Leipzig | Laufend aktualisiert | Bundesverwaltungsgericht verbietet Nachtflüge am Frankfurter Flughafen.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat alle Nachtflüge am Frankfurter Flughafen untersagt. Wie der Vorsitzende Richter Rüdiger Rubel am Mittwoch urteilte, seien die 17 vom Land Hessen genehmigten Flüge zwischen 23 Uhr und 5 Uhr nicht erlaubt. Von dem Urteil geht eine Signalwirkung für alle Luftfahrtdrehkreuze in Deutschland aus.

Derzeit hat jeder Flughafen seine eigen Regeln. Die Lufthansa-Frachttochter rechnet bei einem dauerhaften Nachtflugverbot mit Gewinneinbußen von 40 Millionen Euro im Jahr. Das Unternehmen hatte stets betont, dass die Nachtflüge nötig seien, um die wichtigen Cargo-Strecken nach Asien und in die USA abfertigen zu können.

Dies würde nach Angaben der Airline nur von Frankfurt aus gehen, da hier viele der Passagiermaschinen auch Frachtcontainer an Bord hätten, die dort umgeladen werden. Allerdings hatten die Richter bereits in der mündlichen Verhandlung Mitte März Zweifel an den Nachtflügen erkennen lassen. Die schiere Bedeutung eines Flughafens allein reiche nicht aus, hieß es in der damaligen Verhandlung.

Nur weil ein Flughafen groß sei, müsse nachts nicht unbedingt geflogen werden, sagte Rubel: „Da gibt es keinen Automatismus.“

SPD fordert von der Luftfahrtindustrie leisere Flugzeuge

Berlin | Der Vize-Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Ulrich Kelber, hat die Wirtschaft aufgefordert, Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen zu ziehen. „Die Luftverkehrsindustrie muss begreifen, dass sie technische Lösungen für wesentlich leisere Flüge bieten und mehr Rücksicht auf gewachsene Orte nehmen muss, wenn sie weiterarbeiten möchte“, sagte Kelber „Handelsblatt-Online“. Der SPD-Politiker sprach von einem wegweisenden Urteil: „Die hessische Landesregierung muss sich an ihre Zusagen halten, das war ein klarer Denkzettel“, sagte Kelber.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat die vom Land Hessen ursprünglich genehmigte Regelung der Nachtflüge gekippt. Demnach sollten durchschnittlich 17 Starts und Landungen pro Nacht zwischen 23.00 und 5.00 Uhr am größten deutschen Flughafen erlaubt sein.

NRW-Ministerpräsidentin Kraft kündigt schnelle Entscheidung über Nachtflugverbot für Passagiermaschinen an

Köln | Die NRW-Landesregierung will möglicherweise noch vor der Landtagswahl am 13. Mai ein Nachtflugverbot für Passagiermaschinen auf dem Flughafen Köln/Bonn verkünden. „Die Landesregierung wird die einvernehmlichen Beschlüsse des Landtages zur Verminderung der Lärmbelastung umsetzen. Das Verfahren zur Einführung einer nächtlichen Kernruhezeit von 0.00 – 5.00 Uhr im Passagierflugbetrieb am Flughafen Köln/Bonn steht unmittelbar vor dem Abschluss“, sagte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Die Landesregierung orientiere sich „auch dabei an den einschlägigen Urteilen der Rechtsprechung.“ Kraft betonte: „Der Frachtflug steht für uns nicht zur Disposition. Wir begrüßen hier den Einsatz neuer, leiserer Flugzeuge und erwarten, dass diese Lärmschutzverbesserungen weiter intensiviert werden.“

Kraft attackierte den Bundesverkehrsminister: „Es wäre ein Fortschritt, wenn Bundesverkehrsminister Ramsauer seiner eigenen Ankündigung folgen würde und den Ländern endlich zubilligt zu entscheiden, welche Betriebszeiten zulässig sind.“ Die Bundesregierung wäre nach Meinung der NRW-Ministerpräsidentin „gut beraten, das Fluglärmgesetz im Sinne eines effektiveren Lärmschutzes zu novellieren. Das hätte unsere nachdrückliche Unterstützung.“

CDU-Luftfahrtpolitiker sieht in Nachtfugverbot keine Watsche für hessische Landesregierung

Berlin | Der Vorsitzende der Parlamentsgruppe Luft und Raumfahrt, Klaus-Peter Willsch, sieht in dem Nachtflugverbot kein Rückschlag für die hessische Landesregierung. „Ich finde es gut, dass wir jetzt Rechtssicherheit haben, was den Flughafen in Frankfurt anbelangt“, sagte Willsch im Interview mit dem Deutschlandfunk. Das sei eine wichtige Job-Maschine in der Region.

Gleichzeitig sei es natürlich ein Wehrmutstropfen für das Frachtgeschäft. Dieses werde wesentlich erschwert. „Es ist ja ein international verwobenes Geschäft, wo die Logistikketten darauf aufbauen, dass zu gewissen Zeiten Kontinente überwunden werden können und Ähnliches“, betonte der CDU-Politiker.

Auf der anderen Seite gebe es natürlich viele Anwohner, die sich über das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig freuen würden. Eine Niederlage für die schwarz-gelbe Landesregierung kann Willsch in dem Urteil nicht erkennen. „Es ist ein schwieriger Prozess, in einem dicht besiedelten Bereich eine Infrastruktureinrichtung sinnvoll auszulasten. Doch das dem Gericht in Leipzig attestieren“, so Willsch.

Nach Nachtflug-Urteil: Löhrmann erwartet Konsequenzen für NRW

Düsseldorf | Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Passagiernachtflug erwartet Sylvia Löhrmann Konsequenzen auch für Flughäfen in Nordrhein-Westfalen. Die Spitzenkandidatin der NRW-Grünen sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Donnerstag-Ausgabe): „Die Verordnung für den Flughafen Köln/Bonn kann nun kurzfristig dem Bundesverkehrsminister vorgelegt werden. Bundesverkehrsminister Ramsauer muss jetzt entgegen seiner Ankündigung aus dem letzten Jahr das Passagiernachtflugverbot freigeben“.

Mit Blick auf CDU-Spitzenkandidat Norbert Röttgen sagte die stellvertretende NRW-Ministerpräsidentin: „Als Bundesumweltminister und CDU-Landesvorsitzender darf Röttgen sich in dieser Frage nicht länger wegducken und muss Farbe bekennen, wenn es um die Interessen der vom Fluglärm geplagten Menschen rund um den Flughafen Köln/Bonn geht.“

Ramsauer sieht in Nachtflug-Urteil keine Auswirkungen auf andere Airports

Berlin | Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) sieht in dem Nachtflugverbot für Frankfurt keine Auswirkungen auf andere Airports. „Ich respektiere das Urteil. Klar ist aber auch, es ist ein Urteil zu einem Einzelaspekt eines einzelnen Projektes, deswegen kann man davon auch keine Verallgemeinerung ableiten“, sagte Ramsauer dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Donnerstagausgabe).

Von einem generellen Nachtflugverbot könne keine Rede sein. „Solche Lärmschutzfragen können immer nur anhand eines Einzelfalls begutachtet werden. So etwas bundeseinheitlich über einen Kamm zu scheren, ist nicht möglich und nicht gewollt“, sagte Ramsauer.

Der Nachtflug müsse „in Deutschland vom Grundsatz her möglich bleiben“, betonte der Minister und fügte hinzu: „Ein Flughafen in China nimmt keine Rücksicht darauf, welche Abflugmöglichkeit wir hier in Deutschland haben.“

Autor: dts