Berlin | Der US-Geheimdienst NSA hatte mit Hilfe des Bundesnachrichtendienstes (BND) offenbar jahrelang Zugriff auf große Mengen von Telekommunikationsdaten: Laut eines Berichts von „Süddeutscher Zeitung“, NDR und WDR leitete der BND in der Zeit der rot-grünen Bundesregierung mindestens drei Jahre lang in Frankfurt abgefangene Rohdaten direkt an den US-Partnerdienst weiter. Als Kanzleramtschef verantwortlich sei damals zunächst der heutige Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) gewesen. Die Operation von BND und NSA, die von 2004 bis 2007 gedauert haben soll, sei beendet worden, weil die Aktion „politisch viel zu heikel“ gewesen sei, erinnert sich den drei Medien zufolge ein mit den Abläufen vertrauter Beteiligter.

Die NSA habe gegen die Einstellung der Operation protestiert. Nach einer damals zwischen NSA und BND geschlossenen Vereinbarung seien Daten deutscher Staatsbürger dabei jedoch nicht übermittelt worden. Ein Sprecher der Bundesregierung erklärte auf Anfrage dazu: Die Arbeit des Auslandsnachrichtendienstes BND unterliege „der parlamentarischen Kontrolle. Grundsätzlich gilt daher, dass der BND zu Aspekten seiner operativen Arbeit ausschließlich der Bundesregierung und den zuständigen, geheim tagenden Gremien des Deutschen Bundestages berichtet“. Wie laut SZ, NDR und WDR mehrere Quellen erklären, sei der Fall Frankfurt im vergangenen Jahr von der Spitze des BND in dem zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremium vorgetragen worden. Dabei sei aber lediglich erklärt worden, der BND zapfe an diesem Datenknotenpunkt Leitungen an.

Es sei aber nicht erwähnt worden, dass der BND über Jahre einen Teil der Daten an die NSA weitergeleitet habe. Es soll sich bei der 2004 gestarteten Zusammenarbeit um einen Kompromiss gehandelt haben. Zuvor sollen die Amerikaner darauf gedrungen haben, ihnen einen direkten Zugriff am Telekommunikationsstandort Frankfurt zu gewähren.

Diesen Zugang soll die damalige Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) verweigert haben, aber dafür im Gegenzug einer Weiterleitung von Teilen der abgefangenen Daten zugestimmt haben, heißt es in dem Bericht weiter. Frankfurt ist demnach Telekommunikationsstandort Nummer eins in Europa und Drehkreuz für den nationalen wie internationalen Internetverkehr. In der Vergangenheit habe es im Zuge der Snowden-Debatte Gerüchte gegeben, dass die NSA in der Vergangenheit Zugriff auf Daten in Frankfurt gehabt habe. „Wenn ein ausländischer Dienst den Internetknoten in Frankfurt anzapfen würde, wäre das eine Verletzung unserer Souveränitätsrechte“, hatte im vergangenen Jahr der damalige Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) erklärt. Nach Angaben aus Regierungskreisen lauschen laut SZ, NDR und WDR heute am Knotenpunkt Frankfurt angeblich nur die deutschen Dienste. Statt Rohdaten erhalte die NSA lediglich Zusammenfassungen interessanter Erkenntnisse.

Autor: dts