Köln | Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat heute mit ihrer medienpolitischen Rede das 25. Medienforum NRW eröffnet. Die Staatsregierung unterstützt die Veranstaltung mit über 1,5 Millionen Euro. Während öffentlich rechtliche oder private Hörfunk- und TV-Anbieter, sowie die Zeitungshäuser mit politischer Unterstützung des Landes NRW rechnen können, erwähnte die Ministerpräsidentin Onlinemedien nur in Bezug auf öffentliche rechtliche Medienangebote. Die Ministerpräsidentin sagt viel Richtiges, blendet aber private Onlinemedien in NRW komplett aus.

Die Ministerpräsidentin sagt viel Richtiges

Hannelore Kraft war im Silicon Valley und hat dort, so erzählt sie es, vor den rund 300 Teilnehmern des 25. Medienforums vor allem eines gelernt, die neue Medienwelt brauche wenige Spielregeln und dafür aber viel Spielraum für Unternehmen und jeden Einzelnen, um große Projekte und Unternehmen hervorzubringen. Für NRW hieße dies, dass sich mehr Startups mit ihren Visionen auf den Weg machen müssen. Für diese und die Rezipienten sei ein ungehinderter Netzzugang, nicht ein „nice to“, sondern ein „must have“. Rezipienten, weil es mittlerweile einige Angebote gar nicht mehr in der Offline-Welt gebe und man damit die Teilhabe aller sichern müsse. Für Unternehmen, damit gute Geschäftsideen nicht an der Hürde von zu hohen Kosten scheitern. Kraft will die Netzneutralität gesetzlich verankert sehen und Missbrauch von Marktmacht verhindern. Zwischen dem öffentlich-rechtlichem und dem privaten Rundfunk müsse ein fairer Wettbewerb herrschen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk müsse sich wieder auf seinen Kernkompetenzen besinnen, Qualität liefern und sein Kulturprogramm nicht in den Spartenkanälen verstecken. Zudem forderte Kraft mehr Transparenz bei der Auftragsvergabe von Produktionen durch die öffentlich-rechtlichen Anstalten und zwar nicht nur intern, sondern auch nach außen, sowie mehr Ausschreibungen.

Über das Landesmediengesetz will Kraft festschreiben, dass regionale Werbung nur regionalen Anbietern zu Gute kommen soll. Zudem fordert Sie eine Veränderung des Pressefusionsrecht, damit die Medienvielfalt erhalten bleibe und meint damit die alten Großverlage, die ihr Heil in einer Vergrößerung ihrer Geschäftsfelder sehen. In Bezug auf den Lokaljournalismus sagt Kraft, dass die professionelle lokale Berichterstattung nicht fehlen dürfe und man daher über die Journalismusstiftung nachdenke, die unbedingt staatsfern zu sein hat. Niemand habe den Wunsch politisch Einfluss zu nehmen, erklärte die Ministerpräsidentin. Man möchte Meinungsvielfalt erhalten und ein Wegschmelzen der journalistischen Vielfalt vermeiden.

Kein Wort zu privaten Onlinemedien in NRW

Zu Onlinemedien äußerte sich Kraft nur im Sinne der öffentlich-rechtlichen Anstalten. Diese sollten von der 7-Tage-Regel entbunden werden. Beginnen könne man damit in den Jugendangeboten. Die 7-Tage-Regel sagt aus, dass schriftliche Inhalte auf den Internetportalen der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten nach sieben Tagen gelöscht werden müssen. Neben den klassischen Medienhäusern, ob öffentlich-rechtliche oder private TV- und Hörfunkanbieter oder den Zeitungshäusern in Nordrhein-Westfalen hat sich mittlerweile eine veritable Szene reiner journalistischer Onlinemedien gebildet. Kölns Internetzeitung www.report-k.de ist in Köln zumindest am längsten online, aber auch www.koeln-nachrichten.de oder www.sesekegefluester.de aus Kamen seien, um nur einige Beispiele zu listen, genannt. Dazu kommen eine ganze Reihe hyperlokaler Angebote, die sich in Metropolen wie Köln auf Ihre Stadtviertel konzentrieren, exemplarisch sei hier www.meine-suedstadt.de erwähnt. Ein Trend der auch bundesweit zu beobachten ist. Diese Angebote berichten engagiert aus ihren Vierteln, mal mehr, mal weniger auch über Kommunalpolitk oder kommunale Kultur. Oft aber intensiver als die klassischen Medien, etwa durch Liveticker aus der Kölner Ratssitzung, besuchen intensiv Ausschüsse in der Kommunalpolitik und berichten darüber, während in der öffentlich-rechtlichen Lokalzeit Gartentipps oder Gesundheitstipps ausgebreitet werden. Übrigens auch in Lokalzeit online.

Warum haben Onlinepureplayer kein Forum auf dem Medienforum?

Die Themenwelt die das 25. Medienforum böte Platz, liest man nur die Headlines: „Die Grenzen der Regulierbarkeit. Medienpolitik in der digitalen Welt“, „Hypes, Kampagnen, Hysterie – zur Rolle der Verantwortung des Journalismus“ oder „Krise und Aufbruch. Der Journalismus von morgen“ böten auch hierfür eine Plattform. Sicher passen beim Namedropping der Referenten, nach Ansicht der Programmverantwortlichen keine „kleinen“ Medienangebote hinein, aber muss man Sie deshalb komplett ignorieren? Warum spricht die Ministerpräsidentin von NRW von Medienvielfalt und Partizipation, oder von ihrem Trip nach Kalifornien, wenn anscheinend die Angebote in NRW noch nicht einmal bekannt sind? Es mag daran liegen, dass die, die über das 25-jährige Jubiläum jubeln, es seit 25 Jahren verantworten, das Innovative übersehen und sich lieber am Namedropping großer Namen festhalten. Die, die dafür Verantwortung tragen, wie etwa der Mediencluster NRW lehnen Gespräche mit den „Kleinen“ sogar ab, selbst wenn diese sie suchen. Dabei geht es nicht um Subventionen oder Geld, sondern nur um Partizipation und überhaupt in angemessener Form teilnehmen zu dürfen. Um offene Türen, oder die Möglichkeit sich im Rahmen eines Medienforums NRW präsentieren zu können, wahrgenommen zu werden und damit auch Chancen zu Dialog und am Ende vielleicht Kooperation zu haben. Wenn also Hannelore Kraft davon spricht die Hürden beim Netzzugang nicht zu hoch zu setzen, müsste sie, wenn sie mit Landesmitteln das Medienforum NRW schon unterstützt, dafür Sorge tragen, dass es auch hier Barrierefreiheit und Vielfalt gibt. Selbst die Akkreditierung, um über das Medienforum NRW und die Rede der Ministerpräsidentin berichten zu können, war zuerst nicht barrierefrei. Hieß es doch zuerst alle Plätze wären ausgebucht und wer heute Vormittag teilnahm, konnte sehen, dass es jede Menge freier Plätze gab.

Ein differenzierteres Medienbild auch in NRW gefordert

Man darf gespannt sein, ab welcher Dekade die Medienpolitiker der Landesregierung wie Medienstaatssekretär Jan-Marc Eumann, NRW-Medienministerin Angelica Schwall-Düren und auch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft über TV-, Hörfunk-, Print- und Onlinemedien reden und die Gattung Onlinemedien als eigenständiges Medienangebot begreifen und nicht als Anhängsel einer Anstalt oder eines Pressehauses mit Druckerzeugnissen. Und Onlinemedien nicht als Website oder Homepage bezeichnen. So wenig, wie sie zu Klopapier Zeitung sagen würden, nur weil beide den gleichen Trägerstoff, in diesem Fall Papier haben. Auch reine Onlinemedien schaffen übrigens Wertschöpfung, können Sprungbrett für den Einzelnen sein und Arbeitsplätze generieren, gerade in einer Zeit, wo Journalisten von den klassischen Häusern freigesetzt werden. Ein Dialog mit den Onlinemedien in NRW ist lange überfällig und hätte vor allem auch gerade 2013 wunderbar zum Motto  „Changing Media, Changing Society“ gepaßt. Dabei hätte auch eine Ausweitung und Integration der Web 2.0-, Twitter- oder Bloggerszene dem Medienforum gut getan. Und eine quirlige Onlinemedienszene im Land zu haben, ist auch nicht unbedingt eine Schande, auch international nicht.

Autor: Andi Goral