Geht es nach dem BUND Köln darf es in Zukunft in Köln solche mindergenutzten Grundstücke in Köln wie hier an der Ecke Körnerstraße und Venloer Straße nicht mehr geben.

Köln | Der BUND Köln fordert – schick im Trend des „Wende“-Wordings – für Köln eine „Wohnungsbauwende“. Die Forderung richtet sich an die Kölner Politik keine Flächen mehr zu versiegeln wie etwa in Kreuzfeld, sondern mehr Wohnungen durch Aufstockung von mindergenutzten Grundstücken oder Wohnhäusern zu schaffen. Zudem sollen Industriebrachen gemeinwohlorientiert genutzt werden. Die Forderung des BUND hört sich auf den ersten Blick gut und richtig an, aber sie fragt nicht nach den Hürden.

Helmut Röscheisen vom BUND sieht ein großes Potenzial für Aufstockungen auf vorhandenen Gebäuden in Köln, in Innenbereichen und auf mindergenutzten Flächen. Neu ist diese Idee und Vorstellung nicht, die Begründung des BUND zwar schlüssig, aber an entscheidenden Punkten fehlt eine substantiellere Hinterlegung mit dem Fokus auf Köln und NRW.

Klage über Versiegelung korrekt

Der BUND Köln beklagt die zunehmende Versiegelung von wichtigen ökologischen Flächen. Das ist korrekt. Vor dem Hintergrund des Klimawandels ist eigentlich bei jeder nicht versiegelten Fläche zu hinterfragen, ob eine Versiegelung wirklich nötig ist oder das Vorhaben nicht an einer Stelle realisiert werden kann, die bereits versiegelt ist. Auf versiegelten Flächen kann keine ökologische Landwirtschaft stattfinden, die Biodiversität wird eingeschränkt und der Klimawandel wird angeheizt, besonders in Städten. Hier punktet der BUND, weil er auf ein Problem aufmerksam macht, dass allzu schnell und oft nur aus ökonomischen Gründen der Neubau auf einer nicht versiegelten Fläche der Prüfung einer ökonomisch und ökologischen Alternative vorgezogen wird. Hier gilt es zu hinterfragen, wie eine solche Prüfung gelingen kann ohne noch mehr Hürden aufzubauen, die den Wohnungsbau zusätzlich verlangsamt.

Helmut Röscheisen vom BUND Köln (blaue Mütze) informiert über die Forderungen zu einer Wohnungsbauwende in Köln

Aufstockung klingt verlockend

Der BUND sieht ein gigantisches Potenzial in Form von Aufstockung auf Bestandsgebäuden in Köln. Ja, viele Stadtteile in Köln bieten hier sicher Potenzial, vor allem, weil in Köln im Mehrgeschosswohnungsbau eher niedriger gebaut worden ist. Aufstockung hat aber viele Hürden: Da ist das Baurecht und die Landesbauordnung. Eigentlich ein gutes Thema für die Landtagswahl. Die Landespolitik adressiert der BUND Köln aber nicht. Zwar gibt es nach der letzten Novelle die Option bestehende Gebäude aufzustocken, aber es gibt eine Vielzahl an Fallstricken und Interpretationsmöglichkeiten für Architekten, Bauherren und Bauämter.

So ändert sich durch eine Aufstockung die Gebäudeklasse und damit einher gehen Fragen etwa zur Gestaltung von Treppen oder dem Einbau von Aufzügen, Statik und Brandschutz. Hier wäre es zunächst eigentlich einmal nötig für Köln und NRW Zahlen zu haben, wie viele Bauherren beantragen denn überhaupt schon eine Aufstockung und wie viele Genehmigungen erteilt die Stadt Köln hierfür? Auch die Rolle der Entwurfsverfasser ist hier deutlich zu hinterfragen. Raten Architekten Bauherren davon ab, weil sie die Einwände der Bauämter kennen und die dortigen etwaig bestehenden bürokratischen Hürden? Ist die Landesbauordnung in Bezug auf die Voraussetzungen bei Erweiterungen eher zu restriktiv? Oder hat dies nicht eine echte Berechtigung vor dem Hintergrund etwa des Brandschutzes oder könnten hier Hürden abgebaut werden, um den Turbo bei Aufstockungen in Städten wie Köln anzuwerfen.

Diese Frage nach bürokratischen Hürden ist legitim, denn eigentlich ist vor dem Hintergrund von günstigen Immobilienzinsen und hohen Mieten eine Aufstockung eine lohnende Investition. Aber warum wird sie so selten genutzt? Dass das vom BUND Köln gesehen Potenzial vorhanden ist, dürfte niemand bestreiten. Die Kölner Grünen forderten 2008 bereits eine Nachverdichtung in urbanen Innenräumen, wie etwa in Ehrenfeld. Auch die Kölner CDU und ihr damaliger Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses Karl-Jürgen Klipper forderte im Juli 2013 die Möglichkeit bestehende Gebäude aufzustocken oder Erweiterungen in Innenhöfen zu ermöglichen, so lange die Durchlüftung etwa nicht gefährdet sei. In der Innenstadt sollten zudem mindergenutzte Flächen, wie etwa Parkflächen, erschlossen und Baulücken geschlossen werden. Zudem sollten nach dem Willen der CDU verstärkt die Eigentümer der rund 2.000 Baulücken angesprochen werden, denn dort könnten 1.000 bis 2.000 Wohnungen entstehen. In der damaligen Diskussion ging es zudem darum, dass Mitarbeiter aus dem Baulückenschließungsprogramm abgezogen werden sollten. Die CDU forderte damals die Zusetzung von zwei weiteren Mitarbeitenden.

Passiert ist wenig, wie die Forderung des BUND Köln zeigt. Die Frage nach möglichen Hürden ist die eigentlich wichtige Frage in Richtung Landespolitik NRW und würde zur Landtagswahl passen. Aber in diese Richtung stößt der BUND nicht kraftvoll vor, sondern will den Kölner Rat verpflichten aktiver zu werden, der wie die Kölner Stadtverwaltung aber Landesgesetze und Verordnungen nur vollzieht. Hier fordert der BUND sogar Baugebote, also dass die Eigentümer verpflichtet werden sollen zu bauen. Helmut Röscheisen vom BUND Köln sieht die Kölner Kreisgruppe hier allerdings in einer Vorreiterrolle und will den BUND BRW aktivieren.

Auch den SPD-Vorschlag Supermärkte und Parkflächen mit Wohnraum zu überbauen greift der BUND Köln auf. Es müssten mehr kleinere Wohnungen gebaut werden und die Menschen müssten sich wieder mehr einschränken. Der BUND Köln prangert an, dass die Wohnfläche pro Nutzer*in von 20 Quadratmeter pro Person in den 1960er Jahren auf heute 47 Quadratmeter anwuchs. Ob dies vor dem Hintergrund vor der Änderung der Arbeitswelt hin zu mehr „Remote“ arbeiten sinnvoll ist, ist zu hinterfragen.

Gemeinwohlorientiere Entwicklung gefordert

Mehr ehemalige Industrieflächen sollen im Rahmen der Konversion zu Wohnraum umgestaltet werden. Hier schwebt dem BUND Köln vor allem die gemeinwohlorientierte Entwicklung vor. Dort dürften keine teuren Luxuswohnungen entstehen, sondern gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaften sollten hier den Vorrang erhalten. Daher fordert BUND Köln ein neues und weiteres kommunales Wohnungsbauunternehmen, dass zudem vor allem auf städtischen Flächen im Erbbaurecht tätig wird. Diese soll die GAG ergänzen und vorrangig sozialen Wohnungsbau schaffen. Dies, so Jörg Frank, der ebenfalls an der Pressekonferenz teilnahm, sei dringend geboten, denn auch Menschen mit mittleren Einkommen hätten heute in Köln bereits einen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein. Es gehe hier mitnichten nur um Menschen aus prekären Verhältnissen, sondern das Wohnungsproblem sei längst in der Mittelschicht angekommen. Der BUND Köln will auch eine Stärkung des kommunalen Vorkaufsrechts. Als erste Leuchtturmprojekte einer ökologischen und sozialen Wohnungsbauwende könnten nach der Vorstellung des BUND Köln die gemeinwohlorientierte Entwicklung des Otto-Langen-Quartiers in Mülheim oder das Quartier des ehemaligen Schlachthofes an der Liebigstraße sein. Zudem fordert der BUND Köln die konsequente Nutzung von leerstehenden Gebäuden für Wohnzwecke. Der BUND Köln fordert zudem auf den Bau von Einfamilienhäusern zu verzichten.

Diese Hintergründe und Fakten nennt der BUND Köln

Zur Begründung etwa der Ablehnung des Baus von Einfamilienhäusern nennt der BUND Köln das Umweltbundesamt und den Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU), die Einfamilienhäuser als „bedeutenden Treiber der Flächen-Neuinanspruchnahme in Deutschland aufführen“. Der SRU empfiehlt ein Netto-Null-Hektar-Ziel bis 2030 im Bereich des Einfamilienhausbaus in Deutschland.  

Der BUND Köln stellt fest, dass in der Fortschreibung des Regionalplans Köln bis 2040 weitere 817 Hektar Flächen für Wohnen und Mischnutzung beansprucht werden. Diese so der Verband lägen alle in Landschaftsschutzgebieten die für das Kölner Ökosystem bedeutsam wären. Der BUND Köln bemängelt, dass auch die Stadtstrategie „Kölner Perspektiven 2030+“ nicht das Ziel der wachsenden Stadt korrigiere und fordert hier einen Paradigmenwechsel.

Neuer Wohnraum könne durch Nachverdichtung geschaffen werden. Hier führt der BUND Köln die TU Darmstadt an, die ermittelt habe, dass in folgenden Kölner Stadtteilen durch Nachverdichtung ein Zuwachs an Wohnraum durch eine Änderung der Bebauungspläne in Sülz um 17 Prozent möglich sei. Die Bergische Universität Wuppertal schätzt die Reserven in den Stadtteilen Bilderstöckchen, Buchheim und Humboldt-Gremberg auf 14 Prozent. Als großes Vorbild gilt dem BUND Köln Wien, vor allem im Hinblick auf die Wohneigentumsverhältnisse und die dortige Kostenmiete. Für eine Eindämmung bei den Bodenspekulationen sieht der BUND die Städte Ulm und Zürich in einer Vorbildrolle.

Forderungen des BUND Köln an die Kölner Politik:

• Kein Neubau auf neuen Flächen und Kooperation in der Region

• Kreuzfeld aufgeben

• Totalrevision der im Regionalplan vorgeschlagenen Flächen, keine neuen Einfamilienhäuser

• Energetische Sanierung und Verbesserung des bestehenden Wohnungsbestandes

• Geo-Informations-Sysem zur Ermittlung von Verdichtungs- und Aufstockungspotenzialen

• Aufstockung, Überbauung von eingeschossig genutzten Flächen

• Erbbaurecht für städtische Grundstücke

• Städtische Grundstücke mit Baugebot versehen

• Gemeinwohlorientierte Entwicklung von Quartieren

• Unterstützung von Initiativen auf Bundesebene zur Wiedereinführung eines gemeinnützigen Wohungsbaus