Berlin | Die Kritik des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan an Bundespräsident Joachim Gauck stößt im Auswärtigen Amt auf entschiedenen Widerspruch. Die „emotionalen Auslassungen“ Erdogans seien „weder im Inhalt noch im Ton angemessen“, sagte Michael Roth (SPD), Staatsminister im Auswärtigen Amt, der „Welt“: „Ich kann mich nur wundern und den Kopf schütteln.“ Roth sagte, der Bundespräsident habe mit den Worten während seines Staatsbesuchs in der Türkei „genau die richtige Balance gefunden: Respekt vor den großen Leistungen für die syrischen Flüchtlinge und Anerkennung für den immensen wirtschaftlichen und sozialen Aufschwung der Türkei“.

Die Kritik Gaucks greife „konkrete Sorgen aus der Mitte der türkischen Zivilgesellschaft auf: die Infragestellung der Unabhängigkeit der Justiz, staatliche Beeinflussung der Medien und rechtsstaatliche Mängel“. Dies müsse „unter Freunden möglich“ sein. Der SPD-Politiker fügte hinzu: „Und es ist auch nötig in einem Land, das wir auf dem Weg hin zu einer EU-Mitgliedschaft tatkräftig unterstützen.“

Gerade der Bundespräsident habe außerdem „den deutschen Rechtsstaat immer wieder aufgefordert, entschieden gegen Rechtsextremismus, Terror und Ausländerfeindlichkeit vorzugehen – nicht nur bezogen auf die NSU-Morde“. Erdogan hatte Gauck nach dessen Warnung vor einer Gefährdung der Demokratie vorgeworfen, sich in innere Angelegenheiten der Türkei einzumischen.

Autor: dts