Essen / Seit Monaten kursieren im Internet Drohvideos mit Mordaufrufen von Islamisten. Nun haben radikale Salafisten offenbar konkrete Anschläge vorbereitet. In der Nacht zu Mittwoch wurden in Nordrhein-Westfalen vier Personen festgenommen. Sie sollen einen Mordanschlag auf Politiker der als rechtsextrem geltenden Partei Pro-NRW geplant haben, wie die Polizei in Essen mitteilte. Im Visier der Ermittler waren die Männer im Alter zwischen 23 und 43 Jahren schon länger.

Ausgangspunkt ist die Festnahme von zwei Personen in Leverkusen. Die beiden Männer wurden in ihren Autos aufgegriffen und befanden sich in der Nähe der Wohnung von Markus Beisicht, Vorsitzender von Pro-NRW. Kurz nach den Festnahmen durchsuchten die Ermittler zwei Wohnungen in Essen und Bonn. Dabei fanden sie unter anderem eine scharfe Schusswaffe, Zubehör zur Herstellung von Sprengstoff und eine schusssichere Weste. In beiden Wohnungen wurde jeweils ein weiterer Täter festgenommen. Alle vier Männer werden der salafistischen Szene zugeordnet. Ihnen wird vorgeworfen, an der Planung einer „schweren staatsgefährdenden Straftat“ beteiligt gewesen zu sein.

Vollkommen unbekannt sind die Tatverdächtigen den Ermittlungsbehörden nicht. Seit November 2012 habe die Polizei verschiedene Maßnahmen durchgeführt, die in der vergangenen Nacht zu den Festnahmen führten, sagte Oberstaatsanwalt Volker Bittner am Mittwochabend in Essen. Bei den Männern handele es sich um einen 43-jährigen Albaner, zwei türkischstämmige Deutsche im Alter von 23 und 24 Jahren sowie einen 25-jährigen Deutschen. Bei den Durchsuchungen sei eine Liste mit neun rot markierten Namen sichergestellt worden – alle Mitglieder von Pro-NRW.

Trotz der vorausgegangenen Beobachtung sahen die Ermittler in der vergangenen Nacht Anlass zum Einschreiten. Die Gefährlichkeit der Männer sei so hoch gewesen, dass sie „unverzüglich aus dem Verkehr gezogen werden mussten“, sagte Polizeiführer Rainer Pannenbäcker. Es werde davon ausgegangen, dass die gesamte Tätergruppe festgenommen wurde. „Damit ist die konkrete Gefahrenlage erst einmal beendet und beseitigt“, sagte er. Ob mit der Polizeiaktion ein konkreter Anschlag vereitelt wurde oder die Männer Beisichts Wohnort auskundschaften wollten, präzisierten die Ermittler trotz Nachfragen nicht.

Gewalttätige Auseinandersetzungen

Im vergangenen Frühjahr war es zu zahlreichen Übergriffen von Salafisten auf Sicherheitskräfte und Demonstranten von Pro-NRW gekommen, nachdem diese in mehreren nordrhein-westfälischen Städten Anti-Islam-Kundgebungen veranstaltet und dabei mit Mohammed-Karikaturen provoziert hatten. Im Herbst wurde ein Salafist zu sechs Jahren Haft verurteilt. Bei einer Demonstration in Bonn hatte er Polizisten mit einem Messer schwer verletzt. Im Internet kursierten zudem Drohvideos, in denen zu Morden an Pro-NRW-Aktivisten und Journalisten aufgerufen wurde.

In einer ersten Reaktion verwies NRW-Innenminister Ralf Jäger auf die von Salafisten ausgehende Bedrohung. „Wir müssen wachsam sein bei Extremisten jeglicher Art – egal ob es sich um Rechtsextremisten handelt oder um extremistische Salafisten“, sagte der SPD-Politiker. Gewalt sei kein Mittel der politischen Auseinandersetzung.

Zugleich verurteilte Jäger aber auch die Arbeit von Pro-NRW. Die Splitterpartei schüre durch ihre „schäbigen Hetzkampagnen“ gezielt Ausländerhass. Die Hetze der Rechtsextremisten könne jedoch gewalttätiges Vorgehen von Salafisten nicht rechtfertigen. Erst in der vergangenen Woche hatte Pro-NRW mit der Ankündigung, vor Flüchtlingsheimen demonstrieren zu wollen, massive Kritik auf sich gezogen.

Autor: Christian Wolf und Eliza Cloppenburg,dapd