Köln | In den 1910er- und 20er-Jahren gehörte er einem der bekanntesten Society-Porträtisten: Karl Schenker. Wer Rang und Namen hatte, ließ sich von ihm in seinem Berliner Atelier am Kurfürstendamm porträtieren. Das Museum Ludwig nimmt einen Ankauf von etwa 100 Porträts zum Anlass, Schenkers Leben und Wirken erstmals nachzuzeichnen und damit einen Vergessenen wiederzuentdecken. Die Ausstellung „Master of Beauty. Karl Schenkers mondäne Bildwelten“ beinhaltet rund 250 Werke, darunter auch internationale Leihgaben. Zu sehen ist die Ausstellung vom 10. September bis zum 8. Januar 2017.

>>> Hier geht es zur Fotostrecke: „Master of Beauty. Karl Schenkers mondäne Bildwelten“ – Ausstellung Museum Ludwig

Schenker arbeitete zu seiner Zeit nicht nur als Fotograf, sondern auch als Zeichner, Maler und zeitweilig Bildhauer. „Genau das schätze ich an Schenker. Denn damals war es nicht wie heute üblich, gleichzeitig Fotograf und Maler zu sein. Er war also sowohl im angewandten als auch im freien Bereich tätig. Das passt sehr gut in unser Haus, denn Schenker ist sowohl durch seine historische Fotografie repräsentativ als auch ein Bindeglied zeitgenössischer Fotografie“, soYilmaz Dziewior, Direktor des Museum Ludwig.

Schenkers Frauenporträts

Bekannt wurde Schenker vor allem durch die Herstellung schöner Frauenporträts. Schauspielerinnen, Tänzerinnen und Damen der Gesellschaft umhüllte Schenker mit Tüll und Pelzen bevor er sie ablichtete – manchmal malte er die Pelze erst hinterher ins Bild. „Er konnte als Maler unglaublich gut retuschieren und genau das war was die Frauen zu der Zeit gesucht hatten. Sie liebten es sich zu Formen und ihrer aller schönsten Seite hervorzuheben“, erklärt Dr. Miriam Halwani, Kuratorin der Ausstellung.

„Er (Schenker) hatte von einer angesehenen ‚Dame‘ der Gesellschaft Akt-Aufnahmen gemacht – ‚[…] und dass um Gottes Willen mein Mann nicht davon erfährt!‘ Er schickte ihr die Aufnahmen ins Haus, aber bekleidet mit einem der kostbarsten Pelze, auf dem man jedes Haar zählen konnte. Ich habe selber derartige Retusche von ihm gesehen und ging in die Knie“, erinnerte sich Heinz Hajek-Halke, Fotograf.

Auch die aufkommende Kosmetikindustrie und die ebenfalls junge Schönheitschirurgie kamen ihm zu Gute, denn das oberste Gebot lautete zu der Zeit: Schönheit. „Wir haben ihn heute zwar nicht mehr auf dem Schirm, aber er war nichts desto trotz ein populärer Fotograf. Er uns seine Bilder wurden in dieser Gesellschaft gesehen“, erklärt Halwani.Angefeuert von den massenhaft verbreiteten Fotografien der Stummfilmstars soll sich in Schenkers Werk ein wachsendes Medienbewusstsein gezeigt haben. Seine Bilder halten uns die Anfänge einer Lust am Image, an der bildnerischen Verschönerung vor Augen, so Halwani.

Ausstellung „Master of Beauty“

In der Ausstellung werden etwa 250 Werke, darunter internationale Leihgaben, präsentiert: Fotografische Porträts seinerzeit berühmter Frauen und Männer, Mode- und Wachsfigurenaufnahmen, von Schenker gestaltete Zeitschriftencover, eine großformatige Zeichnung, ein Gemälde, Starpostkarten – und Zigarettensammelbildchen. Karl Schenker wiederzuentdecken bedeute, einen Fotografen wiederzuentdecken, der vor allem für Frauen jene idealisierten Porträts schuf, denen sie so gerne gleichen wollten.

Hintergrund zu Karl Schenker

So wenig man bislang über Karl Schenker wusste, so sehr muss er doch auch sich selbst in Szene zu setzen gewusst haben. Auf den überlieferten Porträts ist zu sehen, stets elegant gekleidet. In Interviews soll er sich gerne als adeliger Abstammung stilisiert haben, informiert Halwani. Recherchen sollen zu dem folgenden Lebenslauf ergeben haben: 1886 in Sereth in der heutigen Ukraine geboren, über Lemberg und München um 1911 nach Berlin gekommen, etablierte er am Kurfürstendamm ein florierendes Atelier. 1925 zieht er für fünf Jahre nach New York und arbeitet unter dem Namen Karol Schenker vor allem als Zeichner und Maler. Nach 1930, zurück in Berlin, taucht sein Name als Werbefotograf wieder in den Zeitschriften auf, doch nach 1934 verliert sich seine Spur. 1938 emigriert er, als Jude verfolgt, nach London, führt ein Atelier und stirbt 1954. Aufmerksamkeit erzielten seine Puppenaufnahmen 2013 wieder, als Cindy Sherman sie auf der Biennale in Venedig zeigte.

Autor: Irem Barlin