Großer Medienandrang herrschte beim Parteitag der Kölner CDU

Geschickt aufgebaut war der Parteitag der Kölner CDU, der nach sechs langen Stunden in der Mülheimer Stadthalle zum klaren Votum für den geänderten Leitantrag zum Moscheeneubau führte. Am 11.Juni diesen Jahres beschloß der CDU Parteivorstand einen Leitantrag zum Neubau der Moschee in Ehrenfeld [report-k.de berichtete >>>]. Viel Kritik gab es an diesem ersten Antrag, sogar einen Gegenantrag. Jetzt, so warfen es auch Kritiker auf dem Parteitag vor, wurde ein Kompromissantrag erarbeitet, der ein "weiches Papier" sei. Dies sorgte bis zuletzt für Irritationen, so forderte etwa Dr. Ralph Elster aus den Reihen der Ehrenfelder CDU den ersten Entwurf zu verabschieden und den "seit mehr als einem Jahrzehnt geführten, sehr konstruktiven Dialog zwischen der CDU Köln und der DITIB Deutschlandzentrale in Ehrenfeld nicht abbrechen zu lassen". Und das obwohl der schärfste Kritiker am Moscheebau  Uckermann aus der Ehrenfelder CDU kommt. In der späteren Debatte zog Elster den Antrag zurück. Zunächst stimmte NRW Integrationsminister Armin Laschet die Delegierten mit einem Impulsreferat auf das Thema Integration ein.


Oberbürgermeister Schramma und Minister Laschet

Fördern und Fordern
"Nachholende Integration" nannte Laschet die Notwendigkeit der sich heute Deutschland, NRW und auch Köln stellen muss. Denn die, die man vor 30-40 Jahren nach Deutschland als billige Industriearbeitskräfte holte, kamen häufig aus bildungsfernen Schichten. Das bringt die besondere Schwierigkeit mit sich, diesen Bevölkerungsanteil der Migranten von der Industrie- in die Wissengesellschaft mitzunehmen. "Multikulti ist nicht ein dauerndes Straßenfest" polemisierte Laschet und unterstrich die Notwendigkeit von "Fördern und Fordern", wie Sprachtests mit vier Jahren, um früh Defizite zu erkennen. Laschet machte aber auch klar, dass Integrationspolitik keine Islamfrage ist, sondern auch Spätaussiedler betroffen sind. Von Glück sprach der Minister, dass in Deutschland zum Großteil türkische Muslime leben, die durch Atatürk und den Laizismus schon die Trennung von Staat und Religion kennen. Wichtig sei Laschet, und hier bezog er sich sogar auf Papst Benedikt XVI, dass Islamunterricht in Deutschland eingeführt werde, allerdings in deutscher Sprache und von in Deutschland ausgebildeten Lehrern. Laschet machte klar, dass die aktuelle Diskussion auch ein Nachdenken über die eigene Religion ist und dass diese Diskussion wichtig ist: "Wer gegen eine Moschee ist, ist nicht gleich rechtsradikal". Wenn eine Moschee, dann mit der DITIB, denn dort hänge das Bild des Bundespräsidenten neben dem türkischen Ministerpräsidenten Erdogan schon im Eingangsbereich. Als Zeichen der Führungsstärke wertete Laschet den offenen Diskurs der Kölner CDU, machte aber auch klar das man um das Thema Integration in Zukunft nicht herumkommen werde.


Carola Blum, Winrich Granitzka der Fraktionsvorsitzende der Kölner CDU im Rat, Oberbürgermeister Fritz Schramma und der Kölner CDU Parteivorsitzende Walter Reinarz

Offene Diskussion bei den anderen Parteien gefordert
Der Kölner CDU-Vorsitzende Walter Reinarz kritisierte die Haltung der anderen Parteien in Köln und forderte die Kölner FDP, SPD und Bündnis90/Die Grünen auf ebenfalls offen über den Bau der Moschee zu diskutieren und nicht per "Ordre de Mufti" von oben herab eine Haltung zum Moscheebau zu verordnen. Reinarz stellte auch die Frage, ob der DGB Köln seine Mitglieder befragt habe und spielte damit auf die klare Haltung des DGB Vorsitzenden der Region Uellenberg van Dawen an, der sich unter anderem auf der Bürgeranhörung im Gymnasium Kreuzgasse klar für die Moschee ausgesprochen hatte. Reinarz mahnte die Mitglieder der Kölner CDU, dass sich dieses Thema nicht zur Profilierung Einzelner eignet. Reinarz machte aber auch klar, dass die Zustimmung in Ehrenfeld einfacher fallen würde, wenn es keine Diskriminierung von Christen in der Türkei gäbe. Reinarz forderte die Kuppel, die Minarette, die Einzelhandelsflächen zu reduzieren und stellte fest, dass die Erhöhung der Bruttogeschoßfläche von 13.000 auf 16.000qm nicht für Vertrauen in der Bevölkerung gesorgt. Vor allem weil von der Jury des Architektenwettbewerbs eigentliche eine Reduzierung der Flächen und bescheidenere Ausmasse gefordert wurden.

Unverrückbare Punkte sind für Reinarz unter anderem, dass die Interessen des Einzelhandels auf der Venloerstrasse berücksichtigt werden muss, der Bestand der Sportplätze zu garantieren ist. Die Predigten müssen in Deutsch gehalten werden, für eine Übergangszeit kann die Predigt auch ins Deutsche übersetzt werden und die Moschee für alle Sunniten offen stehen. Die DITIB soll die Sprachkompetenz fördern und in der Alphabetisierung einen Fortschritt machen. Es kann nicht geduldet werden, dass Frauen aus traditionellen Gründen mindere Rechte haben. Die DITIB muss gemischten Sportunterricht mit Mädchen und Jungen, auch Schwimmunterricht und Klassenfahrten unterstützen, nach Reinarz sind Schulen Lernorte und liefern die Grundlage für das Zusammenleben. Sehr klar formulierte Reinarz: "Wenn die DITIB nicht auf unsere Kriterien eingeht dann kann die CDU nicht zustimmen" und forderte die DITIB auf, einen Schritt auf die Kölner zuzugehen. Reinarz sieht klare Bedingugen im Antrag und somit ein starkes Mandat für Fraktionsvorstand und Oberbürgermeister. 

Der Kölner Oberbürgermeister hielt ein leidenschaftliches Plädoyer für konstruktive Diskussion mit der DITIB und für Integration, die für ihn immer vor Ort stattfinde. Integration ist für Schramma keine Einbahnstrasse, sondern beide Seiten sind gefordert, auch die Migranten müssen sich auf das Land, dessen Sprache und Grundwerte einlassen. Schramma schloss sich in seiner Rede klar dem ursprünglichen Leitantrag der Kölner CDU an und versicherte, dass er diesen mittragen werde und offensiv im Dialog mit der DITIB vertreten werde. "Ich lehne jedoch immer neue, unerreichbare Hürden als bewusste Sollbruchstellen ab", sagte Schramma, der auch den Unmut der Delegierten zu spüren bekam. Vor allem Sätze wie "Meine Freunde machen wir uns nichts vor: Die Moschee kommt!", oder "Wir werden heute also nicht entscheiden, ob oder wie die Moschee gebaut wird. Das wird der Rat tun und zwar zumindest mit rot/rot/grüner/gelber Mehrheit" rief Zwischenrufe hervor wie "da können wir ja gleich nach Hause gehen." OB Schramma schloss sich Forderungen, wie etwa der Förderung von Sprachkompetenz und dem gemeinsamen Sportunterricht an. Schramma warb aber auch für Verständnis, dass es Regeln, wie das Baurecht oder die Beschlusslage und Mehrheiten im Kölner Rat gebe, bei denen auch der Oberbürgermeister keinen Einfluß nehmen kann. Die DITIB ist Schramma als Verhandlungspartner, auch als vom türkischen Staat beeinflußte Institution lieber als ein dubioser Verein und der OB betonte, dass er noch nie von den Zusagen der DITIB enttäuscht wurde.

Auch Winrich Granitzka, der Fraktionsvorsitzender der Kölner CDU im Rat der Stadt Köln, beschwor die Mitglieder des Parteitages nicht die Gespräche mit der DITIB zu torpedieren mit Anträgen, die sich nicht erfüllen lassen. Es müssen weitere Verhandlungen ermöglicht werden. Den Auftritt der Moschee hätte auch Granitzka gerne bescheidener gestaltet, auch um den Menschen die Ängste zu nehmen. Ein Mehr an Bescheidenheit beim Bau von Seiten der DITIB sieht Granitzka als Beitrag zur Integration von Seiten der DITIB, den diese leisten sollten.

Nach einem Zwischenintermezzo mit dem Bericht des Schatzmeisters trugen die Arbeitskreisleiter Theresa De Bellis, MdR und Christian Petzold den Leitantrag zum neue Integrationspapier der CDU Köln vor, der mit einer Vielzahl von kleinen Änderungen mit großer Mehrheit beschlossen wurde. [report-k.de versucht Ihnen morgen das Original zur Verfügung zu stellen]. Damit will man den sich ändernden Rahmenbedingungen Rechnung tragen, so haben etwa 50% der Kölner Einwohner unter 18 Jahren einen Migrationshintergrund.

Der Leitantrag zur Moschee
Festgeschrieben wird der seit 2001 betriebene Bau einer representativen Moschee, den die CDU Köln grundsätzlich unterstützt. Die wichtigsten Punkte sind, dass die Kölner CDU fordert, dass die Moschee sich allen gläubigen Sunniten öffnet und nicht nur von einer nationalen Richtung beeinflußt wird. Zudem wird der Verzicht auf das alleinige Zeigen der türkischen Flagge gefordert. Zur Integration der Jugendlichen fordert man von der DITIB, dass sich der Träger des Jugend- und Kulturzentrums für die gemeinsame Teilnahme von Mädchen und Jungen am Sport- und Schwimmunterricht, aber auch an Klassenfahrten ausspricht. Die Förderung der Sprachkompetenz vor allem der deutschen Sprache ist eine elementare Forderung. Deutsch soll in Kursen, vor allem im geplanten Kindergarten und auch bei den Predigten Regelsprache werden. Bei den Predigten soll es eine Übergangsfrist geben, bei der die Reden übersetzt werden, bis es genügend deutschsprachige Imame gibt. Der Muezzin-Ruf soll nur im inneren des Moscheegebäudes zu hören sein, hier will man mit der DITIB einen öffentlich-rechtlichen Vertrag abschließen.

Eine zentrale Forderung ist, dass sich die Moschee in den öffentlichen Raum einfügen soll. So fordert man eine deutliche Reduzierung der Kuppel und der Minarette. Die optische Dimensionierung und Präsenz soll so reduziert werden, um dem Missverständnis einer Machtdemonstration von DITIB entgegenzuwirken. Eine aufgeregte Diskussion entflammte als Prof. Bietmann einen Passus als nicht politikfähig kritisierte und sein Wort in die Waagschale warf und das Papier eine öffentliche schallende Ohrfeige für den OB nannte. So schreibt der Leitantrag, dass die Verbindung der Moschee mit einer Vielzahl von Einzelhandelsgeschäften abgelehnt wird und einen Absatz später spricht er nur von Reduzierung dieser Einzelhandelsgeschäfte. Die Stellplätze müssen dem tatsächlichen Bedarf angepaßt werden geht es nach der Kölner CDU. Auch will man die Nutzung der angrenzenden Sportplätze langfristig gesichert wissen.

Mit der DITIB soll eine kommunale Integrationsvereinbarung getroffen werden, als Vorbild will man sich den Magistrat der Stadt Wiesbaden nehmen, der ein ähnliches Papier mit religiösen Gemeinschaften abgeschlossen hat. In dieser Vereinbarung sollen gemeinsame Wertgrundlagen, Transparenz, gesellschaftliche Teilhabe einzelner Gruppen und die Sicherung von Gleichberechtigung von Frau und Mann festgeschrieben werden.

Die aktuell von der DITIB vorgelegten Pläne erfüllen nicht diese von der CDU geforderten Kritierien, stellte man fest. "Die Kölner CDU spricht sich daher gegen die Ausführung dieser Pläne aus", lautet es in dem verabschiedeten Leitantrag. Ein Satz der vor allem dem Kölner CDU Oberbürgermeister Schwierigkeiten bereitet. OB Schramma monierte diesen Satz und bezeichnete ihn als die 1% des geänderten Leitantrages, die er nicht mittragen kann. Denn sein eigener Verweisungsbeschluss und seine bisherigen Aussagen zum Moscheebau sprechen eine andere Sprache. Der Kölner Oberbürgermeister schwenkte, und dass obwohl er noch in seiner Rede vor den Delegierten zweimal unmissverständlich klar machte, dass er hinter dem ersten ursprünglichen Leitantrag des Parteivorstandes stehe, auf den umformulierten Leitantrag ein, den er nach seinen eigenen Worten zu "99% unterstützen kann". Eine knifflige Situation für den obersten Repräsentanten der Kölner CDU.

Daneben forderte die Kölner CDU mehr Transparenz der DITIB in Richtung Nachbarschaft, aber auch, dass die DITIB die Bereitschaft erkennen läßt, mittelfristig ihre starken Bindungen an den türkischen Staat zu lockern, sich vom türkischen Staatsislam zu lösen und zu einem aufgeklärten deutschen Islam finden will. Auch fordert man von der türkischen Regierung Christen in der Türkei freie Religionsausübung zuzusichern.


Beim letzten Geschäftsordnungsantrag musste von Hand ausgezählt werden.

Die anschließende Diskussion wurde hitzig und auch emotional geführt und wurde zu einem offenen Schlagabtausch zwischen Befürwortern und Gegnern des Papieres. Den als besonders scharfen Gegner des Moscheebauprojektes und Ehrenfelder CDU Mann Uckermann ließ man mit einem Antrag zur Geschäftsordnung nicht mehr zu Wort kommen. Nach sechs Stunden rangen sich die Mitglieder der Kölner CDU zu einem klaren Votum für den geänderten Leitantrag durch und beschlossen diesen. Mit Nachdruck verwies man darauf, dass man die einzige politische Kraft in Köln sei, die so intensiv und offen das Thema diskutiert hat.

Ein Schlußpunkt dürfte damit in der Debatte noch nicht erreicht sein. Interessant wird sein, wie der Kölner Oberbürgermeister die Vorgaben seiner Partei in die Diskussion und in die Verhandlungen mit der DITIB einbringen kann und wird. Ob seine Position, wie dies mehrfach anklang, jetzt gestärkt ist und er die DITIB eher zu Kompromissen bewegen kann, wie sich dies einige in der CDU wünschen, wird erst einmal die Reaktion der DITIB auf den Parteitagsbeschluss der CDU Kölns zeigen. Einfacher wird es für den Kölner Oberbürgermeister sicher nicht und man wird ihn genau beobachten, auch im Hinblick auf die Wahlen 2009.

Andi Goral für report-k.de / Kölns Internetzeitung