Köln | In der Industrie- und Handelskammer Köln (IHK Köln) steht die Wahl zu einer neuen Vollversammlung an. Dazu versandte die Kammer an ihre Mitgliedsunternehmen ein gedrucktes Magazin die „IHK plus“ als „Vollversammlungswahl Spezial“. Dabei fällt etwas auf.
IHK Köln spricht mit der Politik
In dem Magazin findet sich schon auf der Titelseite die Ankündigung „Stimmen aus der Politik – Warum die Vollversammlungswahl für den Wirtschaftsstandort relevant ist“. Ab Seite 10 in der Ausgabe 5.2024 finden sich in der Sonderausgabe des Magazins „IHK plus“ diese Stimmen aus der Politik. Die IHK Köln titelt: „Rückenwind aus der Politik“ und schreibt im sogenannten Vorspann: „Die wirtschaftliche Selbstvertretung in den Industrie- und Handelskammern und die Politik verbindet ein gemeinsames Grundprinzip: Demokratie. Wir haben Politikerinnen und Politiker aus dem Kammerbezirk gefragt: Warum sollten Unternehmerinnen und Unternehmer sich beteiligen und bei der Wahl zur Vollversammlung ihre Stimme abgeben?“
Wer jetzt erwartet, dass Politiker:innen aller relevanten Parteien, die etwa in der Kommunalpolitik, der Landesregierung oder auf Bundesebene in Regierungsverantwortung sind, zu Wort kommen, der wird enttäuscht. Aus den gesetzgebenden Parlamenten finden sich mit Serap Güler, CDU, Lena Teschlade, SPD und Karl Lauterbach, SPD nur die Vertreter:innen von zwei Parteien wieder. CDU und SPD werden sich sicherlich über die Publicity freuen. Anschließend geht es weiter mit den Landrät:innen und Oberbürgermeister:innen. Auch hier finden sich neben parteilosen Wortmeldungen nur Positionen von CDU (2) und SPD (3).
Nun könnte man zur Verteidigung der Kammer und des für das Magazin inhaltlich verantwortlichen Hauptgeschäftsführers Uwe Vetterlein vorbringen: gut, in einem gedruckten Magazin gibt es Platzmangel. Aber weder finden sich Hinweise zu Links im Netz mit weiteren Stimmen, noch irgendein Hinweis darauf, ob die anderen Parteien zwar angefragt aber eine Beantwortung abgelehnt haben. Auf vier Seiten kommen neben den Parteilosen also nur die Meinungen von CDU und SPD vor und diesen beiden Parteien wird hier ein Forum geboten.
Was ist mit den Grünen?
Die Grünen stellen im Kommunalparlament – dem Rat der Stadt Köln – die stärkste Fraktion. Sie führen das Ratsbündnis mit CDU und Volt an. In der Landesregierung sind sie Partner der CDU. Sie stellen dort mit Mona Neubaur die Wirtschaftsministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin. Im Deutschen Bundestag führt eine grüne Kölner Bundestagsabgeordnete die Fraktion der Grünen als Co-Vorsitzende: Katharina Dröge. Die Volkswirtin gilt als Wirtschaftsexpertin und ist wirtschaftspolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Die Grünen sind Teil der Bundesregierung.
Was ist mit der FDP?
Für die FDP sitzt der Kölner Reinhard Houben im Deutschen Bundestag. Er ist in seiner zweiten Wahlperiode wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP Bundestagsfraktion. Die FDP ist Teil der Bundesregierung.
Wurden die Parteien nicht angefragt? Haben sie nicht geantwortet? Hätten sie nicht geantwortet, so wäre zumindest ein Hinweis unter dem Artikel nicht nur hilfreich, sondern Pflicht gewesen, damit die Leser:innen der „IHK plus“ dies einordnen können. Vor allem ein Jahr vor der Bundestagswahl und den Kommunalwahlen in NRW. Unternehmer:innen im Kölner Kammerbezirk sind ja nicht per se nur Fans von CDU und SPD. Sie wollen wissen, was alle Parteien denken und fragen sich jetzt: warum kommen nur zwei Parteien in dem Magazin, dessen Kosten sie mit ihren Mitgliedsbeiträgen finanzieren, vor?
Die IHK Köln und die Europawahl
Schon vor der Europawahl am 9. Juni 2024 sorgte eine politische Veranstaltung der IHK Köln für medialen Wirbel. Die Kammer behauptete die AfD habe sich zu dieser Veranstaltung selbst eingeladen. Daraufhin sagten SPD und Grüne ihre Teilnahme ab mit dem Verweis auf die Vereinbarung aller demokratischer Parteien von Köln stellt sich quer. Nach der Veranstaltung findet sich in der „IHK plus“ viel Selbstlob und der Vorwurf an die Grünen und die SPD sich wegzuducken.
Das Magazin „IHK plus“ hat nach eigenen Angaben der Kammer alleine eine Printauflage von über 100.000 und erreicht vor allem Unternehmensleitungen, die in der Kammer Mitglied qua Gesetz sind.