„Wir schauen einfach, wer zu uns passt“
„Sie führen einen wirklich vorbildlichen Betrieb“, lobte Oberbürgermeister Jürgen Roters heute Gabriele Kalesse, Geschäftsführerin der Walter Gondrom GmbH & Co mit Sitz in Köln-Lövenich. Denn Kalesse bildet seit Jahren auch Jugendliche mit Migrationshintergrund aus. Dass sie besonders viele Azubis mit Migrationshintergrund hat, war ihr bisher gar nicht bewusst. „Wir schauen einfach, wer zu uns passt“, betonte Kalesse. Dabei hätten diejenigen einen Vorteil, die neben der deutschen Sprache eine weitere beherrschten. Denn das Unternehmen Gondrom verkauft seine Produkte in ganz Europa. „Wer hier mit Kunden aus anderen Ländern kommunizieren kann, kann unser Unternehmen nur bereichern“, weiß Kalesse. Äußerungen, wie sie jüngst Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin machte, kann Kalesse daher nicht verstehen.

Derzeit bildet das Unternehmen in Lövenich 14 junge Menschen aus. Sechs von ihnen haben einen Migrationshintergrund. Wählen können die dabei zwischen der Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik oder als Großhandelskaufmann. Im dritten Ausbildungsjahr und damit schon beinahe kurz vor seiner Prüfung befindet sich im Moment auch Marcel Weste. Der 20-Jährige ist froh über die kulturelle Vielfalt im Unternehmen. Sprachliche Probleme hätte es hier nie gegeben. „Wir verbessern uns alle auch mal gegenseitig, schließlich spreche auch ich nicht immer das perfekte Deutsch“, meint der Auszubildende. Zudem ließen sich viele kulturelle Unterschiede ganz leicht lösen. Beim Betriebsfest am kommenden Freitag würden etwa einfach zwei Grills aufgestellt: einer für Schweinefleisch und einer für andere Fleischsorten.

Unternehmen ziehen Azubis ohne Migrationshintergrund vor
Mit seinem Besuch beim Unternehmen Gondrom will Roters zeigen, dass sich auch das Einstellen von Bürgern mit Migrationshintergrund lohnt. Denn häufig würden Betriebe auch heute noch Jugendliche ohne Migrationshintergrund vorziehen. Peter Welters schätzt, dass fast doppelt so viele Jugendliche mit Migrationshintergrund wie junge Menschen ohne Migrationshintergrund keine Lehrstelle finden. Dabei hat jeder zweite Bewerber in Köln eine Zuwanderungshintergrund. Im Umgang mit ausländischen Kunden könnten gerade diese Auszubildenden ihr interkulturelles Wissen einbringen, so Welters. Die Situation hätten jedoch nicht nur die Unternehmen verschuldet. Viele junge Menschen mit Migrationshintergrund würden sich gar nicht um eine Lehrstelle bemühen, erklärte der Agenturchef, – auch weil sie oder Bekannte schlechte Erfahrungen gemacht hätten.

Fast 20 Prozent ohne Berufsausbildung
Problematisch sei auch, dass viele Schulabgänger mit Migrationshintergrund schlechtere Schulnoten oder Abschlüsse hätten – meist wegen Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache. Zudem könnten auch die Eltern in den Familien nicht richtig Deutsch sprechen und könnten daher auch ihre Kinder weniger fördern und unterstützen. Welters forderte daher heute, junge Menschen frühzeitiger in ihren Sprachfähigkeiten zu fördern und auch die Berufsvorbereitung in den Schulen zu intensivieren. Denn „in Zukunft haben nur die eine realistische Chance auf eine dauerhafte Arbeit, die eine gute Bildung und Berufsbildung mitbringen“, betonte Welters. Zugleich appellierte er auch an die Unternehmen, mehr Jugendliche im eigenen Betrieb auszubilden. Insgesamt wiesen derzeit rund 15 bis 20 Prozent der Schulabgänger keine Berufsausbildung auf. „Das ist eindeutig zu viel“, so Welters. Erfreut zeigte sich der Agenturchef jedoch darüber, dass sich ausländische Jugendliche verstärkt die duale Berufsausbildung interessieren würden. „In diesem Jahr betreut unsere Berufsberatung gut 300 Bewerber mit ausländischer Staatsangehörigkeit mehr als im Vorjahr“, so Welters.

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung