Köln | Köln schrumpft. Jetzt müssen 150 prozentige Kölner:innen stark sein, die glauben, dass Köln der Nabel der Welt sei. Dabei ist die Zahl der Geburten in Köln um über 3 Prozent im Vorjahresvergleich 2021 gestiegen. Die Zahlen und Fakten zum Jahr 2021 stammen aus einer Analyse der Einwohnermeldedaten von Forschern des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ). Die untersuchten die Daten der 15 größten deutschen Städte.
Betrachten wir zunächst das natürliche Bevölkerungssaldo, also Geburten und Sterbefälle. Die Zahl der Geburten ist in den untersuchten 15 deutschen Großstädten um 2,4 Prozent im Jahresvergleich 2020 und 2021 gestiegen und die Mortalitätsrate durch die Corona-Pandemie im Schnitt um 3,1 Prozent. Dabei schneidet Köln mit Dortmund, Nürnberg und München bei den Geburten mit über 3 Prozent besser ab. Allerdings gab es in Stuttgart und Duisburg mit einer Steigerung von 8,3 beziehungsweise 9,8 Prozent wesentlich mehr Geburten. Die Forscher des UFZ kommen nach ihrer Analyse zu dem Fazit, dass der natürliche Saldo in 9 der 15 deutschen Großstädte negativ ist. Allerdings betrifft dies die genau gleichen Städten wie schon in der Untersuchung 2020.
Wanderungssaldo für Schrumpfungsprozess in Köln verantwortlich
Köln und Duisburg teilen hier das Schicksal. Die Zuzugszahlen nach Köln und Duisburg sind erneut im zweiten Jahr gesunken. Gleichzeitig verstärkte sich die Zahl der Fortzüge aus Köln. Hier sitzt Köln mit Frankfurt am Main, Essen, Bremen und München in einem Boot. In der kombinierten Betrachtung von Zu- und Abwanderung zeigt Köln eine deutlich negative Bilanz in 2021 auf. Hier teilt sich die Rheinmetropole das Schicksal mit Frankfurt am Main, München, Stuttgart und Nürnberg. Schon im Corona-Jahr 2020 zeigten diese Städte ein negatives Wanderungssaldo auf. Gewachsen sind dagegen Dortmund und Leipzig.
So schreiben die Forscher des UFZ im Detail: „Im zweiten Corona-Jahr 2021 betrug die mittlere Bevölkerungsveränderung der 15 Großstädte -0,18%. Damit hat sich die Schrumpfung im Vergleich zum ersten Pandemie-Jahr 2020 fortgesetzt. 8 der 15 Städte setzten dabei ihren Trend der Bevölkerungsverluste fort: Während in Düsseldorf, Nürnberg, Stuttgart und insbesondere Duisburg der Bevölkerungsverlust von 2021 im Vergleich zum Jahr 2020 rückläufig war, setzt sich der Bevölkerungsverlust in Dresden und Dortmund mit ähnlichen Raten wie in 2020 fort. Dagegen haben sich die Bevölkerungsverluste von 2020 in Köln mehr als verdoppelt, in Bremen mehr als verdreifacht.“
Dabei legte im zweiten Jahr der Corona-Pandemie die Wanderungsdynamik 2021 im Vergleich zu 2020 wieder deutlich in 13 der 15 deutschen Großstädte zu. Über alle Städte betrachtet bleibt das Wanderungssaldo auch in 2021 negativ.
Das Fazit des UFZ
In Deutschland hatte die Covid-19-Pandemie keine echte Übersterblichkeit zur Folge. 2021 gab es einen leichten Anstieg bei Geburten, aber ein Geburtenhoch der sogenannten „Coronials“, wie von einigen Boulevardmedien prophezeit, gab es nicht. Zudem führte die Corona-Pandemie zu keiner echten Wirtschaftskrise. Die Forscher:innen des UFZ sagen in ihrem Fazit: „Wie aber die Differenzierung zwischen den deutschen Großstädten in Bezug auf die Bevölkerungsentwicklung zu erklären ist, wissen wir (noch) nicht. Warum wächst Leipzig stärker als andere Städte? Warum schrumpft Stuttgart so stark?“
Ein Denkansatz ist die Abwanderung in die suburbanen Räume. Hier sei die Nachfrage nach Bauland und Immobilien in den ländlichen Räumen gestiegen. Das gilt auch für die Kölner Region. Die Forscher:innen des UFZ geben allerdings zu bedenken, dass durch die rückläufige Zuwanderung in die Großstädte erst diese Suburbanisierung sichtbar geworden sei und der Blick vor allem der Medien darauf gelenkt wurde. Gleichzeitig prognostizieren die Forscher:innen: „Angesichts der hohen Immobilien- und Mietpreise in den Großstädten dürfte die Suburbanisierung anhalten oder sich sogar noch weiter verstärken. Das dürfte ein Corona-Effekt sein, der weiterwirkt.“ Die Forscher:innen rechnen dennoch mit einem weiteren Zuzug in die urbanen Räume, wenngleich auf einem niedrigeren Niveau als vor der Corona-Pandemie. Dabei spielt verfügbarer und bezahlbarer Wohnraum eine wichtige Rolle im Verhältnis zwischen möglicher Zuwanderung und Aufnahmefähigkeit des Wohnungsmarktes. Offen bleiben Fragen der Digitalisierung und des Homeoffice, wie attraktiv Großstädte vor diesem Hintergrund durch Kultur, Freizeit und Gastronomie bleiben.
In ihrem Fazit schreiben die Forscher:innen des UFZ: „Stagnation und Schrumpfung der Großstädte haben sich zwar im zweiten Coronajahr verstetigt, es ist aber noch viel zu früh dafür, von einer generellen Trendumkehr der Urbanisierung zu sprechen.“ Damit können die 150prozentigen Köln-Fans zwar ein wenig aufatmen, aber der Trend Hauptsache in die Stadt scheint kein Selbstläufer mehr.