Mehr als nur eine Leiche im Keller
Von Stephan Eppinger
Köln | In ihrem Leben hat Dianne Glöckchen noch keine berauschende Karriere hinter sich gebracht. Schon zu Schulzeiten ist sie eher das geduldete Anhängsel ihrer Klassenkameradinnen und auch in der Liebe tut sich die etwas pummelige, junge Frau eher schwer. So wird sie nach Abitur und Studium zur Einzelgängerin, die sich beruflich von Praktikum zu Praktikum hangelt. Doch kurz vor Weihnachten scheint Dianne endlich den richtigen Ort für sich gefunden haben. Sie heuert bei Irmgard Kling an, die in ihrem Laden „Kling und Glöckchen“ Weihnachtsdekoration aller Art an den Mann oder an die Frau bringt. Für den bekennenden Weihnachtsfan Dianne ist das wie ein Sechser im Lotto – auch weil sie sich mit ihrer neuen Chefin bestens versteht.
Doch leider endet dieses vorweihnachtliche Glück im Paradies der Lichter und Farben abrupt – Irmgard Kling stürzt ihre eigene Kellertreppe hinunter und überlebt das Unglück nicht. Dann sprengt sich auch noch Diannes Nachbar in die Luft und macht ihre schöne Wohnung für eine längere Zeit unbewohnbar. Die Lösung, welche die junge Frau wählt, ist politisch nicht gerade korrekt. Um ihren Job und ihre Notunterkunft nicht zu verlieren, bahrt sie die tote Irmgard Kling in im kalten Keller auf und schläft selbst im Büro des Ladens darüber.
Doch es kommt noch deutlich schlimmer – beim Müllwegbringen entdeckt Dianne im Hinterhof die Leiche einer elegant gekleideten Frau. Die Polizei nimmt die Ermittlungen auf und kommt so ihrem grausigen Geheimnis ziemlich nahe. Dann klopft es auch noch plötzlich an der Tür. Draußen steht ein gut aussehender Mann mit einer Damenhandtasche an der Schulter. Ihn hereinzulassen erweist sich als schwerer Fehler, sitzt Dianne doch kurze Zeit später betäubt und an einen Stuhl gefesselt in ihrem Büro, während der Eindringling im Geschäft zwischen den Weihnachtssachen wütet. Mehr durch Zufall kann Dianne den Fremden überwältigen und fesselt ihn im Keller an ein Heizungsrohr. Dort hat sie nun eine Leiche und einen unbekannten Gefangenen, um den sie sich kümmern muss.
Und das sind nicht die einzigen Sorgen, welche die sonst so besinnliche Adventsstimmung nachhaltig trüben. Mit dem Fremden kam auch ein Minihund namens Rex in das Leben von Dianne. Der hat mächtig Hunger und so entschließt sie sich, dem Gefangenen seine Wohnungsschlüssel abzuknüpfen und schaut bei ihm nach Futter für ihren neuen tierischen Mitbewohner. Auch dieser Besuch endet mit Schrecken, denn in der Wohnung findet Dianne nicht nur das passende Hundefutter, sondern direkt auch die nächste Leiche. Eine junge Frau, die der ersten Toten verblüffend ähnlich sieht und die nur mit Dessous bekleidet leblos auf dem Sofa sitzt.
Als nächste Horrorstufe gesellt sich jetzt auch noch Irmgard Klings neugierige Nachbarin in die skurrile Szenerie. Sie ist misstrauisch und will genau wissen, wo ihre alte Freundin abgeblieben ist. Dass diese vereist ist, um sich um die kranke Cousine zu kümmern, nimmt sie der Neuen nicht ab. Dumm ist nur, dass sie bei ihren Nachforschungen im Keller auf den gefesselten Elias stößt. Der kann die Situation mit dem Hinweis auf sexuell motivierte Fesselspielchen zwar entschärfen, misstrauisch bleibt die alte Krause dennoch. Zumindest hat Dianne statt einem Gefangenen im Keller nun einen Mitstreiter, die dem sie sich auf die Suche nach dem Mörder der beiden Frauen macht. Zur Hilfe kommt dem Duo dabei plötzlich Frau Olga.
Sie hat Dianne als Haushälterin wie eine Mutter großgezogen, weil sich ihre wohlhabenden und notorisch mit dem beruflichen Erfolg beschäftigten Eltern nicht um das Wohlergehen der eigenen Tochter gesorgt haben. Schnell erfährt Olga die Geheimnisse der beiden – denn vor der gewitzten Frau ist keine Leiche im Keller oder auf dem Sofa sicher. Nun nehmen die privaten Ermittlungen von Dianne und Elias zu richtig Fahrt auf. Allerdings weitet sich das Chaos um die Toten immer weiter aus und wird zur echten Gefahr für die beiden unfreiwilligen Privatdetektive.
Der neue Weihnachtskrimi der Kölner Autorin Elke Pistor knüpft nahtlos an seine amüsanten Vorgänger an. Mit reichlich skurrilen Situationen, aber auch mit eben soviel Humor und Schwung wird aus der besinnlichen Vorweihnachtszeit ein spannender Kriminalfall mit sympathischen Protagonisten, inklusive eines sympathischen kleinen Hundes, die sich durch das Dickicht von Mord und Totschlag in einer fiktiven Kleinstadt kämpfen müssen. Dabei stehen ihnen nicht nur die Tücken des Alltags, sondern auch ihre eigenen Sorgen und Ängste immer wieder im Weg.
Elke Pistor: Kling und Glöckchen – ein Weihnachtskrimi, Emons-Verlag, 240 Seiten, 12 Euro