Köln | Der Bundesverband Mittelständische Wirtschaft (BVMW) hat die jüngst veröffentlichten Pläne der NRW Landesregierung scharf kritisiert. Dabei meint sie eigentlich die Pläne der Großen Koalition in Berlin.

Dabei gibt es offenbar auch zwischen Bundes- und Landesebene in Sachen Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit eine Bruchlinie. Der vom BVMW explizit genannte „soziale Arbeitsmarkt“ ist ein Bundesprogramm, für das CDU und SPD auf Bundesebene in den kommenden vier Jahren rund vier Milliarden Euro locker machen wollen. Um das umsetzen zu können, soll ein unbürokratisches Regelinstrument im zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) eingeführt werden. Mittels eines Transfers sollen auch die Länder davon profitieren. Was der Bund spart, soll den Ländern zusätzlich zur Verfügung gestellt werden.

Auf Landesebene wolle man jedoch die bestehenden Förderinstrumente des Landes erst einmal auf den Prüfstand stellen. Derzeit scheint sich herauszukristallisieren, dass man über eine Initiative im Bundesrat Freibeträge und Anrechnungssätze so neugestalten wolle, dass die Motivation aus Hartz-IV in Arbeit steigt. Das findet sich auch im Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP wieder. Damit geht das Land in Sachen Arbeitsmarktpolitik eigentlich einen komplett anderen Weg. Während der Bund mit seinem Konzept sozialer Arbeitsmarkt annimmt, dass Langzeitarbeitslose ohne staatliche Hilfe keine Chance haben, will die neue Landesregierung das Problem mit Anreizen lösen.

Bündelung statt Nebelkerzen

Ungeachtet dessen hält der BMVW nichts von dem Konzept „sozialer Arbeitsmarkt“. NRW-Landesgeschäftsführer Herbert Schulte bezeichnet das als „teure, beschäftigungspolitische Nebelkerze“. „Es ist ein Irrglaube anzunehmen, dass effizientere Vermittlung von Arbeitskräften oder die Einrichtung eines milliardenschweren sozialen Arbeitsmarkts die strukturellen Beschäftigungsprobleme Nordrhein-Westfalens lösen könnten. Die Probleme sind hausgemacht und über Jahrzehnte mit Subventionen in überkommene Industrien buchstäblich ins sozio-ökonomische Genom des Landes übergegangen. Ein sozialer Arbeitsmarkt kann diese Probleme nicht mildern“, so das Urteil Schultes.

Besser wäre es, die verfügbaren Kräfte und Mittel zu bündeln und in die digitale und logistische Infrastruktur zu investieren. Immerhin: Der Mittelstandsverband lobt das vor wenigen Tagen verabschiedete Entfesselungspaket I der Landesregierung als „Schritt in die richtige Richtung“. Jedoch müssten andere Maßnahmen umgesetzt werden, damit die De-Industrialisierung des Landes und damit die Armutsbekämpfung zumindest angehalten werde.

„Die Betriebe warten auf Steuersenkungen auf kommunaler Ebene, um hier bei uns zu investieren. Sollte das Land tatsächlich über fiskalische Mittel zur Scheinbeschäftigung von über 50.000 Menschen verfügen, fordern wir stattdessen eine Stärkung der Kommunalfinanzen über einen Finanzausgleich. Die Kommunen sind bei uns der fiskalische Engpass, obwohl man sie als sozialen Reparaturbetrieb und politisches Faktotum nutzt“, so Schulte abschließend.

Autor: Bernd F. Löscher