Marlene Nunnendorf (INA), Günter Wallraff, Stella Assange, Filiz Kalmuk, und eine weitere Mitarbeiterin der INA. Foto: Deutschlandradio/Dirk Borm

Köln | Der Gründer von Wikileaks und Investigativ-Journalist Julian Assange ist heute in Köln mit dem Günter-Wallraff-Preis 2022 ausgezeichnet worden. Vergeben wurde der Preis in Abwesenheit von Julian Assange an seine Ehefrau Stella Assange im Rahmen des 6. Forum für Journalismuskritik. Sie betonte, dass der Preis zu keinem kritischeren Zeitpunkt vergeben werden könnte. Günter Wallraff forderte die Bundesregierung auf Assange Asyl zu gewähren.

Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert und würdigt im Namen von Günter Wallraff Deutschlands bekanntestem Investigativjournalisten kritischen Journalismus und Zivilcourage.

Deutschlandfunk-Chefredakteurin Birgit Wentzien hielt die Laudatio und erinnerte an die Veröffentlichung von geheimen Regierungsdokumenten, Akten aus dem Gefangenenlager Guantanamo oder diplomatische E-Mails sowie Beweise über Kriegsverbrechen im Irak-Krieg über die Enthüllungsplattform Wikileaks. Wentzien ordnete klar ein: „Missstände öffentlich zu machen, ist eine Kernaufgabe des Journalismus. Genau das hat Julian Assange getan. Er hat Geheimdokumente veröffentlicht, die ihm von seinen Quellen zugespielt wurden. Aber er hat diese Dokumente nicht selbst gesammelt oder gestohlen. Sollte Julian Assange dafür verurteilt werden, wäre das ein weltweiter Präzedenzfall und ein Zeichen der Abschreckung für Reporterinnen und Reporter auf der ganzen Welt. ‚Julian Assange betrifft uns alle'“.

Günter Wallraff: „Aufklärung ist der Sauerstoff der Demokratie“

Günter Wallraff ließe es sich nicht nehmen und trat selbst ans Mikrofon und hielt eine flammende Rede für die Pressefreiheit und die Freilassung von Julian Assange. Er forderte die neue Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP auf zu einer klaren Parteinahme für Julian Assange zu finden und ihm Asyl anzubieten. Assange werde in einer Art Zersetzungsmaßnahme, wie sie bislang etwa von der Stasi bekannt gewesen sei wie ein Aussätziger, ein Monster oder egozentrischer Dämon in der Öffentlichkeit vorgeführt. Wallraff bezog sich dabei auch auf Nils Melzer, der vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zum Sonderberichterstatter Folter ernannt wurde. Dieser, so Wallraff, habe erklärt noch nie sei ein einzelnes Individuum von einer Gruppe demokratischer Staaten dämonisiert worden und Rufmord ausgesetzt gewesen. Wallraff sieht hierin eine Abschreckung gegen den investigativen Journalismus. Der Kölner Investigativjournalist Wallraff machte deutlich wie absurd es sei Assange nicht als Schriftsteller und Journalist anzuerkennen. Denn der habe nicht nur Wikileaks gegründet, sondern auch Bücher veröffentlicht. Assange lobte er für seine Beharrlichkeit als Journalist, der durch seine Hartnäckigkeit eine neue Welt eröffnet habe und der Typus eines neuen Menschen sei.

Ehefrau von Assange nimmt Preis entgegen

Stella Assange, die Juristin und Ehefrau von Julian Assange, nahm den Günter-Wallraff-Preis in Köln entgegen. Die Auszeichnung könne zu keinem kritischeren Zeitpunkt kommen, sagte sie in ihrer Rede: „Das Verfahren gegen Julian ist politisch und die öffentliche Aufmerksamkeit hat den entscheidenden Einfluss darauf, wie es ausgehen wird. Durch die Verfolgung soll Julian zum Schweigen gebracht werden, um aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwinden – und mit ihm all die Tode der zehntausenden Zivilisten im Irak und Afghanistan, die er offengelegt hat.“

DAs 6. Kölner Forum für Journalismuskritik fand am 19. Mai im Kölner Funkhaus des Deutschlandradio statt und wird von der Deutschlandfunk-Nachrichtenredaktion und der Initiative Nachrichtenaufklärung (INA) veranstaltet. Die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg ist Mitveranstalterin.