekommen sein, die belegen, wie Schweizer Banken Steuerhinterziehern beim Geldtransfer helfen.

„Wir haben erstmals eine Papierspur nach Singapur“, sagte ein Insider aus dem Umfeld des Finanzministeriums in Düsseldorf der „Financial Times Deutschland“. Walter-Borjans bestätigte im ZDF-„Morgenmagazin“, die Steuerfahndung habe Hinweise darauf, dass „in großem Stil“ über Wege zur Verschiebung des Schwarzgeldes in Steueroasen nachgedacht werde.

Autor: dapd
Foto: Symbolfoto