Köln | Keine Raststätte entlang der Strecke, kein Starenkasten und für Kölner Verhältnisse kaum ein Stau: Die älteste Autobahn Deutschlands ist bis heute ein Kuriosum. Vor 80 Jahren eröffnete Konrad Adenauer die heutige A 555, die ab dem 6. August 1932 als offizielle Kraftwagenstraße Köln mit Bonn verband. Damals war Adenauer noch Oberbürgermeister von Köln, Adolf Hitler hatte die Macht noch nicht ergriffen. Die Falschbehauptung, der Diktator habe die Autobahn erfunden, hält sich aber noch bis heute.

„So werden die Straßen der Zukunft aussehen“

Zwar war bereits 1921 die Berliner Automobil-Verkehrs- und Übungsstraße (AVUS) freigegeben worden, doch – wie der Name schon sagt – war diese mehr eine Renn- und Teststrecke als eine Autobahn. Deshalb gilt die heutige A 555 bis heute als erste Autobahn Deutschlands. Zunächst hatte die rund 18 Kilometer lange „Kraftwagenstraße“ mit der heutigen Autobahn nicht viel gemein.

Ein Stück der in beide Richtungen zweispurigen Strecke war zuerst gepflastert. Eine Mittelleitplanke gab es nicht, ein einfacher weißer Streifen sollte als Abtrennung reichen. Die Folge waren waghalsige Überholmanöver in den Gegenverkehr. Es gab zahlreiche Unfälle und Tote. Erst später wurde nachgerüstet. „So werden die Straßen der Zukunft aussehen“, verkündete Adenauer zur Eröffnung mitsamt einer Sternenfahrt stolz. Zuvor hatte der Verkehr rasant zugelegt. Nach Angaben des Kölner Verkehrsforschers Ulrich Soénius kletterte die Zahl der zugelassenen Kraftfahrzeuge zwischen 1924 und 1928 um 300 Prozent. Gerade die Route von Köln nach Bonn war beliebt, da Touristen und Tagesausflügler von Bonn aus weiter in die Eifel oder ins Siebengebirge fahren konnten. Auf der damaligen Landstraße rollten zu der Zeit stündlich bis zu 1.800 Wagen. Es drohte der Kollaps.

Eine „vierspurige kreuzungsfreie Straße“ musste her. 1929 begannen die Arbeiten, rund 5.500 Arbeitslose legten Hand an. Drei Jahre später war die Strecke fertig. Nicht jeder konnte sich einen Wagen leisten. Kutschen, landwirtschaftliche Geräte und Radfahrer mussten ausdrücklich von der „Nur-Autostraße“ verbannt werden. Auch Motorräder waren vorerst verboten.

Diplomaten auf der Überholspur

Das Tempolimit lag bei 120 Stundenkilometern. Nur so schnell schaffte es kein Auto. Als Bonn Bundeshauptstadt wurde, erhielt die Strecke den Beinamen „Diplomatenrennbahn“. Neben Bonn hatten viele Behörden in Köln ihren Sitz, manche Beamte pendelten von Köln nach Bonn. In den 60ern wurde die Autobahn um einen Fahrstreifen erweitert. Heute schieben sich täglich 71.000 Wagen in Richtung Köln. „Das sind hauptsächlich Pendler, vielleicht noch einige Regierungsmitglieder“, sagt Andreas Roth, Sprecher des Landesbetriebs Straßen.NRW. „Die A 555 hat keine überregionale Bedeutung.“ Sie verbinde eben nur Köln und Bonn. An beiden Enden mündet die Route in einen großen Verteilerkreis.

Die vom Stau geplagten Kölner haben die „Miniautobahn“ in ihr Herz geschlossen. Nur selten gibt es auf der Strecke Staus, schwere Lastwagen fahren meist woanders lang. Auf der anderen Seite des Rheins kommen Pendler und Reisende dagegen nur mühsam vorwärts. Staus sind hier Alltag. Zum Vergleich: Die Autobahn 3 muss jeden Tag 170.000 Autos und Lastwagen verkraften, deutlich mehr als die A 555.

Autor: Fabian Wahl/ dapd | Foto: Hermann J. Knippertz/ dapd