Der Ablauf der Wahl und die Funktionen des Amtes werden durch insgesamt sechs Artikel des Verfassungswerkes geregelt (Abschnitt V., Art. 54 bis 61 GG). Mit dem heutigen Rücktritt kam es nun zu einem vorzeitigen Ende der Amtszeit von Bundespräsident Christian Wulff. So stellt sich die Frage, was passiert, bis Deutschland ein neues Staatsoberhaupt besitzt.

Nach Wulffs Rücktritt: Wer ist jetzt das Staatsoberhaupt?
Für den Zeitpunkt vom Rücktritt des Bundespräsidenten Christian Wulff bis zur Bestimmung eines neuen Staatsoberhaupts nach den Neuwahlen ist der aktuelle Präsident des Bundesrates mit allen Befugnissen und Aufgaben des Amtes als Staatsoberhaupt ausgestattet. Dieser Stellvertreter ist momentan Horst Seehofer, CSU, der aktuelle Ministerpräsident des Freistaates Bayern. Er wird ab sofort das erste Amt im Staat bekleiden.

Wer wählt den Bundespräsidenten?
Der Bundespräsident wird nicht von den Bürgern Deutschlands, wie etwa der Bundestag, sondern indirekt gewählt. Das heißt, nur eine bestimmte Gruppe von Politiker hat das Recht, ihre Stimme für einen neuen Bundespräsidenten abzugeben. Für diesen Akt ist die so genannte Bundesversammlung vorgesehen. Dabei handelt es sich jeweils zu gleichen Teil um alle aktuellen Mitglieder des deutschen Bundestages (620 Abgeordnete) und um Vertreter aus den 16 deutschen Bundesländern, die jeweils von ihren Landtagen bestimmt werden. Die Aufgabe zur Bestimmung eines neuen Staatsoberhaupts teilen sich somit 1.240 Politiker.

Wer kann Bundespräsident werden?
Jeder deutsche Bürger, der mindestens vierzig Jahre alt ist und das Wahlrecht zum Deutschen Bundestag innehat, kann zum Staatsoberhaupt gewählt werden. Nach einer erfolgreichen Wahl ist es jedoch nur ein Mal möglich sich wiederwählen zu lassen. Nur für den Fall, dass ein Bundespräsident nicht wiedergewählt wird und sich nach weiteren fünf Jahren erneut zur Wahl stellt, sind zwei weitere Wiederwahlen möglich.

Wann wird der neue Präsident gewählt?
Das deutsche Grundgesetz regelt den Zeitraum bis zur Wahl eines neuen Bundespräsidenten nach dem Ende einer Amtszeit genau: spätestens nach 30 Tagen muss die Bundesversammlung einen neuen Präsidenten bestimmen. Nach ihrer Zusammenkunft haben die 1.240 Wahlberechtigten demnach bis zum 18. März 2012 Zeit, einen neuen Kandidaten zu wählen. Seit 1994 ist Versammlungsort das Reichstagsgebäude in Berlin. Die Amtszeit des frisch gewählten Amtsträgers beginnt anschließend unmittelbar nach seiner Wahl (Art. 54 Abs. 4 Satz 1 GG).

Wie läuft die Wahl ab?
Vorgesehen ist, dass die Wahl eines neuen Staatsoberhauptes geheim und ohne Übereinkünfte sowie Absprachen der Wahlberechtigten abläuft. Den Vorschlag zu Aufstellung eines Kandidaten kann jedes der 1240 Mitglieder schriftlich einbringen. Nach einer schriftlichen Bestätigung aller Kontrahenten, beginnt die Wahl, die wie im Fall von Christian Wulff auch bis zu drei Wahlgänge lang dauern kann. In den ersten beiden Wahlgängen müssen die Kandidaten mit  mindestens 50 Prozent (620 Stimmen) die absolute Mehrheit aller Stimmen, auf sich verzeichnen um zum Präsidenten gewählt zu werden. Im dritten Wahlgang oder eventuellen weiteren Wahlgängen reicht dann eine relative Mehrheit.

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