Köln | Spätestens seit seinem drei-haarigen Bären hat Bernd Stelter den Ruf des stets spaßigen Liedermachers, der im Karneval die Säle zum Kochen bringt, für sich gepachtet. „Ich war aber nie nur lustig, es gab schon immer die ernste Seite. Da bin ich ein echter Clown“, sagt der Mann, der mit seinem Programm jenseits der Session als Kabarettist erfolgreich ist.

Dies unterstreicht auch das neue Album „Wer Lieder singt, der braucht keine Therapeuten“, das Stelter am Mittwochabend seinen Fans im kleinen Sendesaal des WDR in einem Radiokonzert präsentierte. Zu den 14 neuen Liedern gehört auch „Ein Leben lang“, in dem der Liedermacher auf einfühlsame Weise den Tod seiner Eltern verarbeitet.

„Meine Mutter konnte ohne meinen Vater nicht leben und ist kurz nach ihm gestorben. Einen medizinischen Grund für ihren Tod konnte der Arzt damals nicht feststellen. Mir war schnell klar, dass ich daraus ein Lied machen möchte – aber ich habe mir ganz bewusst zwei Jahre damit Zeit gelassen“, sagt Bernd Stelter. Traditionell bildet das Lied den Abschluss von seinem Kabarettprogramm. „Danach sitzt das Publikum da und weint.“

Anfangs war Stelters Vater nicht gerade begeistert, dass sein Sohn kurz vor dem Examen sein Studium schmeißt und sein Leben fortan der Bühne widmet. „Mein Vater ist fast wahnsinnig geworden“, sagt der im Unna Anfang der 60er Jahre geborene Stelter. Im Lied über seine Eltern zeigt sich aber auch, wie stolz diese waren, als sie ihren Sohn erstmals im Fernsehen betrachten konnten.
Neu ist für Stelter, der sich normalerweise bei seinen Auftritten mit der Gitarre selbst begleitet, das nun eine komplette Band hinter ihm steht. „Ohne Gitarre weiß ich gar nicht, was ich mit den Händen tun soll“, sagt der Musiker, der beim Konzert im Sendesaal doch zweimal zum geliebten Instrument greift.

Ansonsten ist Stelter stolz auf seine Band, die sich im Studio zusammengefunden hat. Dazu gehören unter anderem Paveier-Frontmann und -Schlagzeuger Sven Welter und Johannes Gokus sowie Günter Asbeck am Bass, Ingo Wolfgarten am Keyboard. „Es macht richtig Spaß mit diesen Musikern. Ziel war ein Album, das man durch hören kann, mit einem gut lesbaren Textheft.“ Aufgenommen wurde das Album, das heute veröffentlicht wird, mit der gesamten Combo bei einer Session im Studio.

Amüsantes Geschichtenerzählen findet sich bei Liedern wie „Schnall mich fest, mein lieber Mann“, „Ich schalt den Fernseher an“ oder „Gedanken lesen“. Selbstironisch beleuchtet Stelter in „Der langsamste Jogger“ seine sportliche Aktivitäten, denen er ein- bis zweimal in der Woche nachgeht. „Dabei muss ich auch schon mal Sprüche wie ‘eine Wanderdüne ist schneller als dieser Stelter’ einstecken. Manche Leute fühlen sich durch mich zum Walken angeregt. Aber ich habe trotzdem meinen Spaß beim Laufen.“

Einer besonderen Erinnerung, dem Mauerfall, ist der Song „Ikarus“ gewidmet. „Das erste Mal war ich mit der Schule in Berlin. Ich dachte, die Mauer läuft mitten durch die Stadt, aber irgendwie sind wir ständig dagegen gelaufen. Das war der Moment, an dem ich politisch wurde.“ Auch beim Mauerfall war Stelter Jahre später in Berlin, wo er beim Geburtstag eines Freundes auftreten sollte. „Kurz bevor es soweit war, kam die Nachricht vom Mauerfall“, erinnert sich der 54-Jährige.

Autor: Stephan Eppinger