In Köln-Mülheim wird in der Bergisch-Gladbach bald kein Kölsch mehr gebraut.

Köln | aktualisiert | Die Radeberger Gruppe wird bis Herbst 2021 ihre Braustätte an der Bergisch-Gladbacher Straße im rechtsrheinischen Köln für die Marken des Hauses Kölscher Brautradition schließen und die Produktion durch die Cölner Hofbräu Früh in Köln-Feldkassel durchführen lassen. Die Gewerkschaft NGG spricht von geschockten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Die Kooperation betrifft nur die Braustätte, nicht die Unternehmen selbst. Beide betonen ihre unternehmerische Eigenständigkeit zu bewahren. Man werde, obwohl das Bier am gleichen Ort gebraut werde, im Wettbewerb, also den Kneipen, Büdchen oder an der Supermarktkasse Wettbewerber bleiben. Für die Bierherstellung lautet der Fahrplan, wie es in einer Mitteilung der beiden Unternehmen heißt: „So wird das Haus Kölscher Brautradition, eine Tochter der Radeberger Gruppe, in einem ersten Schritt bis Ende 2020 die Mehrwegabfüllung seiner Marken wie Sion Kölsch, Gilden Kölsch oder Dom Kölsch von Köln Mülheim an den Brauereistandort der Cölner Hofbräu Früh verlagern. Auch die Rampenfunktion und Logistik für die Marken der Brauereigruppe gehen an die Cölner Hofbräu Früh über. In einem zweiten Schritt werden die Fassbierabfüllung und die Produktion bis Herbst 2021 folgen.“

Die Verwaltung des Haus Kölscher Brautradition soll am Standort in der Bergisch-Gladbacher Straße erhalten bleiben. Der Brauereistandort in Köln-Feldkassel soll entsprechend ausgebaut werden.

Die Mitteilung zitiert Dr. Niels Lorenz, Sprecher der Geschäftsführung der Radeberger Gruppet: „Wenn in ein und derselben Stadt gleich mehrere Brauereien Produktionsstandorte ähnlicher Größenordnung unterhalten, jeder mit hohen Investitions- und Instandhaltungsbedarfen, dann kann man nicht nur, dann muss man fast zwangsläufig ganz pragmatisch über eine zukunftsorientiert gemeinsame Nutzung dieser Anlagen nachdenken.“

Die Brauhäuser legen Wert darauf festzustellen, dass der typische Geschmack der jeweiligen Marke erhalten bleibe. Die Radeberger Gruppe teilt auf Nachfrage dieser Internetzeitung mit, dass diese Form der Partnerschaft nicht einer Zustimmungspflicht der Wettbewerbsbehörden bedarf, da die Unternehmen nicht gesellschaftsrechtlich fusionieren.

Gewerkschaft und Belegschaft schockiert

Die etwa einhundert Beschäftigten im Haus Kölscher Brautradition (ein Unternehmen der Radeberger Gruppe) sind nach der heutigen Bekanntgabe ihres Arbeitgebers geschockt, schreibt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG. Die Radeberger Gruppe verkündet eine langfristige Kooperation, meint jedoch die Schließung der traditionsreichen Brauerei in Köln-Mülheim, schlussfolgert die NGG. Die NGG fordert von der Radeberger Gruppe, die Zukunftsängste der Beschäftigten ernst zu nehmen und Sicherheiten zu geben.

Dazu erklärt Manja Wiesner,Geschäftsführerin der Gewerkschaft NGG der Region Köln schriftlich: „Einhundert Familien werden von dieser Entscheidung betroffen sein! Deswegen fordern wir Sicherheit für die Beschäftigten und ihre Familien. Die Radeberger Gruppe gibt ihre gute Position im Kölsch-Markt auf und sorgt dafür, dass wieder eine Kölsch-Brauerei ihre Pforten schließt. Welche Konsequenzen dies für die Mengen und die Marken hat, bleibt abzuwarten. In ihrer Pressemitteilung frohlocken Radeberger und Cölner Hofbräu Früh über die angeblichen Vorteile der Kooperation, verlieren jedoch kein Wort über die Zukunft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.“

Das sagen die Wettbewerbshüter

Zur kartellrechtlichen Bewertung fragte diese Internetzeitung beim Bundeskartellamt an. Von dort heißt es: „Es gibt durchaus zahlreiche Möglichkeiten der Kooperationen zwischen Wettbewerbern, die nicht einer vorherigen Kontrollpflicht unterliegen. Ob das der Fall ist oder nicht ist von unterschiedlichen Kriterien abhängig, die die Unternehmen meist eigenständig – kartellrechtlich beraten – einschätzen müssen.“ Die Kooperation zwischen der Radeberger Gruppe und der Cölner Hofbräu Früh wurde dem Bundeskartellamt nach dessen Aussage nicht vorgetragen.

Autor: Andi Goral
Foto: Auch Sion-Kölsch wurde bislang im rechtsrheinischen Köln gebraut