Köln | aktualisiert | In NRW gibt es aktuell 35 Menschen, bei denen sich der Verdacht auf eine Ansteckung mit dem Corona-Virus bestätigte. Das sagte NRW-Gesundheitsminister Laumann. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hob ihre Risikobewertung von hoch auf sehr hoch ein und geht von einer weltweiten Verbreitung der Lungenkrankheit aus. Die Lufthansa minimiert ihre Flugkapazitäten und eine Sperrzone im Kreis Heinsberg wird derzeit abgelehnt. Jetzt soll es auch einen ersten Fall in Wesel am Niederrhein geben. In Düsseldorf sollen 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Beratungsunternehmens zu Hause bleiben. Die Tourismusmesse ITB in Berlin ist abgesagt. Wichtige Entwicklungen am heutigen Freitag.

Im Kreis Heinsberg, so dessen Landrat Stephan Pusch, werde aktuell keinen Sperrbezirk einrichten. Im Kreis Heinsberg in dem der Patient der diese Woche in die Düsseldorfer Uniklinik eingeliefert wurde, sind die Fallzahlen aktuell in NRW am höchsten. Pusch will nur Menschen testen lassen, bei denen eine Indikation bestehe. Zudem stellt er die häusliche Quarantäne in Frage, da er einen Engpaß beim medizinischen Personal befürchtet.

In Düsseldorf wurde bei einem Mitarbeiter des großen interantional tätigen Beratungsunternehmens Ernst & Young das Corona-Virus festgestellt. Alle Mitarbeiter, rund 1.500 in NRW, sollen jetzt zunächst zu Hause bleiben.

Coronavirus: Spahn aktuell gegen Grenzschließungen

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat sich trotz des sich weiter ausbreitenden Coronovirus gegen sofortige Schließungen der deutschen Grenzen ausgesprochen. „Wir sind gemeinsam mit allen Gesundheitsministern aus der Region zu dem Ergebnis gekommen, zu diesem Zeitpunkt wäre eine Grenzschließung oder auch Einschränkung nicht verhältnismäßig“, sagte Spahn dem Fernsehsender n-tv am Freitag. Eine Grenzschließung hätte laut Spahn Auswirkungen auf die Versorgung Deutschlands, man müsse die Verhältnismäßigkeit prüfen.

Allerdings habe sich die Lage in den vergangenen Tagen in Deutschland verändert. „Es gibt viel mehr Infektionen und Infektionsketten, die wir noch nicht alle nachvollziehen können“, so Spahn. Das Risiko für die Gesamtgesellschaft sei gestiegen, das Risiko für den Einzelnen sei in Deutschland gering bis mäßig.

In der Diskussion um mögliche Absagen von Großveranstaltungen forderte Spahn eine differenzierte Sichtweise. Man müsse unterscheiden, ob die Teilnehmer einer Großveranstaltung aus besonders vom Coronavirus betroffenen Ländern wie China sowie Japan kommen, oder ob sie aus der Region kommen. „Das macht natürlich einen Unterschied“, so der Bundesgesundheitsminister. Viele Unternehmen setzen mittlerweile auf Videokonfernzen anstatt von Geschäftsreisen oder physischen Konferenzen. So sagte der Düsseldorfer DAX-Konzern seinen Pressekonferenz ab und will diese nun per Videokonferenz abhalten.

Die Lufthansa reagiert bereits auf das Corona-Virus. Sie kündigt an, dass das Angebot auf der Kurzstrecke in den kommenden Wochen um bis zu 25 Prozent sinken könne und 23 Langstreckenflugzeuge bleiben derzeit am Boden. Zudem prüft der Konzern die Kurzarbeit in einigen seiner Bereiche.

Coronavirus: BASF-Chef erwartet Produktionsausfälle

Der Vorstandsvorsitzende des Chemiekonzerns BASF, Martin Brudermüller, erwartet in den kommenden Wochen Auswirkungen für sein Unternehmen aus der Verbreitung des Coronavirus. „Natürlich werden sich die Auswirkungen jetzt erst in den nächsten Wochen ergeben, denn bis jetzt sind natürlich Lagervorräte noch ausreichend gewesen, aber wir werden jetzt sehen, dass nicht nur in China selbst, sondern wir, ich glaube weltweit, Einflüsse sehen werden durch unterbrochene Lieferketten, die dann entsprechend auch zu Produktionsausfällen führen werden“, sagte Brudermüller am Freitag dem Fernsehsender n-tv. Man habe aber seit 2003, nach dem SARS, bereits einen Pandemieplan, der dem Unternehmen ein Maßnahmenpaket an die Hand gebe, das entsprechend der Situation auch meist auf lokaler Ebene anwendbar sei.

„Wir haben bisher natürlich sehr verhalten reagiert. In China halten wir uns vorwiegend an die Vorgaben der Regierung, die dann auch noch von Provinz zu Provinz verschieden sind und wir sind hier auch zu Hause vorbereitet, falls in diese Richtung etwas kommt“, so der BASF-Chef weiter. Auf die Frage, was konkret jetzt schon unternommen wird und was in Bezug auf eine mögliche Ausbreitung hier in Deutschland geplant ist, sagte Brudermüller: „Wir sind vorbereitet. Wir sind natürlich auch mit den entsprechenden Instituten und Krankenhäusern hier verbunden.“

Hätte man einen Fall, würde man diese Person dann auch entsprechend isolieren. „Wir würden dann im Umfeld dieser jeweiligen Person diese Leute dann auch nach Hause schicken. Und in dieser Weise dann schrittweise, aber auch umsichtig reagieren“, so der BASF-Chef. Momentan laufe im Betrieb in Ludwigshafen noch alles normal seinen Gang. „Und ich glaube das Wichtigste ist, dass wir uns darauf vorbereitet haben. Unser Krisenteam tagt jeden Tag, bekommt auch global alle Informationen in der Meldekette und nimmt dann entsprechende Maßnahmen ins Visier, aber da mussten wir noch nichts machen bisher in Ludwigshafen“, sagte Brudermüller dem Fernsehsender n-tv. Zur Lage in China, wo das Virus inzwischen laut WHO im Griff zu sein scheint, sagte Brudermüller: „Es ist sehr gut, dass jetzt offensichtlich die Zahlen leicht zurückgehen, aber ich glaube, wir sollten auch nicht zu früh Entwarnung geben. Ich glaube, wir lernen ja auch alle jeden Tag Neues über das Coronavirus, man weiß noch nicht genau, wie es sich überträgt, wie lange wirklich auch Inkubationszeiten sind und ich glaube jetzt deswegen ist es auch nicht gut, wenn man gleich Entwarnung gibt, sondern wir besser auf der vorsichtigen Seite sind“, so der BASF-Chef weiter.

Deswegen nehme er auch an, dass es sich erst in den nächsten Wochen langsam normalisiere. „Ich warne auch davor, vorschnell, nur, weil die Zahlen zurückgehen sozusagen, alles wieder in die Normalität zurückzubringen. Ich glaube, wir brauchen hier ein umsichtiges Verhalten“, so Brudermüller. Schon jetzt sehe man eine sehr verhaltene Nachfrage bei seinen Kunden. „Wichtigste Branche für die BASF ist die Automobilbranche. Hier, ganz besonders in China, sind die Produktionszahlen natürlich dramatisch zurückgenommen worden und wir sehen es auch im Bestellmuster von unseren Kunden, dass da natürlich eine gewisse Vorsicht im Sinne von Absatz- und Produktionszahlen nach Vorne angedacht ist“, sagte der Chef des Chemiekonzerns. Man müsse jetzt „in relativ engem Kontakt mit den Kunden gehen, um das wirklich zu verstehen.“ Aber man sehe diese Verzögerung. „Und ich nehme mal an, die ein oder andere Überraschung kommt dann noch aus der Supply Chain in den nächsten Wochen“, sagte Brudermüller dem Fernsehsender n-tv.

Ärztepräsident will Priorisierung von Patienten bei Coronavirus-Tests

Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, fordert eine Priorisierung der Patienten bei den Tests auf das Coronavirus. „Wir werden nicht flächendeckend screenen können“, sagte Reinhardt der „Welt“ (Samstagsausgabe). Man müsse sich bei den Tests „auf Menschen mit schwerem Krankheitsverlauf konzentrieren“.

Dazu gehörten Patienten mit Vorerkrankungen wie Asthma, Diabetes, Fettleibigkeit oder Patienten über 60 Jahre. „Denn bei denen besteht besondere Gefahr, dass es zu tödlichen Verlaufsformen kommt“, so der Ärztepräsident weiter. Menschen mit milden Symptomen müssten „zugunsten schwerer erkrankter Menschen zunächst warten“.

Man könne „nicht jeden, der leicht hustet, testen“, so Reinhardt. Von Menschen, die keine Symptome haben, erfahre man zudem meist gar nicht. Der Ärztepräsident glaubt daher nicht, dass es gelingen wird, die Infektionsketten zu unterbrechen und das Virus einzudämmen.

„Es wird eine epidemische Welle durch die Bevölkerung gehen“, sagte Reinhardt. Er warnte zudem vor fehlendem Personal in den Krankenhäusern. „Ein Problem sehe ich bei dem Personalmangel. Die Mitarbeiter selbst können ja auch erkranken“, so der Präsident der Bundesärztekammer weiter. Es gebe außer der Schutzkleidung keinen effektiven Schutz für Pfleger und Ärzte. Im Notfall müsse man planbare Operationen, wie die des Hüftgelenks, verschieben. „Es werden dann wohl auch noch mehr Überstunden von den Mitarbeitern geleistet werden. Und glauben Sie mir, wenn es eng wird, dann werden sie dazu auch bereit sein“, sagte Reinhardt der „Welt“. Zudem kritisierte er die Informationspolitik einzelner Ämter. „Wenn einzelne Behörden unzureichend informieren, muss dem nachgegangen werden. Das darf nicht sein und das muss auch nicht sein“, so der Ärztepräsident weiter. Er verwies auf „fundierte und stets aktuelle Informationen“ auf den Internetseiten des Bundesgesundheitsministeriums, des Robert Koch-Instituts, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, der Bundesärztekammer und der Landesärztekammern für Ärzte und Patienten. „An Informationen mangelt es sicher nicht“, so Reinhardt.

Coronavirus: Europa-Politiker für EU-Sondergipfel per Video

EVP-Gesundheitsexperte Peter Liese (CDU) hat für den Fall eines weiteren dramatischen Anstiegs der Zahl der Corona-Fälle einen EU-Sondergipfel als Videokonferenz angeregt. „Ein solcher EU-Sondergipfel dürfte dann im Pandemie-Fall aus meiner Sicht nicht zur üblichen Anreise großer Delegationen nach Brüssel führen“, sagte Liese der „Bild“. „Es wäre das erste Mal, dass ein EU-Gipfel als Videokonferenz einberufen werden müsste.“

Experten aus den Hauptstädten tauschten sich bereits fast täglich in Videokonferenzen mit der EU-Kommission zum Coronavirus aus, so der EVP-Politiker. „Allerdings sind die Kompetenzen Brüssels beschränkt, die Hauptverantwortung liegt bei den nationalen Regierungen.“ Sollten die Fallzahlen noch „dramatisch steigen“, müssten aber auch die Staats- und Regierungschefs ihr weiteres Vorgehen auch auf höchster Ebene koordinieren.

Liese gehört mit EVP-Vizepräsidentin Esther de Lange und EVP-Fraktionschef Manfred Weber zu den Unterzeichnern eines Briefs an EU-Parlamentspräsident David Sassoli, in dem ein Vorziehen der Debatte um Konsequenzen aus der Corona-Krise auf kommenden Dienstag gefordert wird. „Angesichts des offensichtlich grenzüberschreitenden Charakters dieses Ereignisses halten wir es für überaus wichtig, in dieser Phase die Möglichkeit einer koordinierten europäischen Reaktion auf die Infektion und ihre Folgen zu erörtern. Es ist auch entscheidend, dass unsere Bürger informiert und sich bewusst sind, was Europa in dieser Hinsicht tut“, heißt es in dem Schreiben.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte ebenfalls „eine europäische Antwort auf die Corona-Krise“. Lauterbach erwartet vor allem von der EU-Kommission ein besseres Krisenmanagement. „Hier ist Frau von der Leyen gefragt“, sagte er.

Genfer Autosalon wegen Coronavirus offiziell abgesagt

Der diesjährige Genfer Autosalon ist wegen der Ausbreitung des Coronavirus offiziell abgesagt worden. Das teilte der Veranstalter am Freitag in Genf mit. Es handele sich „um eine Verfügung des Bundesrates vom 28. Februar 2020, dass keine Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Personen“ bis zum 15. März 2020 stattfinden dürften.

„Wir bedauern diese Situation, aber die Gesundheit aller Beteiligten ist für uns und unsere Aussteller absolute Priorität. Dies ist ein Fall von höherer Gewalt“, sagte Maurice Turrettini, Präsident des Stiftungsrates. Für die Aussteller, die „massiv in ihre Präsenz in Genf investiert“ hätten, sei dies „ein herber Verlust“.

Man sei „jedoch überzeugt, dass alle Betroffenen diese Entscheidung verstehen werden“, so Turrettini weiter. Der Genfer Autosalon war ursprünglich für den 5. bis zum 15. März 2020 geplant. Zuvor hatte die Schweiz alle Großveranstaltungen mit mehr als 1.000 Personen bis auf Weiteres untersagt.

Aufgrund der aktuellen Situation und der Ausbreitung des Coronavirus, stufe der Bundesrat die Situation in der Schweiz als „besondere Lage“ gemäß Epidemiengesetz ein, teilte das Schweizer Innenministerium am Freitag mit. Großveranstaltungen „mit mehr als 1.000 Personen werden verboten. Dieses Verbot tritt sofort in Kraft und gilt mindestens bis am 15. März“, heiß es weiter.

In Deutschland wird der Umgang mit Großveranstaltungen aktuell noch diskutiert.

Berliner Tourismusmesse ITB wird abgesagt

Die Berliner Internationale Tourismus-Börse (ITB) wird wegen der Coronavirus-Krise abgesagt. Der „Tagesspiegel“ berichtete entsprechend am Freitagabend auf seiner Internetseite unter Berufung auf Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci. Sie habe die Absage bestätigt, hieß es.

Der Veranstalter hatte zuvor schon mitgeteilt, dass er „aufgrund der aktuellen Ausbreitung des Coronavirus in Europa mit niedrigeren Besucherzahlen“ rechnet. Die ITB findet seit 1966 statt und gilt als Leitmesse der weltweiten Tourismusbranche. Sie findet jährlich im März auf dem Messegelände in Berlin statt, dieses Jahr war sie für den Zeitraum 4. bis 8. März geplant. Partnerland sollte der Oman sein.

Autor: Von Redaktion, dts