Berlin | Wenn Bewerbungsunterlagen anonymisiert sind, profitieren davon Frauen und Zuwanderer. Dies ist das Ergebnis eines bundesweiten Pilotprojekts. Eineinhalb Jahre lang hatten hierfür fünf Unternehmen und drei öffentliche Arbeitgeber anonymisierte Bewerbungen getestet, unter ihnen die Deutsche Post, L`Oréal und das Bundesfamilienministerium.

Heute stellt die Antidiskriminierungsstelle des Bundes in Berlin die Bilanz vor. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt, kommen die Autoren vom Bonner Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) und der Viadrina-Universität Frankfurt an der Oder in ihrem Abschlussbericht zu dem Ergebnis, dass anonyme Bewerbungen denen, die sonst unter Pauschalurteilen leiden und deshalb frühzeitig aus dem Rennen scheiden, zugutekommen. Frauen und Migranten haben danach in der Regel dieselben Aussichten, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden, wie andere Kandidaten. IZA-Präsident Klaus Zimmermann spricht von einem „vielversprechenden Ansatz“, die beruflichen Möglichkeiten der benachteiligten Gruppen „signifikant zu verbessern“. Bei dem Großversuch mit gut 8500 Bewerbungen hatten die Arbeitgeber zunächst auf Angaben wie Foto, Name, Alter und Geschlecht verzichtet. Mal mussten die Aspiranten einen Online-Fragebogen ausfüllen, mal wurden verräterische Zeilen geschwärzt.

Für die Vorentscheidung zählten also nur die Fakten wie Abschlüsse und Berufserfahrung. Erst vor dem Bewerbungsgespräch durften die Chefs Namen und Zeugnisse sehen. Dann aber haben die Bewerber nach Einschätzung der Forscher bereits die entscheidende Hürde überwunden, denn im persönlichen Gespräch wucherten Klischees weniger. „Das Projekt hat gezeigt, dass anonymisierte Bewerbungen den Fokus auf die Qualifikation lenken“, sagt die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders. Zudem habe sich das Verfahren als praktikabel erwiesen. Laut Bericht sehen die Personalverantwortlichen das neue Verfahren „durchgängig positiv“, nur das Schwärzen von Unterlagen wird als zu aufwendig kritisiert. Auch die Jobsuchenden befürworten das Vorgehen laut dem Bericht überwiegend, allerdings glaubt ein gutes Viertel von ihnen, dass ihre Chancen bei herkömmlichen Bewerbungen höher sind. Vier Arbeitgeber des Pilotversuchs haben sich laut Lüders bereits dafür entschieden, weiter auf anonymisierte Bewerbungen zu setzen, darunter die Stadt Celle, der Geschenkedienstleister Mydays und das Bundesfamilienministerium.

Autor: dts