Im Agnesviertel zählt der Jazz Kiosk zu den sehr beliebten Büdchen. Foto: Eppinger

Köln Aus dem kölschen Alltag sind die Büdchen kaum noch wegzudenken. Sie dienen an Sonn- und Feiertagen als Notsupermarkt und sind für große und kleine Kölner Verpflegungsstellen für Wegbiere oder gemischte Tüten. Die Büdchen sind aber für Einheimische und Zugezogene auch soziale Treffpunkte und Tauschbörsen für die neuesten Nachrichten aus dem Veedel. Insgesamt soll es in Köln mehr als 1000 Büdchen, Kioske, Spätis und Trinkhallen geben.

Dabei sind die Büdchen so vielfältig wie ihre Kunden – dort findet eigentlich jeder, was er braucht. Am Büdchen trifft sich Arm und Reich genauso wie Alt und Jung. So manche Freundschaft und auch die eine oder andere Ehe hat dort ihren Anfang genommen. Und so manch Kölner hat im Büdchen für Notfälle auch den Zweitschlüssel für seine Wohnung deponiert. Denn Kioskbesitzer genießen in der Domstadt bei ihren Kunden großes Vertrauen.

Die Bedingungen für Büdchen sind nicht immer einfach

Und doch ist nicht selten ein Büdchen in seiner Existenz bedroht, wenn Supermärkte in unmittelbarer Nähe ihre Öffnungszeiten ausweiten oder wenn abseits belebter Orte die Laufkundschaft ausbleibt. Für viele Besitzer gelten auch keine regulären Arbeitszeiten, wenn sie ihren Kunden in Zeiten von Personalmangel möglichst viel Service bieten wollen. Und bei dem einen oder anderen Anwohner in Veedeln wie dem Belgischen Viertel oder dem Kwartier Lantäng wird der Alkoholverkauf am Büdchen nicht gerne gesehen.

Die Welt der Büdchen für sich entdeckt haben die beiden Autoren Tanja Limbach und Frank Münschke. Gemeinsam haben sie viele Touren durch Köln gemacht und konnten ihre Veedel bei den Büdchen-Spaziergängen neu entdecken. Die Ausflüge haben sie auch in Stadtteile geführt, die an Rande der Metropole liegen oder die zu den sozial schwächeren Ecken zählen.

Im Büdchen „Brunne vun Kölle“ gibt es auch Obst und Gemüse. Foto: Eppinger

„Auf unseren Touren sind wir mit Kioskbesitzern ins Gespräch gekommen, haben Stammkunden getroffen, wurden in fremde Wohnungen eingeladen und haben viele interessante Geschichten gehört. So haben wir einen noch vielfältigeren Eindruck von der Stadt und ihren Bewohnern erhalten“, ziehen die beiden Autoren Bilanz, was ihre Arbeit an ihrem ungewöhnlichen Stadtführer betrifft.

Dort finden sich insgesamt 16 Erkundungstouren durch 18 Kölner Veedel. Neben den Spaziergängen gibt es im Buch zahlreiche Infos zu den Vierteln und ihren Sehenswürdigkeiten am Wegesrand sowie Interviews mit den Büdchenbesitzern.

Beim Späti Köln starten Nachschwärmer gerne ihren Abend im Kwartier Latäng. Foto: Eppinger

Für die unterhaltsamen und unter Garantie nicht trockenen Ausflüge in den Büdchenkosmos wurden eigene Regeln aufgestellt, die als auch Gebrauchsanweisung für die Büdchen dienen können. Touren finden sich im innerstädtischen Bereich wie in Deutz, Nippes, Sülz oder Kalk, aber auch in den Randzonen wie in Dellbrück, Porz oder Bickendorf. Wir haben uns exemplarisch drei der Touren etwas genauer angesehen.

Die Tour im Agnesviertel beginnt am Ebertplatz. Das King Georg Büdchen liegt als Startpunkt an der Sudermannstraße gegenüber dem gleichnamigen Musikklub. So den Besonderheiten zählt dort die eigene Kaffeerösterei. Ein viel besuchtes Büdchen ist der Jazz Kiosk unweit der Alten Feuerwache. Er gleicht beim Sortiment einem kleinen Supermarkt und verfügt über eine sehr gute Bierauswahl inklusive verschiedener Craftbeer-Sorten. Mitten auf dem Neusser Platz befindet sich Pico Coffee, das einen klassischen Kiosk mit einem kleinen Café vereint, an dem es beispielsweise frische Waffeln und Crêpes gibt. Insgesamt bietet die Tour sieben Büdchen auf einem knapp zwei Kilometer langen Rundweg.

The Korner Kiosk in Ehrenfeld erinnert eher an eine Bar. Foto: Eppinger

In Ehrenfeld gilt es auf der fast gleichen Streckenlänge wiederum sieben Büdchen zu entdecken. Start- und Zielpunkt ist hier die U-Bahn-Haltestelle „Piusstraße“. Den Geißbock im Logo hat dort der „Kiosk mal anders“. Neben dem klassischen Sortiment finden sich im Laden eine Frischetheke sowie verschiedene Kaffeespezialitäten. Im Kiosk Bulgarischer Supermarkt an der Klarastraße werden kulinarische Spezialitäten aus dem osteuropäischen Land für eine internationale Küche zu Hause angeboten. Am Anfang der Körnerstraße, von der Venloer kommend, erinnert The Korner Kiosk mit seiner stylishen Inneneinrichtung und den vielen Spirituosen eher an eine Bar als an ein Büdchen.

Die dritte Runde führt ins Kwartier Latäng und ins Belgische Viertel. Die Strecke verläuft zwischen dem Südbahnhof und dem Westbahnhof. Im Studentenviertel liegen die Kioske Tiam und König, die beide darauf ausgerichtet sind, den Durst einer großen Menschenmenge zu befriedigen. Klein und gemütlich ist Jo’s Kiosk kurz vor dem Rathenauplatz. Der Kölnkiosk an der Brüsseler Straße ist mit seiner pinken Inneneinrichtung ein echter Hingucker. Dort sind vor allem die leckeren Speisen und die Kaffeespezialitäten zu empfehlen. Ein besonderes Büdchen ist kurz vor dem Brüsseler Platz das Büdchen Brunne vun Kölle. Vor dem Kiosk findet sich eine kleine Marktauslage mit Obst und Gemüse genauso wie drinnen ein gutes Angebot an belgischen Bieren sowie eine große Weinauswahl. Die Tour endet am Kiosk op d’r Eck kurz vor dem Stadtgarten.

Onkels Büdchen an der Apostelnstraße in der City verfügt über ein eigenes Zigarrenlabel. Foto: Eppinger

Im Buch gibt es auch eine Auswahl von speziellen Büdchen wie Le Kiosk am Brüsseler Platz mit seiner besonderen Außendeko und vielen Kaffeespezialitäten. Eines der schrillsten Büdchen ist das La Ola Büdchen an der Mozartstraße im Kwartier Latäng inklusive Diskokugel und voll gehängter Wände, die ab dem späten Nachmittag zum Entspannen einladen. Zu den ältesten Kiosken zählt das „Who The Fred is Fuck“-Büdchen am Yitzhak-Rabin-Platz. Kölns ältestes Büdchen gibt es übrigens mit der Schmitzebud in Rath-Heumar. Eine Institution ist das Späti am Zülpicher Platz als Ausgangspunkt für die Partygänger im Kwartier Latäng. Über ein eigenes Zigarrenlabel verfügt Onkels Büdchen schräg gegenüber des Gloria in der Apostelnstraße.

Tanja Limbach, Frank Münschke: Von Büdchen zu Büdchen – zu Fuß durch Kölner Veedel, Emons Verlag, 160 Seiten, 14 Euro