Köln | Vom 10. Juni bis zum 26. Juli 2013 wird die Yad Vashem-Wanderausstellung „Der Eichmann-Prozess in Jerusalem“ im historischen Treppenhaus des Oberlandesgerichts Köln zu sehen sein. Dabei wird auf zahlreichen Schautafeln der erste Prozess gegen einen NS-Verbrecher auf israelischem Boden nacherzählt und gleichzeitig die bis zuletzt menschenverachtende Haltung  Eichmanns anhand von Zitaten während des Prozesses skizziert. Köln ist die sechste Station dieser Ausstellung in Deutschland. Bei der Eröffnung war der damalige stellvertretende Ankläger im Eichmann-Prozess, Gabriel Bach, anwesend und schilderte seine Eindrücke vom Prozess und der Person Eichmann.

Bach würdigte in seiner Rede zur Ausstellungseröffnung, dass er in den letzten Jahren verstärkt die ernstgemeinte Bestrebung bestehe, die Geschichte des Holocaust aufzuarbeiten und dafür zu sorgen, dass etwas Vergleichbares nie wieder geschehen werde. Besonders positiv würdigte er das rege Interesse vieler Schüler an dem, was während der NS-Zeit geschehen sei. Dies stelle er immer wieder fest, wenn er vor deutschen Schülergruppen spreche. Der Eichmann-Prozess habe dazu geführt, dass Verbrechen wie die von Eichmann begangenen auch Jahrzehnte später nicht vergessen seien und gesühnt würden, auch im Hinblick auf Gräueltaten während des Krieges in Ex-Jugoslawien oder auch bei Bürgerkriegen in afrikanischen Ländern.

Seinen ausführlichen und sehr eindrücklichen Ausführungen zu Geschehnissen während des Prozesses und im Gespräch mit Eichmann folgten alle Anwesenden, die auf den Treppen des historischen Treppenhauses im Oberlandesgericht platz genommen hatten, gebannt. Am meisten erschüttert habe ihn, so Bach, die Tatsache, dass Eichmann, der sich im Prozessverlauf bis zum Schluss als Opfer unter Gehorsamspflicht bezeichnete, noch während der Verhandlung betonte, wie stolz er auf seine Taten als einer der Hauptverantwortlichen bei der Umsetzung des Massenmordes an Millionen Juden sei.

„Die Mauer des Schweigens durchbrochen“

NRW-Justizminister Thomas Kutschaty bezeichnete den Eichmann-Prozess als einen Grundpfleiler dafür, dass mit der Vergangenheitsbewältungung in der breiten deutschen Nachkriegsbevölkerung begonnen wurde. Mit dem Prozess in Jerusalem habe man damals begonnen, die Mauer des Schweigens zu durchbrechen – sowohl auf der Seite der deutschen Bevölkerung, als auch auf der Seite der Shoah-Überlebenden in Israel.

Arik Rav-On, Direktor für die deutschsprachigen Länder der Abteilung Internationale Beziehungen der israelischen NS-Opfer-Gedenk- und Forschungsstätte Yad Vashem, betonte, zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und seiner Einrichtung bestünde schon seit vielen Jahren enger Kontakt. Auch stellte er heraus, dass das Land NRW bisher das einzige sei, das bereits zum wiederholten Male Richter und Staatsanwälte zu Yad Vashem nach Jerusalem entsandt habe, um dort an zweiwöchigen Informationsveranstaltungen zum Holocaust teilzunehmen. Die Vergabe von Wanderausstellungen, die seine Einrichtung konzipiere, sei grundsätzlich an eine einzige Auflage geknüpft: Mindestens 15 bis 20 Schulklassen sollen die jeweilige Ausstellung besuchen, damit die mittlerweile vierte Generation nach der Shoah sich darüber informieren können.  

„Mit mir hier stehen 6 Millionen Ankläger“ ist ein Auszug aus dem Eröffnungsplädoyer von Generalstaatsanwalt Gideon Hausner, der die Anklage gegen Adolf Eichmann vor dem Bezirksgericht in Jerusalem vertrat und gleichzeitig Aufmacher auf der ersten Schautafel der Ausstellung. Der Prozess endete mit dem Schuldspruch des Angeklagten am 15. Dezember 1961 und mit dessen Verurteilung zum Tode. Die Ausstellung zum Prozess wurde 2011 von der Erinnerungs- und Forschungsstelle Yad Vashem Jerusalem zum 50. Jahrestag des Eichmann-Prozesses entworfen. Mit Unterstützung des Justizministeriums Nordrhein-Westfalen wurde sie in die deutsche Sprache übersetzt. Seitdem wurde die Ausstellung in verschiedenen Obergerichten und Einrichtungen im In-und Ausland gezeigt.

[infobox]

Infobox:

Die Ausstellung im Oberlandesgericht Köln ist vom 10. Juni 2013 bis 26. Juli 2013 montags bis freitags von 8.00 Uhr bis 15.30 Uhr zu sehen sein. Kostenlose Führungen für Schulklassen werden angeboten.

Otto Adolf Eichmann, SS-Obersturmbannführer, war während der Zeit des Nationalsozialismus als Leiter des sogenannten „Eichmannreferats“ des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) in Berlin zentral mitverantwortlich für die Ermordung von schätzungsweise sechs Millionen Menschen im zu großen Teilen von Deutschland besetzten Europa.

Yad Vashem, offiziell: „Gedenkstätte der Märtyrer und Helden des Staates Israel im Holocaust“, ist eine Gedenk- und Forschungsstätte in Jerusalem, die an den NS-Völkermord erinnert und diesen wissenschaftlich dokumentiert. Sie wurde am 19. August 1953 auf Beschluss der israelischen Regierung als staatliche Behörde gegründet.

[/infobox]

Autor: Daniel Deininger
Foto: Eine der Schautafeln der Ausstellung zum Eichmann-Prozess im Treppenhaus des Kölner Oberlandesgerichtes.